Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf unbesichert begebenes Darlehens gegenüber Tochtergesellschaft in Belgien – Außerbilanzielle Korrektur der Teilwertabschreibung nach § 1 Abs. 1 AStG a.F. – Sperrwirkung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Grundsatz des „dealing at arm's length” nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA (Art. 9 DBA Belgien) ermöglicht nicht die außerbilanzielle Korrektur der Teilwertabschreibung bzw. der Aufwendungen aus dem Forderungsverzicht auf ein einer Tochtergesellschaft in Belgien ggf. in fremdunüblicher Weise gewährtes unbesichertes Darlehen nach § 1 Abs. 1 AStG a.F. (vgl. (BFH-Urteile vom 17.12.2014, I R 23/13, BFHE 248, 170, und vom 24.6.2015 I R 29/14, BFH/NV 2015, 1506; entgegen BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl. 2011 I, 277).
  2. Auf die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinses kommt es insoweit nicht an.
 

Normenkette

AStG i.d.F. des StVergAbG § 1 Abs. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2; OECD-MA Art. 9 Abs. 1; DBA Belgien Art. 9

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.01.2022; Aktenzeichen I R 15/21)

BFH (Urteil vom 27.02.2019; Aktenzeichen I R 73/16)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die steuerliche Abzugsfähigkeit einer Teilwertabschreibung/ bzw. eines Aufwands aus der Vereinbarung eines Darlehensverzichts zwischen der A GmbH und deren in Belgien ansässigen Tochtergesellschaft, der B N.V.

Die Klägerin ist Alleingesellschafterin und Organträgerin der A GmbH. Die A GmbH hält u.a. Anteile an der B NV. An dieser Gesellschaft ist sie zu 99,98% beteiligt. Die restlichen Anteile in Höhe von 0,02% hält die Klägerin. A GmbH führte u.a. auch für die B N.V. Verrechnungskonten. Die Verrechnungskonten wurden nach der Zinsstaffelmethode verzinst. Die Verzinsung erfolgte ab dem 1. Januar 2004 mit 6% p.a. Die Darlehen waren nicht besichert. Die Klägerin zahlte für einen von einer Bank gewährten Betriebsmittelkredit über mehrere Millionen Euro in 2005 Zinsen in Höhe von 3,14%.

Am 30. September 2005 schlossen die A GmbH und die B N.V. einen Vertrag über einen Forderungsverzicht gegen Besserungsschein. Verzichtet wurde auf einen Betrag von EUR 301.277,01. Nach übereinstimmender Auffassung der Parteien dieses Rechtsstreits war die Forderung der A GmbH zum Zeitpunkt des Verzichts wertlos. In dem handelsrechtlichen Jahresabschluss der A GmbH zum 31. Dezember 2005 ist der Aufwand aus Wertberichtigung/Verzicht enthalten. In den Steuererklärungen für 2005 wurde dieser Aufwand zunächst neutralisiert, weil es im Rahmen zurückliegender Betriebsprüfungen über die steuerliche Abzugsfähigkeit derartiger Aufwandspositionen unterschiedliche Auffassungen gab.

Auf Grundlage des Urteils des BFH vom 14. Januar 2009 I R 52/08, BStBl. II 2009, 674 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 14. Juli 2009 die Steuerfestsetzungen für 2005 nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO zu ändern und die Aufwendungen aus dem Forderungsverzicht als steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der Verzicht habe der Vermeidung einer drohenden Überschuldung der belgischen Tochtergesellschaft gedient.

Der Antrag wurde im Rahmen der für die Veranlagungszeiträume 2004 bis 2007 durchgeführten Betriebsprüfung gewürdigt. Die Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass der Forderungsverzicht gegenüber der B N.V. in Höhe von nominell EUR 301.277,01 als Verzicht auf Forderungen aus eigenkapitalersetzenden Darlehen einzuordnen sei (vgl. S. 7 des BP-Berichts der A GmbH; Anlage 5). Nach Auffassung der Klägerin und der Betriebsprüfung waren die Forderungen im Zeitpunkt des Verzichts nicht mehr werthaltig.

Über die Behandlung der Aufwendungen aus der Teilwertabschreibung bzw. dem Verzicht auf die Forderungen, die die Betriebsprüfung als eigenkapitalersetzende Darlehen im Sinne der BFH-Entscheidung vom 14. Januar 2009 (a.a.O.) qualifizierte, wurde während der Betriebsprüfung keine abschließende Entscheidung getroffen, da als Reaktion auf das BFH·Urteil vom 14. Januar 2009 (a.a.O.) ein BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Teilwertabschreibungen und anderen Wertminderungen auf Darlehen an verbundene ausländische Unternehmen angekündigt wurde (vgl. Fußnote zu der amtlichen Veröffentlichung dieses Urteils. a.a.O.).

Um die Betriebsprüfung dennoch abschließen zu können, wurde mit der Klägerin vereinbart, dass der Abschreibungs-/Verzichtsaufwand in den Bescheiden der Klägerin für 2005 nach Betriebsprüfung (Bescheid für 2005 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 10. Mai 2010 und Bescheid für 2005 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 11. Mai 2010) gem. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG i. V. m. § 15 Nr. 2 KStG für körperschaft- und gewerbesteuerliche Zwecke hinzugerechnet wird und die Klägerin anschließend Einspruch gegen diese Bescheide einlegt. Dies erfolgte mit Schreiben vom 2. Juni 2010.

Mit Teil-Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2013 lehnte die Beklagte die steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung unter Hinweis auf eine entsprechende außerbilanzielle Korrektur gem. § 1 Abs. 1 AStG ab.

Mit ihrer Klage macht ...

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