Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin für Umsatzsteuer(USt)-Schulden einer sog. unechten Vor-GmbH in Gesellschafterhaftung genommen werden kann. Durch Urkunde Nr. 11/1988 des Notars Dr. R. vom 8. Januar 1988 gründeten die Klägerin, eine Rechtsanwaltsgehilfin, und der Kaufmann … die„E + H Lebensmittelspezialitäten aus dem … GmbH” mit Sitz in V… (Bl. 2 ff. Dok). Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 50.000 DM und wurde von den beiden Gesellschaftern je zur Hälfte gehalten. 50 v.H. der beiden Stammeinlagen waren sofort fällig (Bl. 5 Dok).

Unternehmensgegenstand war der Handel und Vertrieb von … Lebensmittelspezialitäten insbesondere auf Messen und Ausstellungen. Gemäß § 5 der notariellen Urkunde galten alle ab dem 1. Januar 1988 bis zur Eintragung der Gesellschaft vorgenommenen Geschäfte als für Rechnung der GmbH abgeschlossen (Bl. 5 Dok). Über die sich daraus ergebende persönliche und solidarische Handelndenhaftung wurden die Gesellschafter vom Notar belehrt (Bl. 14 Dok). Im unmittelbaren Anschluß an die Vertragsbeurkundung wurde die Klägerin mit sofortiger Wirkung zur alleinigen Geschäftsführerin der Gesellschaft bestellt (Bl. 15 Dok).

Durch weitere notarielle Urkunden Nrn. 13 und 14/1988 desselben Notars vom gleichen Tage bekannten die Klägerin und der Kaufmann … – jeweils unter Zustimmung des anderen Gesellschafters und der Klägerin als Geschäftsführerin –, 18.800 DM ihres jeweiligen Gesellschaftsanteils treuhänderisch für Herrn … A. zu halten (Bl. 21 bzw. 16 Dok). Ebenfalls unter Billigung der Klägerin als Gesellschafterin und Geschäftsführerin trat alsdann am 26. Februar 1988 durch Urkunde Nr. 365/1988 des Notars Dr. R. der Kaufmann … seinen Geschäftsanteil an den Dipl.-Kaufmann … mit der Maßgabe ab, daß die Abtretung erst mit der Eintragung der GmbH ins Handelsregister wirksam werden sollte (Bl. 27 ff. Dok) und daß er – so die weitere Urkunde Nr. 366/1988 desselben Notars vom gleichen Tage – 18.800 DM seiner Beteilung ebenfalls nur treuhänderisch für Herrn … A. halten werde (Bl. 31 ff. Dok).

Die GmbH in Gründung (i. G.) ist nicht ins Handelsregister eingetragen worden (Bl. 8 USt, 8 GewSt). Ihren am 10. März 1988 bei der Stadt … angemeldeten Gewerbebetrieb meldete sie dort bereits zum 1. April 1988 wieder ab (Bl. 3, 15 GewSt). Am 7. April 1988 reichte sie beim Beklagten eine ÜSt-Voranmeldung für März 1988 ein, mit welcher sie eine Vorsteuererstattung in Höhe von 22.509,17 DM geltend machte (Bl. 1, 8 ÜSt). Den Erstattungsbetrag hatte sie bereits zuvor durch eine steuerlich formgerechte Abtretungsanzeige vom 29. März 1988, die von der Klägerin und dem Kaufmann … unterzeichnet war und am 31. März 1988 beim beklagten Finanzamt – FA – eingegangen ist, an die … Volksbank eG abgetreten (Bl. 6 GewSt). Der vorangemeldete Vorsteuerüberschuß wurde der Volksbank überwiesen.

Im Januar 1991 führte der Beklagte bei der GmbH i.G. für 1988 eine USt-Prüfung durch. Nach den Feststellungen des Prüfers hatte die Gesellschaft – ohne Umsatzaufzeichnungen – zumindest in O. und T. Verzehrstände auf Messen betrieben. Der Prüfer nahm auf der Grundlage des nachgewiesenen Wareneinsatzes nach Maßgabe des § 162 AbgabenordnungAO – eine Umsatzschätzung sowie verschiedene Vorsteuerberichtigungen vor und ermittelte so für 1988 eine USt-Schuld der GmbH i.G. in Höhe von 2.285,05 DM. Hierfür wird auf den Bericht über die USt-Prüfung verwiesen (Bl. 8 ff. USt).

Der Beklagte folgte dem Prüfer und setzte gegen die Gesellschaft durch Bescheid vom 5. Juni 1991 eine ÜSt für 1988 in Höhe von 2.285 DM fest, wodurch sich für die GmbH i.G. eine USt-Schuld im Gesamtbetrag von 24.794,17 DM ergab (Bl. 19 ÜSt). Auf den gegen den vorgenannten USt-Bescheid fristgerecht eingelegten Einspruch der Gesellschaft (Bl. 20 USt) hob der Beklagte den Bescheid durch Verfügung vom 23. Oktober 1991 auf und kündigte zugleich eine entsprechende USt-Inhaftungnahme der Gesellschafter an (Bl. 44 USt). Dies geschah durch Haftungsbescheide vom gleichen Tage, durch welche der Beklagte den Kaufmann … und die Klägerin für den vollen USt-Betrag von 24.794,17 DM gemäß §§ 191 AO, 705, 421, 427 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – jeweils in Gesellschafterhaftung nahm (Bl. 4 ff. Haftung, 18 FG). Ein weiterer ebensolcher Haftungsbescheid erging am 8. Januar 1992 gegen den Treugeber Arweiler (Bl. 77 FG).

Durch hiermit in Bezug genommene Einspruchsentscheidung vom 20. September 1994, zugestellt am 22. September 1994 (Bl. 16 ff., 21 FG), wies der Beklagte den fristgerecht (Bl. 3 Rb mit 18 FG) eingelegten Einspruch der Klägerin gegen ihre Inhaftungnahme als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die am Montag, den 24. Oktober 1994 beim Finanzgericht (FG) erhobene Klage, die am 9. November 1994 (Bl. 22 FG) an den zuständigen 2. Senats des Gerichts verwiesen wurde (Bl. 22 FG).

Aufgrund eines höchstrichterlichen Vorlageverfahrens an den ...

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