Entscheidungsstichwort (Thema)

Einführung eines Erzeugnisses, das im Drittland einer wesentlichen Be- oder Verarbeitung unterzogen wurde

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird gem. Art. 234 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 17 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 3665/87 in der Fassung der VO (EG) Nr. 1384/95 dahin auszulegen, dass ein Erzeugnis als eingeführt gilt, wenn es nach Abfertigung zum freien Verkehr im Drittland einer wesentlichen Be- oder Verarbeitung im Sinne des Art. 24 VO (EG) Nr. 2913/92 unterzogen und sodann unter Zollrückvergütung und Zahlung der normalen Eingangsabgaben in die Gemeinschaft zurückverbracht wird?

 

Normenkette

EWGV 3665/87 Art. 17 Abs. 3

 

Nachgehend

EuGH (Urteil vom 21.07.2005; Aktenzeichen C-515/03)

 

Tatbestand

I. Mit Bescheid vom 01.02.1996 Nr. ...1 gewährte der Beklagte der Klägerin antragsgemäß für 20.134,9 kg mit der Ausfuhranmeldung Nr. ...5 nach Polen ausgeführtes Rindfleisch ohne Knochen der Marktordnungswaren Listen-Nr. 0203 3090 4000 differenzierte Ausfuhrerstattung in Höhe von 36.653,23 DM (= 18.740,50 EUR). Das Fleisch wurde in Polen zum freien Verkehr abgefertigt und die Zollabgaben bezahlt. Als Nachweis über die Abfertigung der Ausfuhrware zum freien Verkehr in Polen legte die Klägerin gem. Art. 16 Abs. 1 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 a) VO (EWG) Nr. 3665/87eine beglaubigte Kopie des Zolldokuments vom 30.12.1995 Nr. ...9 vor. Das nach Polen exportierte Rindfleisch hatte die Klägerin zuvor an die Firma A verkauft.

Im Rahmen von Ermittlungen des Zollfahndungsamtes Hannover ergab sich Folgendes:

In Polen wurden aus Rindfleisch Rouladen der Tarifposition 1602305800 hergestellt, indem eine Scheibe Rindfleisch, ein bis zwei Scheiben Bauchspeck, Zwiebeln, Gurken und Senf zusammen eingekocht wurden. Diese Rouladen wurden in Deutschland unter Erhebung der normalen Einfuhrabgaben der Gemeinschaft eingeführt. Grundlage hierfür bildete der am 3.10.1995 abgeschlossene Vertrag zwischen der A GmbH (Importeur), der B ... in Polen (Auftraggeber) sowie dem Kühlhaus C (Hersteller) in ... Polen (Bl. 271- 274 Beiakte RL .../99). Gemäß § 3 Nr. 6 dieses Vertrages stellte der Hersteller (Kühlhaus C) unter Beifügung des polnischen Einfuhrdokuments vom 3012.1995 Nr. 110101/020359 die Anträge Nr. 4 und 5 vom 7.2.1996 (Bl. 260- 264 Beiakte RL 1292/99) auf Rückzahlung der Zollabgaben für das eingeführte Rindfleisch. In den Anträgen wurde dabei die Abrechnung über die zur Herstellung der Rouladen eingesetzten Mengen an Rindfleisch sowie die zugehörigen Ausfuhrpapiere (SAD-Dokumente) Nr. ...56W vom 29.1.1996 und ...68W vom 1.2.1996 aufgeführt. Mit Beschluss des Zollamtes Z (Polen) Nr. ...1,2,/95 und ...3,4,5/96 (Bl. 267 Beiakte RL .../99) wurde die beantragte Zollrückvergütung (31.822,97 ZL) bewilligt.

Mit Berichtigungsbescheid vom 27.10.1999 forderte der Beklagte die gewährte Ausfuhrerstattung mit der Begründung zurück, dass Ermittlungsergebnisse polnischer Polizeibehörden eine Verbringung der streitbefangenen Warensendung nach auftragsgemäßer Verarbeitung in die Bundesrepublik ergeben hätten. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 19.11.1999 Einspruch ein, den der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 21.10.2002 als unbegründet zurückwies. Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage vom 26. November 2002, zu deren Begründung die Klägerin u. a. Folgendes vorträgt:

Sie bestreite mit Nichtwissen, dass die in die Bundesrepublik eingeführten Rouladen aus dem von ihr exportierten Rindfleisch hergestellt worden seien, was auch unwahrscheinlich sei, weil eine zollamtliche Nämlichkeitssicherung in dem polnischen Herstellungsbetrieb nicht stattgefunden habe. Des Weiteren bestreite sie die Behauptung des Beklagten mit Nichtwissen, dass die polnischen Eingangsabgaben für die Einfuhr des Rindfleisches später rückvergütet worden seien. Im Übrigen sei die angebliche Rückerstattung der polnischen Eingangsabgaben rechtlich unerheblich. Entscheidend sei, dass die Verarbeitung des Rindfleisches zu Rinderrouladen unstreitig den Verarbeitungsgrad des Art. 24 VO (EG) Nr. 2913/92 - Zollkodex (ZK) - erreicht habe. Bei einer solchen wesentlichen Verarbeitung im Drittland sei es für den Erstattungsanspruch sogar irrelevant, in welchem Zollregime - freier Verkehr oder aktive Veredelung - dieses stattfinde. Selbst wenn das Rindfleisch im Rahmen der aktiven Veredelung nach dem Verfahren zur Zollrückvergütung zu Rouladen verarbeitet und anschließend nach Deutschland exportiert worden wäre, wäre der Erstattungsanspruch gegeben.

Für die rechtliche Beurteilung sei es - anders als es der Beklagte meint - unerheblich, dass die Verarbeitung des Rindfleisches zu Rouladen und deren Export nach Deutschland aufgrund eines zuvor abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages erfolgt sei. Denn Ausfuhrerstattungen würden einzig und allein anhand objektiver Kriterien gewährt. Die dem Ausfuhrvorgang zu Grunde liege...

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