Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung des Kinderfreibetrages

 

Leitsatz (redaktionell)

In einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft ist die Übertragung des Kinderfreibetrages auf die Partnerin der Mutter nicht möglich, weil insoweit weder ein Pflegschaftsverhältnis i.S.v. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG besteht noch ein Stiefelternverhältnis angenommen werden kann (§ 32 Abs. 6 S. 6 EStG).

Die Nichtgewährung eines Kinderfreibetrages und Haushaltsfreibetrages an den alleinverdienenden Partner in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft ist nicht verfassungswidrig.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 6 S. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.04.2004; Aktenzeichen VIII R 88/00)

BFH (Urteil vom 20.04.2004; Aktenzeichen VIII R 88/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages bei der Klägerin.

Die ledige Klägerin bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Sie lebt in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft mit ihrer Partnerin, der Beigeladenen. Die Klägerin und die Beigeladene beschlossen, gemeinsam Kinder aufzuziehen. Entsprechend diesem Lebensplan hat die Beigeladene am 29. 3. 1996 die Tochter A geboren, die durch Fremdinsemination gezeugt worden ist. In der Folgezeit hat sie ein weiteres, ebenfalls durch Fremdinsemination gezeugtes Kind geboren. Die biologischen Väter sind nicht festgestellt worden. Nach der Geburt des Kindes und auch im Streitjahr 1997 befand sich die Beigeladene im Erziehungsurlaub und bezog lediglich Kinder- und Erziehungsgeld. Im Übrigen kam die Klägerin für den Unterhalt der Beigeladenen und des Kindes A auf. Schriftliche oder notarielle Verträge über die Gewährung von Unterhaltsleistungen bestehen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen nicht.

Mit Schreiben vom 23. 6. 1997 beantragten die Klägerin und die Beigeladene die Übertragung des auf der Lohnsteuerkarte der Beigeladenen eingetragenen Kinderfreibetrages und Eintragung auf der Lohnsteuerkarte der Klägerin. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 30. 6. 1997 ab. Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 25. 7. 1997, mit dem die Klägerin auch anregte, das Kind ggf. als Pflegekind zu behandeln. Mit Einspruchsentscheidung vom 23.10. 1997 lehnte der Beklagte die Übertragung eines Kinderfreibetrages und die Gewährung des Haushaltsfreibetrages ab. Das Kind A könne nicht als Pflegekind angesehen werden, weil das Obhuts- und Pflegeverhältnis zur leiblichen Mutter, der Beigeladenen, weiterbestehe. Die Übertragung eines Kinderfreibetrages sei nur auf Antrag eines leiblichen Elternteils auf den anderen leiblichen Elternteil möglich. Da die Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrages nicht vorlägen, könne auch der von dem Kinderfreibetrag abhängige Haushaltsfreibetrag nicht berücksichtigt werden.

Mit bei Gericht am 24. 11. 1997 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages und Haushaltsfreibetrages weiterverfolgt.

Unabhängig von der biologischen Elternschaft sei das Kind A aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses mit der Beigeladenen in die Welt gesetzt worden und werde auch gemeinsam versorgt. Sie, die Klägerin, nehme dabei gewissermaßen die Vaterrolle ein und unterhalte als Alleinverdienende die Familie.

Die Übertragung eines Kinderfreibetrages sei auch auf Stiefeltern oder Großeltern möglich, auch wenn die leiblichen Eltern zusammen mit dem Kind in einem Haushalt lebten. Diesem Fall sei der Streitfall jedenfalls vergleichbar.

Sofern nach der geltenden Rechtslage die Gewährung eines Kinderfreibetrages und entsprechend eines Haushaltsfreibetrages nicht möglich sei, liege eine gleichheitswidrige Benachteiligung homosexueller Paare im Verhältnis zu heterosexuellen Paaren vor.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 8. 9. 1998 hat die Klägerin fristgemäß Einspruch eingelegt wegen Nichtberücksichtigung des Kinder- und Haushaltsfreibetrages. Dieses Verfahren ist mit Rücksicht auf den Streitfall zum Ruhen gebracht worden.

Nachdem das Rechtsschutzinteresse für Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte mit Ablauf des Monats März des dem Streitjahr folgenden Jahres entfallen ist, beantragt die Klägerin nunmehr sinngemäß, festzustellen, dass die Versagung der Eintragung eines Kinder- und Haushaltsfreibetrages auf der Lohnsteuerkarte rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und nimmt auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren Bezug.

Gem. Beschluss vom 24.3.2000 ist Frau P notwendig beigeladen worden.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die mündliche Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung durch die Berichterstatterin zugestimmt.

Die die Klägerin betreffende Rechtsbehelfsakte zur Steuernummer ... hat vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

I. Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil eine im Lohnsteuerermäßigungsverfahren ergangene, rechtskräftige Entscheidung aus...

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