vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 8/11)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeld für zwölf Monate beschäftigten polnischen Selbstständigen bei Bezug polnischer Familienleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein polnischer Staatsangehöriger, der mit seiner Familie in Polen lebt und teilweise polnische Familienleistungen bezieht und nach der Bescheinigung „E 101” in Polen sozialversicherungspflichtig selbständig tätig ist, so dass er während seiner inländischen unselbständigen Beschäftigung für einige Monate nicht der Versicherungspflicht unterliegt, hat gemäß Art. 14a Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 keinen Anspruch auf deutsches Kindergeld.

 

Normenkette

EStG 2002 § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EWGV 1408/71 Art. 2 Abs. 1; EWGV 574/72 Art. 11a; EWGV 1408/71 Art. 1 Buchst. a, Art. 14a Nr. 1 Buchst. a, Art. 4 Abs. 1 Buchst. h, Art. 13 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.05.2013; Aktenzeichen III R 8/11)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Kindergeld für die Monate Mai bis Oktober 2007.

Der Kläger ist polnischer Staatsangehöriger und Vater der am 14. Februar 1995 geborenen „A” sowie des am 26. Dezember 2000 geborenen „B”. Er lebt mit seiner Ehefrau und den Kindern in Polen.

Unter dem 14. März 2008 beantragte der Kläger – wie auch schon in den Jahren zuvor die Gewährung von Kindergeld für seine Kinder. In dem Antrag gab er an, in der Zeit von Mai 2007 bis Oktober 2007 bei einem Betrieb in „C” unselbständig tätig gewesen zu sein. Seine Ehefrau sei in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung weder selbständig noch unselbständig erwerbstätig gewesen. Er habe für die Kinder in der Zeit von September 2006 bis August 2007 in Polen Kindergeld erhalten.

Im Zusammenhang mit einem früher gestellten Antrag auf Gewährung von Kindergeld hatte der Kläger einen Bewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt „D” (Polen) vom 21. August 2006 vorgelegt, demzufolge seiner Ehefrau Kindergeld für die beiden Kinder für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 31. August 2007 bewilligt worden war.

Der deutsche Arbeitgeber des Klägers, die „E"GbR, bescheinigte dem Kläger, dass dieser in der Zeit vom 30. Mai bis 6. Juli 2007 und vom 16. August bis 12. Oktober 2007 in dem Betrieb in „C” beschäftigt gewesen sei. Ein Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesanstalt für Arbeit habe nicht bestanden, weil die „Bescheinigung E 101” vorgelegen habe.

Dazu legte der Kläger die entsprechenden Lohnsteuerbescheinigungen vor. Danach hatte er während seines Aufenthalts in Deutschland insgesamt 4.236,69 EUR brutto verdient.

Mit Bescheid vom 2. Mai 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Zur Begründung machte sie geltend, eine Berücksichtigung nach überstaatlichen Rechtsvorschriften könne nicht erfolgen, da die Voraussetzungen dafür (beitragspflichtige Beschäftigung bzw. Bezug von Lohnersatzleistungen) nicht erfüllt seien. Nach den vorliegenden Unterlagen sei der Kläger während seiner Beschäftigung in Deutschland nicht in Deutschland sozialversicherungspflichtig gewesen und habe daher nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterlegen.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 2008 Einspruch ein.

Zur Begründung machte er geltend, sein Kindergeldanspruch resultiere nicht aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit nach dem Bundeskindergeldgesetz, sondern aus der unbeschränkten Steuerpflicht nach dem Einkommensteuergesetz –EStG.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2008 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.

Mit der am 30. Juni 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Ergänzend macht er geltend, aus Art. 73 VO (EWG) 1408/71 ergebe sich für ihn ein Anspruch auf Kindergeld.

Da im vorliegenden Fall die Familienleistungen in Polen nicht von der Ausübung einer Erwerbstätigkeit abhingen, bestimme sich sein Anspruch nach Art. 10 Abs. 1 a VO 574/72 i.V.m. §§ 62 ff EStG. Dementsprechend bestehe sein Anspruch auf Kindergeld in Deutschland als Beschäftigungsland in voller Höhe; ein etwaiger Anspruch auf vergleichbare Leistungen in Polen ruhe.

Dass er die Voraussetzungen des § 62 EStG erfülle, sei unstreitig.

Sein Anspruch nach § 62 ff. EStG sei auch nicht nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgeschlossen, weil nach der VO 574/72 ein etwaiger Anspruch in Polen ruhe und insoweit der Ausschluss nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG mangels Vorliegen einer Kollision zweier Ansprüche tatbestandlich nicht zum Tragen komme.

Bei dem Formular E 101 handele es sich nicht um eine Entsendebescheinigung, sondern lediglich um einen Nachweis über die bestehende Sozialversicherungspflicht in einem (anderen) EU-Mitgliedstaat. Er sei allein bei einem deutschen Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Es habe lediglich aufgrund der Sozialversicherungspflicht in Polen keine solche in Deutschland bestanden.

Die Ausführungen der Beklagten zur Sozialversicherungspflicht in Polen seien irrelevant. Es gebe keinen ...

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