Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Inanspruchnahme eines ehemaligen Geschäftsführers einer GmbH für Umsatzsteuer aus Haftungsbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gem. § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Eine Haftung des Stpfl. für die nach seinem Ausscheiden unzutreffende Behandlung der Veräußerung eines Geschäftsbereiches der GmbH als nicht steuerbare GiG kommt nicht in Betracht, wenn der Stpfl. wie im vorliegenden Fall durch eine vorher eingeholte rechtliche Beratung und durch Aufnahme einer "Steuerklausel" in der betreffenden Rechnung ausreichend Vorsorge für den Fall getroffen hat, dass die Veräußerung des fraglichen Geschäftsbereichs später zur Lasten der GmbH als umsatzsteuerbar und -pflichtig angesehen werden könnte.

2. Bedient sich der Stpfl. bei der Erstellung der monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Gesellschaft eines Steuerberaters, braucht er sich ein etwaiges Verschulden dieser Person nicht zurechnen zu lassen. Trifft den Geschäftsführer persönlich kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden und hat er keinen Anlass, die inhaltliche Richtigkeit der von dem Steuerberater gefertigten Steuererklärung der GmbH zu überprüfen, so haftet er nicht für Steuerverkürzungen, die auf fehlerhaften Steuererklärungen beruhen.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a; AO 1977 § 191 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.01.2014; Aktenzeichen V R 33/13)

BFH (Urteil vom 30.01.2014; Aktenzeichen V R 33/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids wegen Umsatzsteuer 2002, Zinsen hierzu und Umsatzsteuer der Voranmeldungszeiträume März und Juni 2003, der gegenüber dem Kläger als damaligen Geschäftsführer und Gesellschafter der A GmbH (im Folgenden: A-GmbH) erlassen wurde.

1. Bestellung und Abberufung des Klägers als Geschäftsführer bei der A-GmbH

Der Kläger gründete durch notariellen Vertrag vom 00. August 1999 als alleiniger Gesellschafter die A-GmbH und wurde zu deren alleinigen Geschäftsführer bestellt (UR-Nr. … aus 1999 der Notarin B aus D; Eintrag im Handelsregister des Amtsgerichts C – HRB … –). Der Gesellschaftsvertrag als Anlage zu dieser Urkunde ist in der Vertragsakte des Beklagten abgelegt. Hierauf wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Geschäftsgegenstand der A-GmbH war der Vertrieb und die Vermietung von Hardware und Software aller Art in Form von Komplettpaketen inklusive des Auf- und Abbaus.

Am 18. Dezember 2002 veräußerte der Kläger seine Beteiligung an der A-GmbH zu diesem Übertragungsstichtag auf der Grundlage eines notariellen Kauf- und Abtretungsvertrags (UR-Nr. … für 2012 der Notarin B) an Herrn E (für die Einzelheiten zur Gründung der Gesellschaft und zur Abtretung der Geschäftsanteile wird auf die in der Haftungsakte des Beklagten abgelegten notariellen Urkunden Bezug genommen). Herr E erklärte –nach einer Gesprächsnotiz des Finanzamts F vom 26. April 2004 (abgelegt in den Auszügen der Akte „G” des Beklagten)–, er habe die Geschäftsanteile an der Gesellschaft A-GmbH dann im August 2003 an einen Herrn H weiterveräußert.

Die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der A-GmbH erfolgte – wie zwischen den Beteiligten nicht streitig ist – durch Gesellschafterbeschluss zum 18. August 2003 (Schreiben des Landgerichts I vom 28. Oktober 2004, abgelegt in der Haftungsakte des Beklagten; UR-Nr. … aus 2003 der Notarin B, abgelegt in der Haftungsakte).

2. Relevante umsatzsteuerliche Vorgänge in 2002 und 2003

Die A-GmbH ermittelte ihre Umsatzsteuerschuld in den Streitjahren 2002 und 2003 nach vereinbarten Entgelten und gab monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Ihr war eine Dauerfristverlängerung eingeräumt worden.

a) Veräußerung des Geschäftsbereichs IT-Vermietung an die J AG

Zum 20. Dezember 2002 veräußerte die A-GmbH den gesamten Geschäftsbereich als IT-Vermieterin unter Einschluss des Kundenbestands, Warenbestandes und des Zubehörs an eine schweizerische Gesellschaft, die J AG für insgesamt 387.600 EUR. Hierzu wurde unter diesem Tag ein Kaufvertrag zwischen der A-GmbH und der J AG geschlossen. Nach diesem sollte die A-GmbH ihre Aktivitäten in diesem Geschäftsbereich einstellen und danach ausschließlich als ausführendes Dienstleistungsunternehmen tätig sein (§ 4 des Vertrags). Im Kaufvertrag wurde im einzelnen festgelegt, dass der Kaufpreis zum 20. Dezember 2002 387.600 EUR betragen sollte (§ 1) und auf den Kaufpreis bis zum Tag des Vertragsabschlusses bereits Zahlungen in Höhe von 350.000 EUR geleistet worden seien. Bis zur vollständigen Tilgung des Kaufpreises, für den wegen eines Restbetrages in Höhe von 37.600 EUR ein Zahlungsziel von sechs Monaten eingeräumt wurde (§ 3 des Vertrags), sollten die veräußerten Gegenstände im Eigentum der A-GmbH bleiben. Der Restbetrag in Höhe von 37.600 EUR wurde durch die J AG in Teilbeträgen in Höhe von 35.000 EUR zum 19. März 2003 und in Höhe von 2.600 EUR zum 8. Mai 2003 an die A-GmbH gezahlt.

Zudem stellte die A-GmbH der J AG unter dem 2...

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