vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung von Wirtschaftsgütern einer KG auf Ein-Mann-GmbH & Co. KG des ausscheidenden Kommanditisten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG enthält eine durch normerhaltende Analogie zu schließende planwidrige Regelungslücke, soweit die Norm entgegen ihrem Zweck die steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer Ein-Mann-GmbH & Co. KG ihres (ausscheidenden) Mitunternehmers nicht erfasst.
  2. Dieser Übertragungsvorgang stellt keine steuerschädliche Veräußerung oder Entnahme i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG dar.
  3. Im Falle einer Sachwertabfindung durch – keinen Teilbetrieb umfassende - Einzelwirtschaftsgüter wird die entsprechende Anwendung von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nicht durch eine vorrangige Anwendung der Grundsätze der Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG ausgeschlossen.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1, S. 4, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, 3 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.03.2017; Aktenzeichen IV R 11/15)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Umstrukturierungsvorgänge bei der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausscheiden ihres Gesellschafters F, dem Beigeladenen, steuerneutral oder gewinnerhöhend zu behandeln sind.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie stellt Geräte und Anlagen zur zerstörungsfreien Werkstoffprüfung her. Im Jahr 2002 unterteilte sich das Unternehmen der Klägerin in sechs Geschäftsbereiche. In dem „Geschäftsbereich 5” wurden chemische Prüfmittel () entwickelt und produziert. Es handelt sich bei diesen Prüfmitteln um Verbrauchsgüter, die nicht nur von der Klägerin genutzt werden, sondern auch von Wettbewerbern erworben und eingesetzt werden können.

Im Jahr 2002 war der Beigeladene zu 36 v.H. als Kommanditist an der Klägerin beteiligt. Seine Hafteinlage belief sich auf 184.065,08 €. Er war zudem an der G zu 100 v.H. und an der H zu 90 v.H. beteiligt. Bei den beiden Gesellschaften handelt es sich um verbundene, ausländische Vertriebsgesellschaften, die mit Prüfanlagen, Ersatzteilen sowie Verbrauchsmitteln handeln. Die Beteiligungen waren zum 31.12.2001 mit einem Buchwert von insgesamt 152.369,35 DM (= 77.905,21 Euro) im Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen bei der Klägerin aktiviert. Zum 31.12.2002 betrug der gemeine Wert der beiden Beteiligungen zusammen – dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig – 377.070 Euro.

Mit Vertrag vom 16.12.2002 wurde die I GmbH & Co. KG (im Folgenden: I GmbH & Co. KG) mit dem Beigeladenen als alleinigem Kommanditisten und der J GmbH als Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung gegründet. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der J war der Beigeladene. Nach dem Gründungsvertrag der I GmbH & Co. KG hatte der Beigeladene seine Kommanditeinlage i.H.v. insgesamt 50.000 Euro zu einem Teil von 5.000 € in bar einzuzahlen. Im Übrigen sollte der Beigeladene seinen Kommanditanteil an der Klägerin in Höhe von 360.000 DM (= 184.065,07 €) auf die I GmbH & Co. KG übertragen. Die buchmäßig über die Einlage von 45.000 € hinausgehenden Vermögenswerte sollten in einer Kapitalrücklage zu erfassen sein. Die J GmbH wurde am 14.01.2004, die I GmbH & Co. KG am 21.02.2003 in das Handelsregister eingetragen.

Am 28.12.2002 fassten die Gesellschafter der Klägerin einen Beschluss, der auch von dem Beigeladenen als Vertreter der I GmbH & Co. KG unterzeichnet wurde. Sie vereinbarten im Wesentlichen folgende Maßnahmen:

Der Beigeladene sollte zum 31.12.2002 seine Beteiligungen an der G und an der H zu Buchwerten zu Gunsten seines Darlehenskontos bei der Klägerin einlegen. Die Kommanditbeteiligung des Beigeladenen an der Klägerin sollte sodann zum 01.01.2003 in voller Höhe von der I GmbH & Co. KG übernommen werden. Nach der Übernahme der Beteiligung sollte die I GmbH & Co. KG als neue Gesellschafterin ihren Austritt aus der Klägerin erklären. In diesem Zusammenhang sollte sie den Geschäftsbereich 5 der Klägerin übernehmen und fortführen. Sie sollte die hierzu gehörenden Wirtschaftsgüter (Anlagevermögen, Vorräte), Arbeits- und sonstige Vertragsverhältnisse übernehmen. Bei ihrem Ausscheiden sollten die Buchwerte der Eröffnungsbilanz der Klägerin zum 01.01.2003 zu Grunde zu legen sein. Das Kapitalkonto und das Darlehenskonto der In GmbH & Co. KG sollten von den verbleibenden Gesellschaftern der Klägerin übernommen werden.

Die I GmbH & Co. KG verpflichtete sich zudem, die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter fortzuführen. Ausgleichszahlungen zwischen den Parteien wurden ausdrücklich ausgeschlossen, weil der Wert des Mitunternehmeranteils des Beigeladenen an der Klägerin dem Wert des Geschäftsbereichs 5 entspreche.

Die Klägerin und die I GmbH & Co. KG behandelten die im Gesellschafterbeschluss vereinbarten Schritte insgesamt steuerneutral wie folgt:

Zum 31.12.2002 wurden die beiden aus...

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