rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Entfernungspauschale für Fahrten mit kostenloser Sammelbeförderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) In Fällen der Einsatzwechseltätigkeit ist der jeweilige Einsatzort Arbeitsstätte des Arbeitnehmers i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

2) Entspricht die Entfernung zum Einsatzort nicht der typischen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (mehr als 30 km) sind Werbungskosten für die ersten drei Monate in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen abziehbar. Die Entfernungspauschale kommt nicht zur Anwendung.

3) In Fällen der Einsatzwechseltätigkeit und kostenloser Sammelbeförderung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber zum Einsatzort scheidet die Anwendung der Entfernungspauschale generell aus.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen VI R 27/04)

BFH (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen VI R 27/04)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bzw. inwiefern der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit im Streitjahr 2001 mit Blick auf die unentgeltlichen Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber Fahrtkosten geltend machen kann.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Arbeiter und auf ständig wechselnden Einsatzstellen beschäftigt. Er fährt arbeitstäglich mit seinem Pkw zu einem gleichbleibenden Treffpunkt, von wo aus er mit dem Firmenbus zu der jeweiligen Einsatzstelle befördert wird.

Der Kläger war im Streitjahr 2001 im Wesentlichen auf den folgenden Baustellen eingesetzt:

Einsatz vom – bis

Baustelle

Dauer/Anzahl Tage

Entfernung

03.01.-20.07.

6,5 Monate/85 Tage

40 km

23.07.-21.12.

…-…

5 Monate/96 Tage

35 km

Darüberhinaus war der Kläger auf den folgenden Baustellen kurzfristig tätig:

Baustelle

Anzahl der Tage

Entfernung

5

50 km

…- …

9

55 km

…-…

1

55 km

…-…

1

70 km

…-…

11

35 km

…-…

3

35 km

5

40 km

In der ESt-Erklärung für das Streitjahr machte der Kläger die Fahrten zu dem Treffpunkt als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit der Entfernungspauschale wie folgt geltend: 230 Tage × 7 km.

Mit Einkommensteuerbescheid vom … wurden diese Aufwendungen erklärungsgemäß i.H.v. 1.127 DM bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

Am … legten die Kläger hiergegen Einspruch ein. Sie begehrten unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2001 (BStBl I 2001, 994), die Fahrten zu den jeweiligen Einsatzstellen als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen.

Mit Einspruchsentscheidung vom … berücksichtigte der Beklagte weitere Werbungskosten i.H.v. 1.754. Dabei wurden Reisekosten mit Blick auf Fahrten zwischen Treffpunkt und Einsatzstelle nach Ablauf von drei Monaten mit 2.185 DM angesetzt und die Fahrtkosten auf 696 DM (142 Tage × 7 km × 0,70 DM) herabgesetzt. Im übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Am … erhoben die Kläger Klage.

Die Kläger tragen vor, dass die Fahrten des Klägers mit dem Sammeltransporter vom Treffpunkt zu den Einsatzstellen mit der Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu berücksichtigen seien. Auf die Höhe der tatsächlichen eigenen Aufwendungen des Arbeitnehmers komme es nicht an. Denn entsprechend dem Grundgedanken der an die Wegstrecke anknüpfenden Pauschale würden Aufwendungen unterstellt, unabhängig davon, ob sie entstanden seien. Demzufolge gelte sie auch in den Fällen der Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber.

Weder dem Gesetz noch dem Einführungsschreiben (BMF-Schreiben v. 11.12.2001, BStBI I 2001, 994) könne entnommen werden, dass die Entfernungspauschale nur für Fahrten zur regelmäßigen Arbeitsstätte gelte. Bei einem Bauarbeiter sei die Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG die jeweilige Baustelle. Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sei der Ort, an dem der Arbeitnehmer arbeitstäglich die Arbeitsleistung zu erbringen hat. Dies sei im Normalfall eine einzige gleichbleibende, dauerhafte Arbeitsstätte. Mit dieser Grundvorstellung und auch mit dem Wortlaut des Gesetzes sei es aber vereinbar, auch in Fällen der Einsatzwechseltätigkeit, bei der der Arbeitnehmer mehrere Tage, Wochen oder Monate auf ortsfesten, aber nach dieser Zeit wechselnden gleichrangigen Arbeitsstätten tätig werde, den jeweiligen Einsatzort als Arbeitsstätte und die Fahrt von der Wohnung dorthin als Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zu qualifizieren.

Hinsichtlich der Entfernungspauschale könne es auch nicht auf die Entfernung zwischen Wohnung und Baustelle ankommen. Eine Unterscheidung dahingehend, dass ein Ansatz der Entfernungspauschale bei Sammeltransporten und einer Entfernung von mehr als 30 Km nicht erfolgen könne, sei durch das Gesetz nicht gedeckt. Eine solche Unterscheidung könne auch nicht aus den Lohnsteuerrichtlinien abgeleitet werden. Zwar regele R 38 Abs. 3 LStR 2002, dass bei einer Entfernung von mehr als 30 km die Fahrtkosten als Reisekosten angesetzt werden „können”. Aus dieser Formulierung ergebe sich...

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