vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerfreiheit der im ärztlichen Notfalldienst erbrachten Leistungen eines Rettungsfahrdienstes

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Leistungen eines Vereins der freien Wohlfahrtspflege im Bereich des ärztlichen Notdienstes in Gestalt der Unterhaltung einer Rettungsleitstelle und eines Fahrdienstes unter Einsatz ausgebildeter Rettungshelfer sind sowohl nach § 4 Nr. 18 UStG als auch unmittelbar nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG von der Umsatzsteuer befreit.
  2. Der Umstand, dass diese Leistungen im Auftrag und gegen Vergütung der regional zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung erbracht werden, hindert nicht die Feststellung, dass sie i.S.d. § 4 Nr. 18 Buchst. b UStG unmittelbar dem begünstigten Personenkreis zugute kommen.
  3. Die Steuerfreiheit der Leistungen ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das sog. Preisabstandsgebot des § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG zu versagen, weil gleichartige Leistungen entsprechender Erwerbsunternehmen nicht festzustellen sind und ein solches Abstandsgebot im Übrigen bei gesetzlich oder behördlich genehmigten Preisen nicht richtlinienkonform i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a 3. Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG ist.
 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 18; RL 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g, Abs. 2 Buchst. a

 

Streitjahr(e)

1993

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.08.2013; Aktenzeichen V R 13/12)

 

Tatbestand

Bei dem Kläger handelt es sich um einen eingetragenen Verein. Streitig ist zwischen den Beteiligten die Frage, ob die vom Kläger im Jahr 1993 entsprechend seiner satzungsgemäß wahrgenommenen Mitwirkung am ärztlichen Notfalldienst erbrachten Leistungen als steuerfrei gemäß § 4 Nr.18 - Umsatzsteuergesetz - UStG oder nach Gemeinschaftsrecht zu beurteilen sind.

Der Kläger verfolgt gemäß § 3 Abs. 2 seiner Satzung das Ziel, der Gesundheit und der Wohlfahrt des Volkes zu dienen. Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben arbeitet der Kläger mit anderen Vereinigungen und Einrichtungen zusammen, die auf den gleichen oder ähnlichen Gebieten tätig sind. Zu seinem Aufgabenbereich zählt gemäß § 3 Abs. 3 Abschn. II) Nr. 8 der Satzung u.a. auch die Mitwirkung im Ärztlichen Notfalldienst.

Mit Vertrag vom 6.5.1975 - dem Gericht in der Fassung vom 24.9.1993 vorliegend - traf der Kläger mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein - KVNo -, welcher als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 75 Abs.1 SGB V auch die Sicherstellung eines ärztlichen Notdienstes obliegt - eine Vereinbarung, nach welcher der Kläger als Erfüllungsgehilfe der KVNo folgende Leistungen zur Durchführung des ärztlichen Notdienstes zu erbringen hatte (§ 1 des Vertrages):

a) Bereitstellen von zwei mit Funk ausgerüsteten Kraftwagen mit je einem Fahrer zur Beförderung von Notfallärzten bei der Durchführung des ärztlichen Notfalldienstes.

b) Bereitstellen und Betrieb einer Leitzentrale zur Durchführung des für die Leistung der Kraftwagen erforderlichen Funk- und Fernsprechverkehrs.

c) Annahme und Vermittlung eingehender Notfallrufe.

d) Führen schriftlicher Aufzeichnungen über die Tätigkeiten gemäß a - c unter Verwendung bestimmter Formblätter, deren Inhalt mit der KVNo abzustimmen ist.

e) Fernmündliche Vermittlung von Konsiliarwünschen des Notfallarztes an Fachärzte.

Diese Leistungen sollten vom Kläger gemäß § 2 des Vertrages nachts sowie an den Wochenenden und Feiertagen erbracht werden. Die nähere Ausgestaltung der in § 1 des Vertrages aufgeführten Leistungen des Klägers wird durch § 3 dieser Vereinbarung geregelt. Außerdem existiert eine zwischen der Ärztekammer Nordrhein, der KVNo und dem Kläger vereinbarte „Dienstanweisung für den ärztlichen Notfalldienst” vom 1.4.1993, in der die Aufgaben des Dienstes und die erforderliche Ausstattung näher konkretisiert werden (Bl. 185 ff. der FG-Akte). Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.

Im Wesentlichen nahm die vom Kläger eingerichtete Leitzentrale Anrufe von Notfallpatienten entgegen und leitete diese an die jeweils diensthabenden Ärzte weiter. Im Bedarfsfall wurde mit vom Kläger eingesetzten Fahrern, bei denen es sich um ausgebildete Rettungshelfer unter Einsatz von Zivildienstleistenden handelte, und mit den hierfür bereitgestellten Fahrzeugen der jeweils diensthabende Arzt in seiner Wohnung oder Praxis abgeholt und zu den Notfallpatienten gebracht. Auf Wunsch des Arztes hatten die Fahrer diesen in die Patientenwohnung zu begleiten und ihm zu assistieren. Dies sei nach Darstellung des Klägers die Regel gewesen. Waren zur Versorgung der Patienten weitere Hilfsmittel (insb. Kranken- oder Rettungswagen) erforderlich, so konnten diese ebenfalls über die Leitzentrale angefordert werden.

Die Leistungen des Klägers sollten von der KVNo durch die Zahlung eines Pauschalbetrages pro Jahr, zahlbar in vierteljährlichen Raten, abgegolten werden (§ 5 des Vertrages vom 24.9.1993). In einem vom Kläger angestrengten Verwaltungsgerichtsverfahren vor dem VG Köln, Az. 8 K 47...

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