Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmer. Umwegfahrt. Tankstelle. Einkommensteuer 1993

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Unfall, den ein Arbeitnehmer auf der (Umweg-) Fahrt zu einer Tankstelle erleidet, führt nur dann zu Werbungskosten, wenn ein enger Zusammenhang der Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit der Betankung des Fahrzeugs besteht. Ein solcher Zusammenhang liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer seine Heimfahrt – ohne zu tanken – hätte zu Ende führen und das Fahrzeug am nächsten Tag an einer an der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte liegenden Tankstelle hätte betanken können.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4

 

Tenor

1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute. Sie werden beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 1993 bezogen der Kläger als kaufmännischer Angestellter und die Klägerin als Substitutin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Darüber hinaus sind dem Kläger Lohnersatzleistungen in Form von Konkursausfallgeld zugeflossen. In den Jahren 1990 bis 1993 absolvierte der Kläger einen Bilanzbuchhalterlehrgang beim Berufsförderungswerk des Saarlandes.

Bis zum 31. Dezember 1993 war der Kläger bei der S AG in V beschäftigt. Ab dem 1. Januar 1994 ist er zur L KG in M gewechselt. Da sein dortiger Vorgänger im Rechnungswesen bereits zum 30. September 1993 aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, hat er – neben seiner Haupttätigkeit und nach Aktenlage unentgeltlich – seit November 1993 „die notwendigsten Aufgaben dort erledigt und koordiniert” (Bl. 9 Rbh).

Am 23. Dezember 1993 befuhr der Kläger mit seinem PKW Toyota Corolla aus Richtung S kommend die Abfahrt der A 000 – Anschlussstelle V – in der Absicht links in die K-Straße einzubiegen. Hierbei verschuldete er gegen 20.40 Uhr einen Verkehrsunfall (Bl. 81 ff. ESt), bei dem sein Fahrzeug so erheblich beschädigt worden ist, dass er es anschließend für 500 DM veräußerte (Zeitwert zum Unfallzeitpunkt: 9.400 DM, Bl. 72 ff. ESt).

Bei der Durchführung der Veranlagung ließ der Beklagte die vorgenannten Aufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zu und erließ einen dementsprechenden Einkommensteuerbescheid. Nach der insofern erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens erhoben die Kläger am 27. Juli 2001 Klage.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Bescheides vom 18. März 1996 in Form der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2001 die Einkommensteuer 1993 unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten i.H.v. 8.900 DM festzusetzen.

Der Kläger habe am 23. Dezember 1993 gegen Ende der Heimfahrt von der Arbeitsstätte in M nach V bemerkt, dass die Tankanzeige aufgeleuchtet habe. Da es bereits gegen 20.30 Uhr gewesen sei, habe er gewusst, dass die Tankstelle in W, Sch-Straße bereits geschlossen habe. Deshalb habe er sich spontan entschieden, nicht an der Abfahrt W die A 000 zu verlassen, sondern noch ca. 1 km weiter an der Abfahrt V abzufahren und an der K-brücke sein Fahrzeug zu betanken. Auf dieser Umwegfahrt sei es zu dem selbst verschuldeten Unfall direkt an der Autobahnabfahrt gekommen (Bl. 1, 22).

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Der Versuch, die berufliche Veranlassung der Umwegfahrt darzulegen, könne nicht überzeugen, weil der zur Neige gehende Benzinvorrat nicht erst durch das Aufleuchten der Warnanzeige angezeigt worden, sondern dem Kläger bereits aus dem Stand der Tankanzeige bekannt gewesen sei. Aus der Tatsache, dass der Kläger auf der Heimfahrt trotz der Kenntnis über den relativ geringen Benzinvorrat die sich anbietenden naheliegenden Tankmöglichkeiten in M und S nicht wahrgenommen habe, sei zu folgern, dass er sein Fahrzeug – aus welchen Gründen auch immer – an der Tankstelle in V habe betanken wollen. Da hierfür berufliche Gründe nicht ersichtlich seien, sei der Werbungskostenabzug der Unfallkosten nach § 12 Abs. 1 EStG ausgeschlossen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat die streitigen Aufwendungen zu Recht nicht zum Steuerabzug zugelassen.

1. Rechtsgrundlagen

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG hinaus nicht nur Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, sondern alle Aufwendungen, die durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind. Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kommt jedoch ein Werbungskostenabzug grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar den Beruf fördern, daneben aber auch – ohne leicht nachprüfbare Trennbarkeit anhand objektiver Maßstäbe – der Lebensführung dienen (z.B. BFH-Urteil vom 27.April 1990 VI R 54/88, BFH/NV 1991, 85). Da Werbungskosten steuermindernd wirken, trifft die objektive Feststellungslast (Beweislast) für ihre Voraussetzungen den Steuerpflichtigen. Unt...

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