Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung von Steuerbescheiden: Offensichtliche Unrichtigkeiten in Fällen fehlerhafter Eigenkapitalfeststellung gem. § 27 Abs. 2 KStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO ist die Behörde so zu behandeln, als wenn sie eine erstmalige endgültige Steuerfestsetzung bzw. Feststellung von Besteuerungsgrundlagen durchführt.

2) Übernimmt das FA bei Erlass des Erstbescheids einen mechanischen Übertragungsfehler des Stpfl. bei der Eigenkapitalfeststellung gemäß § 27 Abs. 2 KStG, der dem FA zwar bei Erlass dieses Bescheids noch nicht bekannt war, jedoch nach Übersendung weiterer Unterlagen bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO hätte bekannt sein müssen, ist der Änderungsbescheid seinerseits nach § 129 AO änderbar.

 

Normenkette

AO §§ 129, 164; KStG § 27

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.09.2016; Aktenzeichen I B 56/16)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Feststellungen von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen gem. § 27 KStG zum 31. Dezember 2006 geändert werden können.

Die Klägerin ist eine im Handelsregister des AG F unter HRB 1 eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand der Großhandel mit … ist. Aktueller Geschäftsführer ist Herr B, alleinige Gesellschafterin ist seit deren Gründung durch Vertrag vom …. Dezember 2005 die B … GmbH & Co. KG. Das Stammkapital beträgt seit Gründung 25.000 €, ihre Tätigkeit nahm sie in 2006 auf. Ausweislich des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2006 ist das Stammkapital in vollem Umfang eingezahlt. Das Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.

Am 17. August 2007 reichte die Klägerin die Körperschaftsteuererklärung 2006 sowie die Erklärung zur gesonderten Feststellung von Beträgen gem. §§ 27, 28, 37, 38 KStG beim Beklagten ein. Der zeitgleich eingereichte Jahresabschluss enthält einen Jahresfehlbetrag von 84.486 €, das zu versteuernde Einkommen wurde mit – 84.460 € erklärt. In der beigefügten Feststellungserklärung wird bzgl. des steuerlichen Einlagekontos (Zeile 5 des Vordrucks) ein Betrag von 0 € ausgewiesen. Die steuerlichen Berater der Klägerin haben hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die (seinerzeit) mit DATEV erstellte Erklärung keine automatische Übernahme von Bilanzkennziffern in die Feststellungserklärung vorsah. Der Betrag von 0 € sei nicht ausdrücklich eingegeben worden, sondern werde maschinell vom System beim Ausdruck der Feststellungserklärung gesetzt, wenn kein Wert eingegeben werde.

Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2006 besteht aus insgesamt 28 Seiten und führt auf Seite 3 aus, dass die Prüfung des Jahresabschlusses, der Konten, der Wertansätze und Bestandsnachweise nicht Gegenstand des Auftrages des steuerlichen Beraters der Klägerin gewesen sei. Auf Seite 11 wird erläutert, dass eine Kapitalrücklage von 80.000 € gebildet worden sei. Hierzu wird wörtlich ausgeführt:

„Die Bildung der Kapitalrücklage basiert auf dem Gesellschafterbeschluss vom 23.12.2006. Die aus Zuzahlungen der Gesellschafterin geleistete Rücklage dient zur Stärkung des Eigenkapitals der Gesellschaft.”

Auf Seite 12 des Jahresabschlusses wird aufgeführt, dass Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen i.H.v. 220.000 € bestünden. Hintergrund sei ein der Klägerin von ihrer Gesellschafterin am 23. März 2006 gewährtes Darlehen über 300.000 €, hiervon sei gemäß Beschluss vom 23. Dezember 2006 ein Betrag von 80.000 € in die Kapitalrücklage eingestellt worden.

Durch Bescheide vom 22. Januar 2008, ergangen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO), wurde die Klägerin zunächst antragsgemäß veranlagt. Die Körperschaftsteuer wurde mit 0 € festgesetzt, ebenso die Beträge gemäß §§ 27, 28, 37, 38 KStG. Ein Verlustvortrag wurde antragsgemäß festgestellt. Der Eingabewertbogen zeigt, dass als verwendbares Eigenkapital ein Wert von 0 € eingetragen wurde (Sachbereich 48, Kennzahl 117, Wert 0 €). Anhaltspunkte für eine fachliche Prüfung oder einen Abgleich der Feststellungserklärung mit dem Jahresabschluss bestehen nach Aktenlage nicht. Weitere Unterlagen, insbesondere Zahlungsnachweise, ein Vertrag zur Darlehensgewährung vom 23. März 2006 oder ein Gesellschafterbeschluss vom 23. Dezember 2006 lagen während der Veranlagung nicht vor.

In den Folgejahren 2007 bis 2010 wiesen die Feststellungserklärungen ebenfalls jeweils 0 € als steuerliches Einlagekonto (Feststellungserklärung 2007 vom 18. Juli 2008; Feststellungserklärung 2008 vom 2. Oktober 2009; Feststellungserklärung 2009 vom 13. August 2010; Feststellungserklärung 2010 vom 4. Oktober 2011) aus. Anhand der Jahresabschlüsse ist folgende Entwicklung des Unternehmens seit 2006 erkennbar:

Jahr

Umsatz

(gerundet auf 500 €)

Jahresüberschuss/-fehlbetrag (gerundet auf 500 €)

2006

827.500

– 84.500

2007

1.938.000

2.000

2008

2.319.500

59.500

2009

2.334.000

13.000

2010

2.364.000

10.000

Nach den Erläuterungen der steuerlichen Berater der Klägerin war auch dies durch die o.g. tec...

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