Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG bei WK nach dem 31.12.2008 im Zusammenhang mit vor dem 1.1.2009 zugeflossenen Einnahmen

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach dem 31.12.2008 entstandene Kosten für die Ermittlung von nacherklärten Einkünften aus Kapitalvermögen bei einer Selbstanzeige, die vor dem 1.1.2009 zugeflossen sind, unterliegen nicht dem Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG und auch nicht dem Abzugsverbot für die Kosten einer privaten Einkommensteuererklärung. Sie sind vollständig abziehbar.

 

Normenkette

EStG § 52a Abs. 10 S. 10, § 11 Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 2 S. 2; AO § 371; EStG § 20 Abs. 9 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.12.2014; Aktenzeichen VIII R 34/13)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG auch dann zur Anwendung kommt, wenn Ausgaben, die nach dem 31.12.2008 getätigt wurden, mit Kapitalerträgen zusammenhängen, die dem Steuerpflichtigen bereits vor dem 01.01.2009 zugeflossen sind.

Der Kläger wurde im Streitjahr 2010 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von insgesamt 10.554 EUR und seine Ehefrau in Höhe von 805 EUR. Sie beantragten beide die Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG. Der Kläger beantragte außerdem die Berücksichtigung von Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten in Höhe von insgesamt 13.856,96 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Kosten sind dem Kläger im Zusammenhang mit einer strafbefreienden Selbstanzeige für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2008 entstanden, bei der Einnahmen aus Kapitalvermögen nacherklärt wurden. Zwischen den Beteiligten ist mittlerweile unstreitig, dass die Kosten i.H.v. 12.000 EUR ausschließlich auf die Ermittlung der nachzuerklärenden Einkünfte aus Kapitalvermögen für die Jahre 2002 bis 2008 entfallen. Die entsprechenden Rechnungen wurden vom Kläger in vollem Umfang im Jahr 2010 beglichen.

Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 2010 mit Bescheid vom 23.09.2011 auf 4.123 EUR fest. Die Berücksichtigung der geltend gemachten Steuerberatungskosten lehnte er zunächst pauschal mit dem Hinweis ab, dass sie in Zusammenhang mit einem Steuerstrafverfahren stünden.

Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers vom 05.10.2011 führte zu dem angefochtenen Änderungsbescheid vom 26.10.2011, der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde (§ 365 Abs. 3 AO). In dem Änderungsbescheid wurde die Einkommensteuer 2010 aus hier nicht mehr streitigen Gründen auf 2.964 EUR herabgesetzt. Die geltend gemachten Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten wurden weiterhin nicht berücksichtigt. In der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2012 stützte der Beklagte die Nichtanerkennung dieser Kosten nunmehr auf § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG, wonach neben dem Sparer-Pauschbetrag der Abzug tatsächlich entstandener Werbungskosten ausgeschlossen sei. Unerheblich sei insoweit, dass die Kosten Kapitalerträge beträfen, die in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2008 zugeflossen seien. Werbungskosten seien nämlich in dem Jahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden seien (Abflussprinzip, § 11 Abs. 2 S. 1 EStG). Würden Ausgaben in 2009 oder später geleistet, fielen diese auch dann unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhingen. Der Beklagte verwies insoweit auf das Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 22.12.2009 zu „Einzelfragen zur Abgeltungssteuer” (BStBl I 2010, 94, Rz. 322).

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger weiterhin die Berücksichtigung der Rechtsanwalts- und Steuerberatungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Werbungskosten, die Kapitalerträge beträfen, die vor dem 01.01.2009 zugeflossen seien, seien in vollem Umfang im Streitjahr zu berücksichtigen. Der Beklagte könne sich bei der Versagung der Abzugsfähigkeit nicht auf § 52a Abs. 10 S. 10 EStG berufen. Danach seien die Regelungen in § 20 Abs. 3 bis Abs. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 19.12.2008 nämlich erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Somit gelte § 20 Abs. 9 EStG also schon nach dem Wortlaut der einschlägigen Anwendungsregelung nicht für Kapitalerträge, die Veranlagungszeiträume vor 2009 beträfen (Hinweis auf Hamacher/Dahm in Korn, EStG, § 20 EStG Rn. 464).

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 26.10.2011 unter teilweiser Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 04.01.2012 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zusätzlich zum Sparer-Pauschbetrag i.H.v. 1.602 EUR Werbungskosten i.H.v. 12.000 EUR ohne Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG berücksichtigt werden,

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

Im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

 

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