vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslohn durch Zuwendung einer Maßnahme der allgemeinen Gesundheitsvorsorge

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Zuwendung einer „Sensibilisierungswoche” zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge i.S.d. §§ 20, 20 a SGB V, die keinen Bezug zu berufsspezifisch bedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat und für die die Arbeitnehmer bei freigestellter Teilnahme Fahrtkosten und eigene Freizeit (Zeitguthaben, Urlaub) aufzuwenden haben, ist als Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils zu qualifizieren, der lediglich in dem in § 3 Nr. 34 EStG beschriebenen Umfang steuerfrei zu belassen ist.
  2. Die allgemeine Gesundheitsvorsorge liegt ungeachtet ihrer betrieblichen Mitveranlassung zuvörderst im persönlichen Interesse der Arbeitnehmer.
  3. Eine Aufteilung in Arbeitslohn und Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse kommt nicht in Betracht, wenn die jeweiligen Veranlassungsbeiträge so ineinandergreifen, dass eine Trennung nicht möglich ist.
 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 34, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGB V §§ 20, 20a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.11.2018; Aktenzeichen VI R 10/17)

 

Tatbestand

Die Klägerin wird nach einer Lohnsteueraußenprüfung (Prüfungsbericht vom 23.3.2012) durch Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 3.4.2012 u.a. in Höhe von xx Euro (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) für die Jahre 2008 bis 2010 im Zusammenhang mit ihren Arbeitnehmern gewährten geldwerten Vorteilen in Gestalt der Durchführung von sog. „Sensibilisierungswochen” in Anspruch genommen.

Streitig ist, ob die Teilnahme von Arbeitnehmern der Klägerin an einwöchigen Seminaren („Sensibilisierungswoche”) als Zuwendung mit Entlohnungscharakter zu qualifizieren ist.

Die Klägerin hatte bereits mit Schreiben vom 12.10.2010 den Beklagten um Auskunft über die lohnsteuerliche Behandlung des Angebots, insbesondere der Sensibilisierungswoche, im Rahmen eines „Demografieprojekts” ersucht. Hierüber kam es zu dem unter dem Aktenzeichen 16 K 922/12 L geführten Klageverfahren, das mit dem Urteil vom 18.4.2013 endete. Das Gericht hat die Klageakte beigezogen.

Es wurden seinerzeit Unterlagen unter der Bezeichnung „L” übergeben, auf deren Inhalt verwiesen wird. Die Klägerin, so hieß es in dem Auskunftsersuchen und so entspricht es dem derzeitigen Sachvortrag, habe in Zusammenarbeit mit der T hierzu ein Konzept entwickelt, das dazu dienen sollte, die Beschäftigungsfähigkeit, die Leistungsfähigkeit und die Motivation der aufgrund der demografischen Entwicklung zunehmend alternden Belegschaft zu erhalten. Unter anderem werde ein einwöchiges Einführungsseminar zur Vermittlung grundlegender Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil angeboten (sog. Sensibilisierungswoche). Zur „zentralen Funktion der Sensibilisierungswoche” hieß es in dem vorgelegten Material der T „Entwicklung von Personalressourcen” im Klageverfahren Az. 16 K 922/12 L, die Sensibilisierungswoche sei ein unverzichtbarer strategischer Grundpfeiler der Personal-, Persönlichkeits- und Organisationsentwicklung. Es gehe darum, Führungsstil, Mitbestimmung und Umgang und Kommunikation im Hinblick auf gesundheitliche Auswirkungen zu überprüfen.

Das Angebot richtete sich an sämtliche Mitarbeiter der Klägerin. Eine Verpflichtung zur Teilnahme war nach dem Vortrag der Klägerin zwar beabsichtigt, aber gegen den B etriebsrat nicht durchsetzbar gewesen. Bei einer zugesagten Teilnahme bestand eine Anwesenheitspflicht unter Androhung von Sanktionen. Die Teilnehmer hatten vorab einen dies regelnden Vertrag zu unterzeichnen Die Kosten für die Teilnahme, die von der Klägerin auf ca. 1.300 Euro pro Mitarbeiter beziffert wurden (Übernachtungskosten für 6 Übernachtungen 204 Euro, Verpflegungskosten 330 Euro und Seminarkosten 766 Euro), trug, mit Ausnahme der Fahrtkosten, die Klägerin. Der jeweilige Mitarbeiter hatte für die Teilnahmewoche ein Zeitguthaben oder Urlaubstage aufzuwenden.

Die Fortsetzung der Maßnahmen an den jeweiligen Beschäftigungsstandorten sei, so die Klägerin, vorgesehen. Hierfür sei dann vor Ort ein Koordinator zuständig. Die Firma T biete zudem in einem überregionalen Netzwerk Hilfestellung an.

Aus dem Wochenprogramm ergibt sich, dass die Veranstaltung am Montag um 8.00 Uhr begann und am Freitag um 11.30 Uhr endete. Die Veranstaltungen dauerten jeweils mindestens bis zum späten Nachmittag. Wegen des Inhalts der Veranstaltungen im Einzelnen wird auf das Programm Bezug genommen. Auf einem angehängten Einzelblatt zu dem Veranstaltungsprogramm wurde ein „Haus der Arbeitsfähigkeit” vorgestellt, dessen Ausgangsebene mit „Gesundheit, körperl./psych. Leistungsfähigkeit” bezeichnet ist.

In den Jahren 2008 bis 2010 nahmen 16,5 % der Mitarbeiter der Klägerin () an einer „Sensibilisierungswoche” teil (). Zwei Krankenkassen, (), beteiligten sich mit Zuschüssen gem. § 20 a SGB V an den Kosten. Die Klägerin wurde () als Unternehmen, welches sich in besonders vorteilhafter Weise für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit seiner Mita...

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