vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung: Bachelor-Studium im Steuerrecht nach Ausbildung zum Steuerfachgehilfen – Enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zur ersten berufsqualifizierenden Maßnahme – Unterrichtung der Familienkasse über geplante mehraktige Erstausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein im Anschluss an die Ausbildung zum Steuerfachgehilfen zum nächstmöglichen Semesterbeginn aufgenommenes Bachelor-Studium im Steuerrecht, das zum von vorne herein angestrebten Berufsziel führt, stellt aufgrund des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zur ersten berufsqualifizierenden Maßnahme einen integrativen Bestandteil der erstmaligen Berufsausbildung i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dar, für die ungeachtet einer parallelen Erwerbstätigkeit der Anspruch auf Kindergeld besteht.
  2. Für die Feststellung der Planung einer mehraktigen Erstausbildung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Unterrichtung der Familienkasse über diese Absicht an, sondern auf den im Entscheidungszeitpunkt erkennbaren Sachverhalt (entgegen DA-KG 2017, V 6.1 Abs. 1 Satz 8).
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.01.2019; Aktenzeichen III R 8/18)

BFH (Urteil vom 17.01.2019; Aktenzeichen III R 8/18)

 

Tatbestand

Die Klägerin bezog Kindergeld für ihren Sohn A (im Folgenden: A), geboren im Februar 1993. Im Anschluss an seine Schulausbildung (Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung) begann A im August 2011 ein 3-jähriges Ausbildungsverhältnis zum Steuerfachangestellten. Mit Bescheid vom 6.06.2014 hob die Beklagte (im Folgenden: Familienkasse) gegenüber der Klägerin die Kindergeldfestsetzung für A ab Juli 2014 auf, weil dieser seine Berufsausbildung voraussichtlich im Juni 2014 beenden werde.

Ende Juni 2016 beantragte A´ s Vater, der Ehemann der Klägerin, die Gewährung von Kindergeld, rückwirkend seit Mai 2014. Er trug vor, der Sohn habe sein angestrebtes Berufsziel noch nicht erreicht. Er habe nach seinem Abschluss zum Steuerfachangestellten (im Mai 2014) zum nächstmöglichen Zeitpunkt (September 2014) ein Studium an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management begonnen. Vorgelegt wurden Studienbescheinigungen für das 1. bis 4. Semester (Studienrichtung: Bachelor of Arts - Studienfach: Steuerrecht Teilzeit) sowie Nachweise über Vollzeit-Arbeitsverhältnisse als Steuerfachangestellter. Der Vater erläuterte, die weiterführende Ausbildung (Studium) sei als Teil der Erstausbildung anzusehen, so dass die Berufstätigkeit unschädlich sei. Im weiteren Verlauf machte die Klägerin den Kindergeldanspruch geltend.

Die Familienkasse lehnte die Kindergeldgewährung ab dem Monat Juli 2014 gegenüber der Klägerin ab (Ablehnungsbescheid vom 1.08.2016). Zur Begründung führte sie aus, A habe eine erste Berufsausbildung abgeschlossen und befinde sich derzeit in einer weiteren Berufsausbildung. Da er einer Vollzeit-Erwerbstätigkeit nachgehe, könne er gemäß § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht mehr berücksichtigt werden.

Außerdem hob die Familienkasse nach vorheriger Anhörung die Kindergeldfestsetzung gegenüber der Klägerin für Juni 2014 auf (Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 23.08.2016), weil A seine Berufsausbildung zu Beginn dieses Monats bereits beendet habe.

Gegen den Ablehnungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch. Sie erklärte, das Studium des Steuerrechts stehe als weiterführender Ausbildungsteil in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Ausbildung zum Steuerfachangestellten, so dass eine einheitliche Erstausbildung vorliege.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8.09.2016). Die Familienkasse führte aus, mit dem Bestehen der Prüfung zum Steuerfachangestellten habe der Sohn der Klägerin seine Erstausbildung beendet. Seine Vollzeitberufstätigkeit stehe einem Kindergeldanspruch entgegen.

Im Januar 2017 beantragte die Klägerin erneut Kindergeld für A ab Juni 2014. Sie wiederholte ihr früheres Vorbringen und fügte eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung des Sohnes für das Wintersemester 2016/ 17 bei. Die Familienkasse lehnte den Antrag ab (Ablehnungsbescheid vom 2.02.2017). Der hiergegen erhobene Einspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14.03.2017).

Mit ihrer Klage vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, die Ausbildung zum Steuerfachangestellten und der unmittelbar im zeitlichen Anschluss anschließende Studiengang seien als einheitliche Erstausbildung zu beurteilen, für die Kindergeld zu gewähren sei; es handele sich um eine sog. mehraktige Ausbildung, die vorgeschaltete Berufsausbildung sei dabei integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsganges. Wenn die Familienkasse nunmehr auf die Bindungswirkung des Ablehnungsbescheids vom 1.08.2016 hinweise, sei dem nicht zu folgen, weil die Familienkasse in der angefochtenen Einspruchsentscheidung eine vollständig neue Sachentscheidung getroffen habe.

Die Klägerin beantr...

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