Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkungsteuerfreibetrag für Urenkel Steuerfestsetzung bei Übernahme der Schenkungsteuer im Innenverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG steht nur den Enkelkindern des Erblassers oder Schenkers, nicht jedoch auch dessen Urenkelkindern zu.
  2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG vorliegen, weil das Kind und das Enkelkind im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bereits verstorben waren.
  3. Die Schenkungsteuer kann ermessensfehlerfrei gegen den Beschenkten festgesetzt werden, wenn der Schenker die geschuldete Steuer nur im Innenverhältnis der Gesamtschuldner übernommen hat.
 

Normenkette

ErbStG § 10 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Nrn. 2-4; FGO § 69

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.07.2020; Aktenzeichen II B 39/20 (AdV))

 

Tatbestand

Die Antragsteller sind die Urenkel der im Jahr 1928 geborenen A. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. Juli 2018 übertrug A den Antragstellern im Wege vorweggenommener Erbfolge zu jeweils 1/4 Anteil das Mietwohngrundstück G. Der Großmutter B der Antragsteller wurde der lebenslängliche Nießbrauch an dem Grundstück eingeräumt. Unter V. 6. der notariellen Urkunde verpflichtete diese sich, „eine etwaig anfallende Schenkungsteuer, die auf Grund der heutigen Übertragung gegen einen der Erwerber festgesetzt wird, zu übernehmen und den jeweiligen Erwerber hiervon im Innenverhältnis freizustellen.”

Der Antragsgegner setzte mit zwei Bescheiden vom 16. Juli 2019 gegen die Antragsteller jeweils Schenkungsteuer fest. Dabei berücksichtigte er jeweils einen persönlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).

Mit ihren hiergegen eingelegten Einsprüchen trugen die Antragsteller vor: Ihnen stehe ein Freibetrag nach § 16 ErbStG zu. § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG sei auch auf Urenkel anzuwenden, obgleich diese in der Vorschrift nicht ausdrücklich erwähnt worden seien.

Der Antragsgegner wies die Einsprüche mit Entscheidungen vom 20. Februar 2020 zurück und führte aus: Den Antragstellern stehe nur ein Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zu. Der Gesetzgeber habe in § 15 Abs. 1 ErbStG Urenkel zwar der Steuerklasse I zugewiesen. Die dort verwendete Formulierung habe der Gesetzgeber in § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG jedoch bewusst nicht wiederholt. Vielmehr seien von dieser Bestimmung nur Kinder der Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 des § 15 Abs. 1 ErbStG und damit nicht auch Abkömmlinge der nächsten Generation erfasst. In Anbetracht der eindeutigen gesetzlichen Regelung könnten die von den Antragstellern genannten abweichenden Auffassungen im Schrifttum nicht überzeugen.

Die Antragsteller haben in dem Verfahren 4 K 692/20 Erb Klage erhoben. Ferner haben sie den vorliegenden Antrag gestellt, nachdem der Antragsgegner eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte. Die Antragsteller wiederholen im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

die Vollziehung der Schenkungsteuerbescheide vom 16. Juli 2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 20. Februar 2020 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe einer die Instanz in dem Verfahren 4 K 692/20 Erb abschließenden Entscheidung des Gerichts auszusetzen;

hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidungen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 8. Februar 2017 X B 138/16, BFH/NV 2017, 579).

Nach diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide vom 16. Juli 2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 20. Februar 2020. Der Antragsgegner dürfte zu Recht einen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG berücksichtigt haben.

Der Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG steht nur Kindern von Kindern „im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2” des § 15 Abs. 1 ErbStG zu. Der Wortlaut der Bestimmung spricht daher dafür, dass der Freibetrag nur den Enkelkindern des Erblassers oder Schenkers, nicht jedoch auch dessen Urenkelkindern zusteht. Denn die Urenkelkinder hat der Gesetz...

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