Revision eingelegt (BFH IX R 5/12 )

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafverteidigungskosten als Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Strafverteidigungskosten sind nur dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die Straftat ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen erklärbar ist. Fließen die aus einer Beihilfe zur Untreue erlangten Darlehen in Kapitalgesellschaften zum Aufbau der gewerblichen Tätigkeit, so besteht kein unmittelbarer beruflicher oder betrieblicher Zusammenhang zwischen der Straftat und möglichen aus der Beteiligung erzielbaren Einkünften. Vielmehr dienen die erlangten Finanzmittel dem Aufbau des Vermögensstamms und damit einem bei dem Steuerpflichtigen steuerlich nicht erheblichen Vorgang der Vermögenssphäre.

2. Kosten der Strafverteidigung sind nicht zwangsläufig und damit nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige wegen einer vorsätzlich begangenen Tat verurteilt wird. Zwar entstehen die Kosten in einem solchen Fall als unvermeidbare Folge des prozessrechtlich vorgesehenen Verfahrens; sie sind jedoch - anders als regelmäßig bei einem Zivilprozess - unmittelbare Folge des vermeidbaren, sozial inadäquaten Verhaltens, dass zu der Verurteilung geführt hat. Die Entscheidung eines Steuerpflichtigen, eine Straftat trotz der bekannten Folgen zu begehen, führt dazu, dass das sich realisierte Risiko einer strafrechtlichen Sanktion und die daraus resultierenden Kosten nicht zwangsläufig in dem Sinne erwachsen, dass er sich diesen Kosten nicht von vornherein hätte entziehen können.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 33 Abs. 1-2; AO § 367 Abs. 2a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.04.2013; Aktenzeichen IX R 5/12)

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Strafverteidigung des Klägers als Werbungskosten bei seinen Überschusseinkünften oder als außergewöhnliche Belastungen.

Die Kläger sind verheiratet, ... und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in dem Streitjahr 2007 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus einem Beschäftigungsverhältnis bei der A GmbH und in geringem Umfang aus Kapitalvermögen. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbstständiger Arbeit sowie sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. In 2008 erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus Kapitalvermögen, die Klägerin hingegen aus Gewerbebetrieb und nichtselbstständiger Arbeit. Mit den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend, und zwar für 2007 in Höhe von 49.033 € und für 2008 in Höhe von 157.735 €. Zum Nachweis der geltend gemachten Kosten reichten sie eine Rechnung des Rechtsanwalts B vom 24.02 .2009 über "Honorar für Verteidigung im Jahr 2007" in Höhe von 40.000,01 € ein. Die Rechnung enthielt den Hinweis "Abgerechnet wurde nach §§ 2, 14 RVG" und "bereits bezahlt". Zur Einkommensteuererklärung 2008 reichten sie eine Aufstellung über Zahlungen an Rechtsanwalt B in 2008 über insgesamt 69.747,70 € und an Rechtsanwältin C in 2008 über insgesamt 87.995 € ein. Der Kläger ist rechtskräftig wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von ... verurteilt worden.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 13.05.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2007 auf 56.552 € fest. Die geltend gemachten Kosten für die Strafverteidigung des Klägers berücksichtigte der Beklagte nicht, weil die Aufwendungen nicht ausreichend belegt worden seien und ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zu den erzielten Einkünften nicht ausreichend dargelegt worden sei. Mit Einkommensteuerbescheid vom 29.03.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2008 auf 66.468 € fest. In den Erläuterungen führte der Beklagte aus, dass die erklärten Werbungskosten wie schon 2007 nicht berücksichtigt werden könnten.

Am 22.05.2009 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 und am 26.04.2010 gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 ein. Die Darlehen, die Gegenstand des Strafverfahrens seien, seien den verschiedenen Gesellschaften des Klägers zugutegekommen, aus denen in 2008 Einkünfte aus Kapitalvermögen geflossen oder sonstige Einkünfte erzielt worden seien. Ein Teil sei auch Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder sei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen. Es sei schwierig, welcher Anteil der Strafverteidigungskosten als Werbungskosten welchen Einkünften zuzuordnen sei. Im Grundsatz sei der Betrag jedoch insgesamt als abzugsfähig anzusetzen. Zum Nachweis der Aufwendungen reichten die Kläger folgende Rechnungen zur Akte:

...

Alle Rechnungen enthielten den Hinweis "Abgerechnet wurde nach §§ 2, 14 RVG" sowie "bereits bezahlt". Ferner legten sie eine an Rechtsanwalt B adressierte Rechnung vom 05.11.2007 über 9.033,50 € vor.

Mit Einspruchsentscheidung für 2007...

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