Revision eingelegt (BFH II R 3/17)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbegünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG für Treugeber bei Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2a GrEStG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird eine als Treuhänderin an einer grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte GmbH aus der Gesellschaft ausgeschlossen und erwerben die Treugeber mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen unmittelbar, wird der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht.

2. Für diesen Vorgang ist die Steuer jedoch nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht zu erheben, soweit die ehemaligen Treugeber (mittelbar über die Treuhänderin) und ggf. weitere Gesellschafter vor dem Anteilsübergang an der Gesellschaft beteiligt waren. Denn die Anteile am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft (und damit die dingliche Mitberechtigung am Grundstück) waren den Treugebern schon vor der Übertragung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO zuzurechnen.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2a, § 3 Nr. 8, § 6 Abs. 3, 1 S. 1; AO § 39 Abs. 1 Nr. 1, § 119 Abs. 1

 

Tatbestand

A.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob durch den Übergang von Anteilen am Gesellschaftsvermögen der Klägerin auf Personen, die bis dahin als Treugeber über einen Treuhänder an der Kläger beteiligt gewesen waren, der Tatbestand des § 1 Abs. 2a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) verwirklicht wurde und inwieweit die Steuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG ggf. nicht zu erheben ist.

I.  

1. Die Klägerin ist ein Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die am ... gegründet wurde und deren Geschäftsleitung sich in Hamburg befindet. Gesellschaftszweck der Klägerin ist die Investition in Immobilien und die Nutzung von Gebäuden durch Vermietung und Verpachtung. Gründungsgesellschafter waren A, die A-KG, an deren Gesellschaftsvermögen die A und Herr B je zur Hälfte als Kommanditisten beteiligt waren, die G-GmbH und die Treuhand-GmbH. Ursprünglich beteiligt waren somit:

G-GmbH

Treuhand-GmbH

A

A-KG

2. Nach Teil II § 14 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Buchst. b der Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) zum Gesellschaftsvertrag der Klägerin konnten die Gesellschafter einen Gesellschafter, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, durch Mehrheitsbeschluss aus der Gesellschaft ausschließen. Der Ausschluss wurde nach Abs. 3 dieser Bestimmung mit der Beschlussfassung wirksam, wenn die Gesellschafter keinen abweichenden Ausschlusstermin bestimmten.

3. Die Treuhand-GmbH war nach Teil II § 20 der AVB berechtigt, ihre Beteiligung ganz oder teilweise für Treugeber zu halten. Es war geplant, das Nominalkapital im Zuge der Aufnahme der Treugeber auf insgesamt ... Euro zu erhöhen. Hiervon sollte die Treuhand-GmbH einen Anteil von ... Euro (94,64 %) erhalten, wovon sie einen Anteil von ... Euro auf eigene Rechnung und den übrigen Anteil treuhänderisch halten sollte. Der Treuhandvertrag sollte Bestandteil des Gesellschaftsvertrages sein und auch unmittelbare Rechte und Pflichten zwischen der Klägerin und den Treugebern begründen.

Der Treuhandvertrag (Teil IV der AVB) sah u. a. folgende Regelungen vor:

§ 1 Grundlagen des Treuhandvertrages

(1) Die Treuhand-GmbH hält ihre Beteiligung an der Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages treuhänderisch im eigenen Namen für Rechnung von Treugebern (...)

(2) Der Treuhänder vermittelt dem Treugeber die wirtschaftliche Stellung, als sei er Gesellschafter hinsichtlich der für ihn gehaltenen Beteiligung mit allen sich hieraus ergebenden Rechten und Pflichten. Der Treugeber ist berechtigt, die sich aus der Beteiligung des Treuhänders ergebenden Gesellschaftsrechte unmittelbar gegenüber der Gesellschaft geltend zu machen und wahrzunehmen. Er wird hierzu vom Treuhänder ermächtigt.

(3) (...) Im Außenverhältnis hält der Treuhänder die Beteiligung als einheitlichen Anteil.

(4) Der Treuhänder hat in der Gesellschaft die Interessen der Treugeber weisungsgebunden wahrzunehmen, (...).

§ 5 Gesellschaftsbeschlüsse, Gesellschafterversammlungen

Die Treugeber haben ein Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung. Der Treuhänder erteilt dem Treugeber Vollmacht zur Ausübung des Stimmrechtes. (...)

§ 6 Gewinn- und Verlustverteilung, Ausschüttungen

(1) Der Treuhänder tritt die ihm aus der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung zustehenden Ansprüche auf das Ergebnis, die Ausschüttung, den Liquidationserlös und das Abfindungsguthaben sowie die Rechte aus wohnungsbezogenen Anteilen dem jeweiligen Treugeber entsprechend seinem Anteil ab. (...)

§ 8 Kündigung des Treuhandverhältnisses

(1) Das Treuhandverhältnis kann frühestens nach Ablauf des 20. Jahres beginnend mit der notariellen Beurkundung dieser AVB mit einer Frist von 1 Jahr jeweils zum Jahresende schriftlich gekündigt werden.

(2) Im Übrigen kann das Treuhandverhältnis aus wichtigem Grund (...) gekündigt werden.

(3) Jeder Treugeber hat als Ausnahme zu Abs. 1 das Recht, das Treuhandverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten zum Jahresende zu kündigen, um unmittelbar Gesells...

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