vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Berichtigung nach § 129 AO wegen fehlenden Nachprüfungsvorbehalts

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Unrichtigkeit eines Bescheids hinsichtlich des fehlenden Nachprüfungsvorbehalts ist nicht i. S. d. § 129 AO offenbar, wenn die in der Akte befindliche Durchschrift des Bescheids keinen Nachprüfungsvorbehalt enthält und das Versehen des Finanzamts auch nicht in gleichwertiger Weise deutlich zu Tage tritt.
  2. Für die Begründung einer unmittelbaren Änderungsbefugnis nach § 164 Abs. 2 AO reicht der Verstoß gegen eine interne Arbeitsanweisung der Finanzverwaltung ebenso wenig aus wie die Speicherung mit dem Zusatz „Vorbehalt der Nachprüfung” im Veranlagungsspiegel oder ein auf der Steuererklärung angebrachter Notizzettel mit der Aufschrift „VdN + vorl. wegen hoher Zinsen”. (gegen Urteil des FG Baden-Württemberg vom 11. Juli 2007 5 K 328/04, EFG 2007, 1659).
  3. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass ein angebliches mechanisches Versehen nachgeschoben wird, ohne dass sicher verifizierbar ist, ob es tatsächlich vorlag.
 

Normenkette

AO §§ 129, 164 Abs. 2, § 181 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2002

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.11.2012; Aktenzeichen VIII R 15/10)

 

Tatbestand

Streitig ist die Befugnis des Finanzamts zur Änderung eines Feststellungsbescheids nach § 164 Abs. 2 der AbgabenordnungAO – (i.V.m. § 129 AO) sowie die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen und Rechnungsabschlusskosten im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften für das Jahr 2002.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR – bestehend aus den Gesellschaftern Dr. Jürgen A. und Walter B., die zusammen eine Zahnarztpraxis betreiben.

Im Rahmen einer in den Jahren 2002 und 2003 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 1998 bis 2000 stellte der Beklagte folgenden Sachverhalt fest (vgl. Tz. 2.3 des Betriebsprüfungsberichts vom 17. März 2003 sowie Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2008):

Die Klägerin verfügt über ein Geschäftskonto (Nr. 123456) bei der Volksbank, auf dem Betriebseinnahmen eingehen und von dem Betriebsausgaben beglichen sowie Entnahmen der Gesellschafter getätigt werden. Des Weiteren eröffnete der Gesellschafter B. Ende November 1998 im eigenen Namen ein Sollkonto (Nr. 998877) bei der Sparkasse A-Stadt, über das auch die Ehefrau des Gesellschafters Dr. A., Frau Petra A., verfügungsberechtigt war. Von diesem Konto wurden vom 30. November 1998 bis zum 21. April 1999 (i) Betriebsausgaben der Praxisgemeinschaft bestritten, (ii) Rücküberweisungen auf das Gesellschaftskonto in Form abgestimmter Kostenerstattungen vorgenommen, die auf dem Gesellschaftskonto zu einem positiven Saldo führten sowie (iii) Zins- und Tilgungsleistungen für zwei Darlehen der Sparkasse A-Stadt über 145.000 DM (Nr. 556677) und 100.000 DM (Nr. 889900) erbracht (vgl. Blatt 48 ff. der Betriebsprüfungsakte – Betriebsprüfungsstelle – der Vor-Betriebsprüfung). Die Darlehen mit dem Verwendungszweck „Betriebsmittel” hatte der Gesellschafter B. am 1. Februar 1999 zur Begleichung des auf dem Sollkonto bestehenden Negativsaldos aufgenommen; die Darlehen waren dem Sollkonto gutgeschrieben worden. Schließlich eröffnete der Gesellschafter B. Ende Dezember 1998 im eigenen Namen ein Habenkonto (Nr. 776655) bei der Sparkasse A-Stadt. Diesem Konto wurden in der Zeit vom 5. Januar bis zum 2. Februar 1999 Beträge i.H.v. 167.000 DM gutgeschrieben, die von dem Gesellschaftskonto stammten. Hiervon wurde am 3. Februar 1999 ein Betrag i.H.v. 143.560,99 DM für private Zwecke der Eheleute B. verwendet. In der Zeit vom 3. Februar bis zum 6. April 1999 erfolgten weitere Gutschriften i.H.v. 77.300 DM von dem Gesellschaftskonto, wovon am 21. April 1999 unter Berücksichtigung der verbleibenden Einzahlungen aus Januar 1999 wiederum 98.151,87 DM für private Zwecke eingesetzt wurden. Das Habenkonto wurde am 22. April 1999 aufgelöst (Blatt 51 der Betriebsprüfungsakte – Betriebsprüfungsstelle – der Vor-Betriebsprüfung). Als Betriebsausgaben verbuchte die Klägerin die Schuldzinsen für die Darlehen 556677 und 889900 sowie die Rechnungsabschlusskosten für das Konto 998877 (Sollkonto).

Die Vor-Betriebsprüfung kam zu der Erkenntnis, dass sowohl das Soll- als auch das Habenkonto des Gesellschafters B. ein reines Privatkonto darstelle. Daher sei die Aufnahme der beiden Darlehen und damit der entsprechende Zinsaufwand nicht betrieblich veranlasst. Gleiches gelte für die Rechnungsabschlusskosten für die Girokonten des Gesellschafters B.. Der Gesellschafter B. habe die beiden Konten zur Verlagerung privaten Darlehensbedarfs in den betrieblichen Bereich eingerichtet. Vom Sollkonto seien betriebliche Überweisungen und Überweisungen auf das Gesellschaftskonto vorgenommen worden. Die dadurch auf dem Gesellschaftskonto frei gewordenen Habenüberschüsse seien auf das Habenkonto des Gesellschafters B. umgebucht und im Zeitpunkt der jeweiligen Darlehensauszahlung auf das Sollkonto dem Habenkonto ...

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