Leitsatz (redaktionell)

Ein ohne Pauschalierungsantrag ergangener Lohnsteuernachforderungsbescheid ist nicht nichtig.

 

Normenkette

AO § 125; EStG § 40 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.02.2002; Aktenzeichen VI R 80/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die Nichtigkeit eines Lohnsteuernachforderungsbescheides wegen Rabatten, die Arbeitnehmern der Klägerin von deren Tochter- oder Schwestergesellschaften auf Versicherungsprämien gewährt wurden (sog. Haustarife), sowie die Frage, ob die Klägerin bei der Einspruchseinlegung wirksam vertreten war.

Bei der Versicherungsgruppe, zu der die Klägerin gehört, begann am 17. Januar 1995 eine Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1991-1994 (Bl. 114 ArbGA). Diese Prüfung wurde durch Bericht vom 13. Februar 1997 hinsichtlich zahlreicher Prüfungspunkte einvernehmlich und ohne Schlussbesprechung abgeschlossen (Bl. 116 ArbGA). Zu den Personalrabatten bemerkt der Bericht über die Klägerin (Bl. 123 ArbGA), dass die Prüfung insoweit zunächst offen bleiben und in Kürze fortgesetzt werden solle, es bedürfe hierzu noch umfangreicher Ermittlungen seitens des Arbeitgebers. Infolge der Prüfungsfeststellungen erging auf schriftlichen Antrag der Klägerin vom 7./11. Februar 1997 (Bl. 134 ArbGA), der – jeweils mit dem Zusatz „i.V.” – links vom Steuerabteilungsleiter der Klägerin, Herrn S, und rechts vom Steuerreferatsleiter, dem Zeugen E, unterzeichnet war, am 5. März 1997 ein Nachforderungsbescheid. Nach den Eintragungen im Handelsregister wurde (und wird) die Klägerin durch jeweils zwei Personen – Vorstände oder Prokuristen – vertreten. Der Pauschalierungsantrag vom 7./11. Februar 1997 beschränkt sich auf „PKW-Verkäufe, Jubiläumszuwendungen, Incentivereisen, Hausmeisterwohnungen, Reisekosten Ehefrauen/ Vorstand”. Auch frühere Lohnsteueraußenprüfungen bei der Klägerin und anderen Konzerngesellschaften hatten bei Beanstandungen regelmäßig zu antragsgemäßen Pauschalierungsbescheiden geführt.

Die Fortsetzung der Prüfung verzögerte sich zunächst, weil die Steuerabteilung der Klägerin angab, wegen gesellschaftsrechtlicher Veränderungen – Fusionen, Bildung einer Holding – und anderer Steuerprüfungen ausgelastet zu sein. Trotz mehrfacher Schreiben und Telefonate erhielt der zuständig gewordene Prüfer S keinen Termin im Unternehmen. Ihm wurden auch keine Preisvergleiche mit anderen Versicherern vorgelegt. Die Prüfung des Komplexes Personalrabatte wurde deshalb zu einem aus der Akte nicht ersichtlichen Zeitpunkt an Amtsstelle durch Auswertung der Unterlagen fortgesetzt, die der vorher tätige Prüfer H angefertigt oder beschafft hatte. Auskünfte der Klägerin wurden dem Prüfer S in einem Fall schriftlich und ansonsten telefonisch erteilt. Unmittelbarer persönlicher Kontakt zwischen dem Prüfer und der Steuerabteilung bestand nicht.

Im Abschlußbericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 23. September 1997 führte der Prüfer aus, dass die Klägerin den wiederholten Aufforderungen nicht nachgekommen sei, konkrete Angebote von vergleichbaren Mitbewerbern vorzulegen, um ihre Tarife mit den Tarifen anderer Mitbewerber vergleichen zu können. Ein Fremdvergleich habe deshalb nicht durchgeführt werden können. Die von der Klägerin selbst gewährten Rabatte lägen unter dem Freibetrag gem. § 8 Abs. 3 EStG. Der geldwerte Vorteil aus der Rabattierung durch andere Konzerngesellschaften sei gem. § 8 Abs. 2 EStG durch Vergleich zwischen dem tatsächlichen Endpreis des (konzern-) eigenen Produktes und dem ermäßigten Tarif für Mitarbeiter ermittelt worden.

Im Bericht heißt es weiter, die Nachversteuerung erfolge auf Antrag der Klägerin im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit einem besonders ermittelten Nettopauschsteuersatz (Bl. 148 ArbGA).

Am 22. August 1997 hatte der Prüfer S mit dem Steuerreferatsleiter E telefoniert; der Inhalt des Telefonates ist streitig geblieben. Infolge des Telefonates schrieb der Zeuge E am selben Tage unter dem Briefkopf der Versicherungs-AG und unter Angabe von deren Steuernummern an das seinerzeit zuständige Finanzamt für Körperschaften Hamburg-…. In diesem von zwei Personen – Linksunterzeichner mit dem Zusatz „i.V.” ist Herr E – unterzeichneten Schreiben heißt es:

„Betr.: Steuernummer …

Sehr geehrter Herr S, wie Ihnen der Linksunterzeichner während des heute geführten Telefonats bereits mitteilte, haben wir für die bei unserer Hauptverwaltung tätigen Mitarbeiter (ca. 3000) inzwischen zur Ermittlung der Steuersätze Gehaltsauswertungen vorgenommen. Hieraus ergeben sich die folgenden Nettosteuersätze … Wir regen an, die Nachversteuerungen der Belegschaftsrabatte sowohl bei unserer Hauptverwaltung als auch bei unserer Bereichsverwaltung Hamburg auf der Basis dieser Steuersätze vorzunehmen.”

Am 10. Oktober 1997 erging ein Nachforderungsbescheid über insgesamt … Mio. DM, gegen den die Klägerin am 12. November 1997 per Fax Einspruch einlegte. Der Einspruch wurde damit begründet, dass ein Fremdvergleich mit den Prämien anderer Versicherer nicht stattgefunden habe. Der Einspruch ist von zwei...

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