Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnrealisierung bei Übertragung einer Kapitalgesellschaft auf eine ausländische Personengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Übertragung der das gesamte Nennkapital einer Kapitalgesellschaft umfassenden Beteiligung aus dem Betriebsvermögen einer inländischen Mitunternehmerschaft auf eine beteiligungsidentische ausländische (österreichische) Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschafterrechten im Rahmen einer Kapitalerhöhung handelt sich um eine Sacheinlage, die als tauschähnlicher Vorgang zu qualifizieren ist und die bei den einbringenden Gesellschaftern zu einer entgeltlichen Veräußerung führt.
  2. Als Entgelt für die Hingabe der Anteile gegen Verrechnung mit der Einlageschuld ist auch dann der gemeine Wert der hingegebenen Beteiligung anzusetzen, wenn eine Übertragung der Beteiligung zum Teilwert gewollt war und sich erst im Nachhinein herausstellt, dass der Teilwert zu niedrig bemessen wurde.
  3. Der Übertragungsvorgang ist auch bei Unterbewertung der Sacheinlage durch die aufnehmende Personengesellschaft nicht in einen tauschähnlichen Vorgang und in eine Entnahme bzw. Teilbetriebsaufgabe aufzusplitten.
  4. Das Bewertungswahlrecht des § 24 UmwStG ist nicht anwendbar, wenn es sich bei der aufnehmenden Personengesellschaft um eine ausländische Mitunternehmerschaft ohne Betriebsstätte im Inland handelt und dem deutschen Staat durch das einschlägige DBA das Besteuerungsrecht für diese Personengesellschaft entzogen wird.
  5. Nach dem DBA Österreich wird die Beteiligung einer Person an einer ein Unternehmen betreibenden Personengesellschaft in einem anderen Vertragsstaat wie eine Betriebsstätte dieser Person behandelt. Dies gilt auch bei grenzüberschreitenden doppelstöckigen Personengesellschaften.
  6. Bei zunächst unzutreffender Bemessung des Teilwerts könnte ein Zwischenwert i.S. von § 24 Abs. 2 UmwStG auch dann nicht als Veräußerungspreis berücksichtigt werden, wenn die aufnehmende Personengesellschaft ihren Sitz im Inland hätte. Dies würde vielmehr eine unzulässige rückwirkende Sachverhaltsgestaltung darstellen.
  7. Bei dieser Sachverhaltskonstellation kann die Sofortversteuerung der durch die Übertragung der Anteile aufgedeckten stillen Reserven keine ungerechtfertigte Beschränkung der europarechtlichen Grundfreiheiten darstellen.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1; BewG § 9 Abs. 2 S. 1, § 10; UmwStG § 24 Abs. 2; DBA-Österreich Art. 4

 

Streitjahr(e)

1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.07.2008; Aktenzeichen I R 77/06)

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Besteuerung der Übertragung der das gesamte Nennkapital einer Kapitalgesellschaft umfassenden Beteiligung auf eine österreichische Personengesellschaft.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG und gehört zur „B”. Im Streitjahr 1995 bestand die tatsächliche wirtschaftliche Betätigung der Klägerin ausschließlich in der Verwaltung von ausländischen Beteiligungen. Gesellschafter der Klägerin waren als Komplementärin die „C” GmbH (bis 28.11.1995) und die „D” GmbH (ab dem 29.11.1995); Kommanditisten waren die „E” Stiftung (74,25 %) und die „F” Stiftung (12,375 %), „G"(12,375 %) und die „H” GmbH (seit der Kapitalerhöhung zum 30.11.1995 mit 1 %).

Die Klägerin hielt zunächst sämtliche Anteile an der „A” in Ausland –"A” im Betriebsvermögen ihrer ausländischen Betriebsstätte. Mit Wirkung zum 25.2.1991 löste sie ihre ausländische Betriebsstätte auf und überführte die Anteile in das inländische Betriebsvermögen. Den Einbringungswert ermittelte sie im Einvernehmen mit der Konzernbetriebsprüfung - BP - nach der sogenannten Mittelwertmethode. Der errechnete Wert von 448.712.000 DM entsprach ungefähr den tatsächlich angefallenen Anschaffungskosten (d.h. Einbringungswert vom 25.2.1991 in Höhe von 346.962.400 DM zuzüglich der im Anschluss daran durchgeführten Kapitalerhöhungen). Entsprechend wurden die Gesellschaftsanteile der „A” in der Bilanz zum 31.12.1991 mit 448.712.000 DM berücksichtigt. Bis zum 31.12.1994 erhöhte sich der Wert aufgrund nachträglicher Anschaffungskosten auf 687.318.300 DM. Die „A” expandierte stark; so wuchs die Zahl der Filialen in Ausland von 25 (1976) auf 435 (12/1995), sodann auf 578 (2001) und 671 (2003).

Im Streitjahr 1995 erfolgte eine Neuordnung der Auslandsaktivitäten im Rahmen der „A"-Firmengruppe. Mit Vertrag vom 5.12.1995 (Bl. 76 FG Bd. I) übertrug die „A” Grundstücks GmbH & Co KG, deren Gesellschafter mit denen der Klägerin identisch sind, ihre Kommanditanteile (100 %) an der „I” KG und der „J” GmbH & Co KG sowie ihr Verrechnungskonto bei der „I” KG auf die Klägerin. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in Österreich. Die Übertragung erfolgte im wesentlichen zulasten der Rücklage der Klägerin bei der „A” Grundstücks GmbH & Co KG. Die Kommanditanteile an der „I” KG wurden mit einem Betrag von 20.394.720 DM und die Anteile an der „J” GmbH & Co KG mit 142.320 DM berücksichtigt; das Guthaben auf dem Verrechnungskonto bei der „I” KG belief sich auf insgesamt 705.992.124,61 DM. Die...

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