Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuordnung eines Mischbetriebs zum verarbeitenden Gewerbe. Maßgeblichkeit der Klassifikation der Wirtschaftszweige. Brechen, Mahlen und Mischen von Steinen zur Herstellung DIN-genormter Gemische

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes richtet im Investitionszulagenrecht auch für Gesetzesfassungen vor dem InvZulG 2010 nach der für das jeweilige Kalenderjahr geltenden Klassifikation der Wirtschaftszweige.

2. Die Anknüpfung an die Klassifikation führt nicht zu einer Verletzung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG.

3. In einem Rechtsstreit über die Frage, ob ein Betrieb zum verarbeitenden Gewerbe gehört, hat das FG die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen festzustellen und zu würdigen. Die Zuordnung sog. Mischbetriebe richtet sich dabei nach dem Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, der in erster Linie danach zu bestimmen ist, auf welche der Tätigkeiten der größte Wertschöpfungsanteil entfällt.

4. Im Streitfall hat das Gericht die Tätigkeit der Klägerin – das Brechen, Mahlen und Mischen von Natursteinen zur Herstellung DIN-genormter Gemische – als einheitlichen Prozess betrachtet und dahin gewürdigt, dass eine Tätigkeit des produzierenden Gewerbes vorliege, die jedoch dem – nicht begünstigten – Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden zuzuordnen sei, wobei es nicht darauf ankomme, ob der zur Beimischung verwendete Sand bzw. Splitt zugekauft oder selbst erzeugt wurde.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; InvZulG 2010 § 3 Abs. 1 S. 2; GG Art. 19 Abs. 4 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.09.2019; Aktenzeichen III R 29/17)

BFH (Urteil vom 19.09.2019; Aktenzeichen III R 29/17)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin investitionszulagebegünstigt ist, insbesondere weil ihre überwiegenden Tätigkeiten dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen sind.

Im Wesentlichen ist die Klägerin in den Bereichen Gewinnung und Aufbereitung von Hartsteinen, von Kies und Sanden und daneben in der Herstellung von Transportbeton tätig. Aus den gewonnenen Hartsteinen werden durch mehrmaliges Brechen, Mahlen, Sieben und Waschen sowie Beimischen Splitte und Mineralgemische erzeugt. Die abgebauten Kiese und Sande werden durch Sieben, Waschen und Brechen aufbereitet. Die fertigen Endprodukte müssen bestimmten Industrienormen genügen, um beispielsweise im Straßenbau eingesetzt zu werden.

Im Rahmen des Klageverfahrens wegen Investitionszulage 2002 (Az. 1 K 1584/06) fand eine Augenscheinseinnahme statt, bei der die einzelnen Verarbeitungsschritte dokumentiert wurden. Auf das hierzu existierende Protokoll vom 17. November 2008 nebst der Bilddokumentation wird Bezug genommen.

Am 1. März 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten eine Investitionszulage nach dem Investitionszulagengesetz 1999 für das Kalenderjahr 2004. Ihre ausgeübten Tätigkeiten bezeichnete sie mit „Gewinnung, Aufbereitung: Kies, Sand, Schotter, Splitt”. Weiter gab sie an, dass der Betrieb, in dem die (zu fördernden) Wirtschaftsgüter verbleiben oder verwendet werden, nach der (jeweils anzuwendenden) Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ) einer des verarbeitenden Gewerbes „nach Wertschöpfung 26.7 bzw. 26.8” sei. Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 2.192.964,38 EUR und einem Investitionszulagensatz von 25% beantragte sie eine Investitionszulage i.H.v. 548.241,10 EUR.

Nach einer beim Beklagten eingereichten Wertschöpfungsberechnung für 2005, welche aber auch für andere Jahre, insbesondere 2004, repräsentativ sei, ergibt sich Folgendes:

Gesamt

Sand/Kies

Sand/Kies

Hartstein

Hartstein

Gewinnung

Verarbeitung

Gewinnung

Verarbeitung

Produktionsmenge, in t

4.014.957,25

3.174.422,44

2.746.217,58

2.640.015,26

Umsatzerlöse, in EUR

21.468.895,36

610.785,68

8.306.910,28

138.159,99

12.413.039,41

+Innenumsatz Hartstein (Gewinnung-Verarbeitung), in EUR

7.085.039,99

+3.362.051,66

+3.722.988,32

-Innenbezug, in EUR

-7.085.039,99

-3.362.051,66

-3.722.988,32

-RHB/Energie, in EUR

-7.016.938,68

-1.955.730,57

-1.679.967,72

-2.081.086,60

-1.300.153,79

-Abschreibungen, in EUR

-2.099.565,30

-186.585,69

-1.138.669,38

-117.041,66

-657.268,57

Wertschöpfung, in EUR

12.352.391,38

1.830.521,08

2.126.221,52

1.663.020,05

6.732.628,73

Wertschöpfung je t, in EUR

0,46

0,67

0,61

2,55

Die Klägerin wies darauf hin, dass sich hieraus ein deutliches Überwiegen der Wertschöpfung aus der Verarbeitung (8.858.850,25 EUR, 71,7%) im Verhältnis zur Wertschöpfung aus Bergbau (3.493.541,13 EUR, 28,3%) ergeben würde.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2006 lehnte der Beklagte den Antrag auf Investitionszulage für das Kalenderjahr 2004 ab. Dagegen legte die Klägerin am 30. Mai 2006 Einspruch ein.

Den Einspruch vom 30. Mai 2006 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 3. Juni 2014 zurück. Am 1. Juli 2014 wurde Klage erhoben.

Im Rahmen der Klage hat die Klägerin folgende Wertschöpfungsberechnung für das St...

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