Revision eingelegt ( BFH VII R 67/11)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausfuhrerstattung: Frist zur Vorlage der Ausfuhrlizenz, Frist zur Vorlage der beizubringenden Unterlagen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die nach Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 erforderliche Ausfuhrlizenz ist nach Art. 24 Abs. 2 VO Nr. 1291/2000 bei Annahme der Ausfuhranmeldung vorzulegen oder für die Zollbehörde bereitzuhalten. Erfolgt dies nicht und gewährt das zuständige Hauptzollamt eine Frist für die Vorlage der Ausfuhrlizenz, handelt es sich bei dieser Fristverlängerung um eine wirksame Entscheidung gemäß Art 4 Nr. 5 Zollkodex mit Bindungswirkung in der Weise, dass eine innerhalb der gesetzten Frist vorgelegte Ausfuhrlizenz anerkannt werden muss.

2. Die Frist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 gilt auch in einem Fall, in dem die Ausfuhrerstattung (nur) wegen verspätet vorgelegter Ausfuhrlizenz versagt worden ist und das Hauptzollamt im finanzgerichtlichen Klageverfahren erstmals als weiteren Versagungsgrund die Fehlerhaftigkeit des Ankunftsnachweises moniert, woraufhin der Ausführer - außerhalb der Frist - einen anerkennungsfähigen Ankunftsnachweis vorlegt. Die zur Geltung der Fristen im Rückforderungsverfahren entwickelte Rechtsprechung (vgl. EuGH, Urteil vom 21.06.2007, C-428/05) kann auf diese Fallkonstellation nicht übertragen werden.

3. Eine Sanktion nach Art. 51 VO Nr. 800/1999 wird auch dann zu Recht erhoben, wenn im Zahlungsverfahren innerhalb der Frist des Art. 49 Abs. 2 VO Nr. 800/1999 ein gefälschter Ankunftsnachweis vorgelegt worden ist und im anschließenden Rechtsbehelfsverfahren außerhalb der Frist ein anzuerkennender Ankunftsnachweis vorgelegt wird.

 

Normenkette

VO Nr. 800/1999 Art. 4 Abs. 1, Art. 15-16, Nr. 1291/2000 Art. 24 Abs. 1 lit. b), Abs. 2; ZK Art. 4 Nr. 5; VO Nr. 800/1999 Art. 49 Abs. 2, Art. 50-51

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.12.2014; Aktenzeichen VII R 67/11)

BFH (Urteil vom 09.12.2014; Aktenzeichen VII R 67/11)

BFH (Beschluss vom 16.04.2013; Aktenzeichen VII R 67/11)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung und wendet sich gegen einen Sanktionsbescheid.

Mit Ausfuhranmeldung vom 02.05.2002 meldete die Klägerin beim seinerzeitigen Hauptzollamt A die Ausfuhr von 19.992 kg Fetakäse nach Jugoslawien (Kosovo) an. Als Empfänger war die Firma B, C, Kosovo, Jugoslawien, angegeben. In der Anmeldung wies die Klägerin auf die Lizenz DK -1 gem. "Art. 24 VO Nr. 800/1999", ausgestellt vom EU-Direktorat, D, hin. Die Lizenz lag der Ausfuhranmeldung nicht an. In einem Vermerk des Hauptzollamts A vom 02.05.2002 über die Beschau (Sachakte Heft I Bl. 9) heißt es: "schriftliche Lizenzbestätigung Direktorat for Fødevare Erhverv lag vor. Vorlagefrist: 09.05.02".

In der Sachakte (Heft I Bl. 20) findet sich ein am 07.05.2002 von der UNMIK (United Nations Interim Administration Mission in Kosovo), der provisorischen Zollverwaltung im Kosovo, ausgestelltes Formblatt über die Überführung der streitgegenständlichen Waren in den freien Verkehr des Kosovo.

Am 08.05.2002 lag die Lizenz dann dem Hauptzollamt A vor, das die ausgeführten Mengen abschrieb. Auf entsprechende Nachfrage des Beklagten teilte die dänische Lizenzstelle mit, dass die Lizenz am 29.01.2002 ausgestellt und noch am gleichen Tag abgesandt worden sei.

Unter dem 22.05.2002, beim Beklagten eingegangen am 27.05.2002, beantragte die Klägerin die Zahlung von Ausfuhrerstattung.

Mit Bescheid vom 09.08.2002 lehnte der Beklagte die Gewährung von Ausfuhrerstattung mit der Begründung ab, die Ausfuhr sei ohne gültige Lizenz gemäß Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 erfolgt. Die Lizenz sei erst am 08.05.2002 vorgelegt worden, ohne dass die Voraussetzungen für eine nachträgliche Vorlage vorgelegen hätten.

Am 12.09.2002 legte die Klägerin Einspruch gegen die Versagung der Ausfuhrerstattung ein. Sie meint, es reiche nach Art. 24 Abs. 2 VO Nr. 1291/2000 aus, wenn die Lizenz für die Zollbehörde bereitgehalten werde. Die Lizenz müsse also nicht mit der Ausfuhranmeldung vorgelegt werden. Wie schnell die Lizenz auf Anforderung der Abfertigungsbeamten vorgelegt werden müsse, regele die Lizenzverordnung nicht. Es genüge daher, dass die Lizenz amtlich ausgestellt sei, auch wenn der Berechtigte das Dokument nicht in der Hand halte.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25.07.2003 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 09.08.2002 zurück. Der Erstattungsanspruch sei gemäß Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 800/1999 von der Vorlage einer Ausfuhrlizenz abhängig. Diese sei nachträglich vorgelegt worden, was nicht zulässig sei. Die Gewährung einer Frist für die Vorlage der Lizenz und die nachträgliche Abschreibung seien unzulässig gewesen. Derart gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten begründe keinen Vertrauensschutz und rechtfertige nicht, von der Ablehnung der Gewährung der Ausfuhrerstattung abzusehen. Auf Art. 25 VO Nr. 1291/2000 könne sich die Klägerin nicht berufen, weil diese Bestimmung nur eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten enthalte, von der die Bundesrepublik Deutschland keinen Gebrauch ge...

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