Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerentstehung und Steuerschuldnerschaft bei der Energiebesteuerung von Biomethan

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Steuerentstehungsvorschrift für die Besteuerung von Biomethan, das in das allgemeine Gasnetz eingespeist wird, ist § 38 EnergieStG. Die Anwendung von § 38 EnergieStG ist nicht aus dem Grund ausgeschlossen, dass sich im allgemeinen Gasnetz nie reines fossiles Erdgas befindet.

2. Zu Einspeisung, Transport, bilanziellem Handel und Entnahme von gasförmigen Kohlenwasserstoffen.

3. Zur Steuerschuldnerschaft des Lieferers von Biomethan nach dem Abschluss eines desintegrierten Biomethanliefervertrags im liberalisierten Gasmarkt. Der Gaslieferant, der Transporteur und der Bilanzkreisverantwortliche sind nicht zwingend personenidentisch.

4. Zum "anderen Lieferer" nach§ 38 Abs. 2 Nr. 1 HS 2 EnergieStG .

 

Normenkette

EGRichtl-2003/96 Art. 25 Abs. 1; EnergieStG § 1a Nr. 13, § 38

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Biogasproduzentin, wendet sich gegen einen Energiesteuerbescheid.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2014 an ihrem Standort A eine Biogasanlage, in der aus nachwachsenden Rohstoffen, Pflanzenabfällen, Obstresten und Hühnertrockenkot Rohbiogas erzeugt wurde. Das Rohbiogas bestand zu 45-70 % aus Methan (CH4) und erfüllte deshalb zunächst nicht die Anforderungen an die Einspeisung in das allgemeine Gasnetz.

Ein nicht streitbefangener Anteil des Rohbiogases wurde gereinigt und getrocknet in nachgelagerten Blockheizkraftwerken (BHKW) verwendet. Der andere Teil wurde in einer Biogasaufbereitungsanlage zu Biomethan in Erdgasqualität aufgearbeitet und physisch in das allgemeine Gasnetz eingespeist. Hierzu bestand ein Netzanschlussvertrag der Klägerin mit der B AG (B) über einen Einspeisepunkt in einer Biomethan-Einspeisestation. Das in das Gasnetz eingespeiste Biomethan vermischte sich dort untrennbar u.a. mit fossilem Erdgas. Die Klägerin bediente sich für Dienstleistungen der Vertragsvermittlung, Vermarktung, Nominierung und Bilanzierung im Virtuellen Biogasmarkt der Dienstleisterin C GmbH (C). Diese buchte die von der Klägerin in das Gasnetz eingespeisten Biomethanmengen in den für die Klägerin geführten und deren physischem Einspeisepunkt zugeordneten Biogas-Bilanzkreis ein und aus.

Einen nicht streitbefangenen Anteil des Biomethans verkaufte die Klägerin in ihren Biogastankstellen in verschiedenen deutschen Städten an Letztverbraucher. Die übrigen Mengen verkaufte die Klägerin an Betreiber von BHKW als Letztverbraucher. Mit nicht streitbefangenen Biomethanlieferverträgen verpflichtete sich die Klägerin zur Biomethanlieferung an physischen Ausspeisestellen der jeweiligen Letztverbraucher.

Der hiervon abweichende, streitbefangene Vertrag mit der Malzfabrik D GmbH vom ... 2011 über die Lieferung von "aufbereitetem und eingespeistem Biogas (Biomethan)" hatte im Wesentlichen folgenden Inhalt: Die als "Lieferant" bezeichnete Klägerin verpflichtete sich, der als "Käufer" bezeichneten D GmbH jährlich ... GWh Biomethan an der Übergabestelle zu übergeben. Als Übergabestelle vereinbarten die Parteien den Virtuellen Handelspunkt im Marktgebiet E-Gas. Die Übergabe hatte durch Nominierung eines festen Stundenwertes aus einem Biogasbilanzkreis des Lieferanten beim Bilanzkreisnetzbetreiber zu erfolgen (Lieferband). Die Käuferin verpflichtete sich, die vom Lieferanten bereitgestellte Jahresliefermenge an der Übergabestelle abzunehmen und zu vergüten. Vereinbart war eine gleitende Vergütung nach einem Berechnungsschlüssel (bei Vertragsschluss ... Cent pro Kilowattstunde). Die Jahresliefermenge durfte erhöht werden, sofern zusätzliche Biomethanmengen verfügbar waren. Eine Reduzierung der vereinbarten Jahres-, Tages- oder Stundenliefermenge sollte grundsätzlich nur beim Vorliegen bestimmter tatsächlicher Voraussetzungen möglich sein. Im Falle nicht hinreichender Biomethanproduktion hatte der Lieferant Ersatzmengen zu beschaffen und die Kosten zu übernehmen. Die Parteien verpflichteten sich, die für die Vertragsdurchführung erforderlichen Verträge mit Netzbetreibern abzuschließen (Netzanschluss- und Netzzugangsvertrag, Bilanzkreisvertrag etc.).

Die F GmbH & Co. KG (F KG) trat aufgrund einer Betriebspacht ab dem 1. Oktober 2013 als Abnehmerin in den Liefervertrag ein. Sie schloss mit der G AG (G) einen Vertrag insbesondere über den Transport des von der Klägerin bezogenen Gases und das Bilanzkreismanagement. Die G war ein in H ansässiges Energieversorgungsunternehmen, das neben dem Handel und der Belieferung mit gasförmigen Kohlenwasserstoffen auch Dienstleistungen wie die Abwicklung der Netzdurchleitung mit dem Gasnetzbetreiber anbot.

Zur Vertragserfüllung speiste die Klägerin im Streitjahr 2014 Biomethan an dem ihr zugeordneten Einspeisepunkt ein und nominierte die Mengen am Virtuellen Handelspunkt. Sie legte über die gelieferten Mengen ohne Ausweis von Energiesteuer gegenüber der F KG wie folgt Rechnung:

Liefermonat (2014)

MWh

€/MWh

Preis

USt

Januar

...

... €

... €

... €

Februar

...

... €

... €

... €

März

...

... ...

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