vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG – Interpolierende Betrachtungsweise – Grundstücksübertragung von Geschwistern auf nachgeborenen Sohn des Schenkers

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird ein Grundstück in Erfüllung einer entsprechenden Auflage des Schenkers von dessen beiden Kindern anteilig auf einen nach der Schenkung geborenen Sohn des Schenkers übertragen, so stellt sich der Erwerb als abgekürzter Weg der ansonsten erforderlichen Grundstücksübertragungen zwischen Verwandten in gerader Linie dar (Rückübertragung auf den Vater und erneute Übertragung auf alle drei Kinder), der auf Grund einer sogen. interpolierenden Betrachtungsweise der Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG von der Grunderwerbsteuer zu befreien ist.

 

Normenkette

GrEStG § 3 Nrn. 2, 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2015; Aktenzeichen II R 49/14)

 

Tatbestand

Mit notariellem Vertrag vom 21.3.1988 … übertrug der Vater des Klägers dessen Schwestern in Vorwegnahme der Erbfolge das im Grundbuch des Amtsgerichts A unter der katasteramtlichen Bezeichnung Gemarkung … zu gleichen Teilen. In dem Vertrag heißt es unter II. § 1 wörtlich:

„Die beiden Erwerberinnen sind zur Zeit die einzigen Abkömmlinge des Veräußerers. Sollten ihm ab heute noch ein oder mehrere weitere – eheliche – Kinder geboren werden, so sind die Erwerberinnen verpflichtet, ihre (künftigen) Geschwister so zu stellen, als ob diese zu den Bedingungen dieser Urkunde einen Miteigentumsanteil erworben hätten; die etwaigen künftigen Geschwister erhalten dann je einen Miteigentumsanteil so, dass jedes Kind einen gleich großen Anteil hält. Die dabei entstandenen Kosten trägt der Veräußerer.”

Der Vater behielt sich ein Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Objekt vor.

Der Kläger wurde … 1988 geboren. Mit notariellem Vertrag … übertrugen die beiden Schwester aus ihren hälftigen Miteigentumsanteilen an dem Grundstück … unter Bezugnahme auf ihre Verpflichtung aus dem notariellen Vertrag vom 21.3.1988 jeweils ein Drittel, mithin je ein Sechstel des Gesamtgrundstückes unter teilweiser Übernahme der Nießbrauchsverpflichtung auf den Kläger, so dass dieser zu insgesamt einem Drittel Miteigentümer wurde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.1.2013 setzte der Beklagte ausgehend von einer Bemessungsgrundlagen für die vom Kläger übernommene anteilige Nießbrauchsverpflichtung von 357.494 EUR Grunderwerbsteuer gegen den Kläger in Höhe von 5.958 EUR fest.

Der Kläger erhob am 20.2.2013 Einspruch und trug vor, sein Vater habe bereits im Zeitpunkt der Übertragung des Grundstückes auf seine Schwestern im Jahre 1988 den Kläger ebenfalls schenkweise bedenken wollen. Diese Schenkungen seien schenkungsteuerfrei. Jedenfalls sei der Befreiungstatbestand des § 3 Nr.6 GrEStG gegeben. Nach dieser Vorschrift seien Übertragungen zwischen Verwandten in gerader Linie von der Grunderwerbsteuer befreit. Zwar seien die beiden Schwestern und der Kläger nicht in gerade, sondern nur in der Seitenlinie miteinander verwandt, so dass eine wörtliche Anwendung ausscheide. Jedoch sei die Vorschrift zumindest analog anzuwenden. Auch die Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG seien eine analogen Anwendung zugänglich. Es liege eine planwidrige Gesetzeslücke vor. Eine Schenkung des Vaters an den gezeugten, aber noch nicht geborenen Sohn sei zivilrechtlich mangels Rechtsfähigkeit des Beschenkten, nicht möglich gewesen. Die ungeborene Leibesfrucht werde nur im Erbrecht als teilrechtsfähig angesehen (§ 1923 Abs.2 BGB). Ein Erwerb von Todes wegen von dem Vater wäre ebenso wie eine Schenkung unter Lebenden von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11.3.2014 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr.6 GrEStG sei unmittelbar nicht anwendbar, da die Geschwister nicht in gerader Linie verwandt seien. Für eine analoge Anwendung fehle es einer vergleichbaren Interessenlage zwischen der erbrechtlichen und der grunderwerbsteuerlichen Lage.

Der Kläger hat am 14.4.2014 Klage erhoben zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft.

Der Kläger beantragt,

den Grunderwerbsteuerbescheid vom 31.1.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.3.2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und bezieht sich auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Der Bescheid vom 31.1.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.3.2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Erwerb des Miteigentumsanteils von den Schwestern des Klägers ist von der Grunderwerbsteuer befreit. Dies ergibt sich auf Grund einer interpolierenden Betrachtungsweise der Befreiungsvorschriften des § 3 GrEStG.

Zwar scheidet eine Befreiung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge