rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtberücksichtigung des bei der Ausgabe neuer Aktien vereinnahmten Agios im Rahmen der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos als offenbare Unrichtigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage auf Verpflichtung des FA zum Erlass einer Ermessensentscheidung nach § 129 S. 1 AO oder zur Berichtigung nach § 129 S. 2 AO ist statthaft.

2. Bei Anwendung einer komplizierten Rechtsvorschrift wird ein die Anwendung des § 129 AO ausschließender Rechtsfehler regelmäßig möglich sein. Gleiches gilt bei Anwendung einer nicht einfachen, neu eingefügten Vorschrift wie der des § 27 Abs. 2 S. 1 KStG.

3. Im Streitfall konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Betriebsprüfer oder der den Prüfungsbericht auswertende Veranlagungsbeamte das bei der Ausgabe neuer Aktien vereinnahmte Agio rechtsirrtümlich für unerheblich hielten oder auch nur insoweit keine rechtlichen Überlegungen anstellten, dass sie § 27 Abs. 2 S. 1 KStG nicht zur Anwendung brachten und das Agio nicht als Zugang zum steuerlichen Einlagekonto begriffen. Die Nichtberücksichtigung des Agios in der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos stellte daher keine offenbare Unrichtigkeit dar.

 

Normenkette

AO § 129; KStG § 27 Abs. 2; FGO § 40 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine offenbare Unrichtigkeit zu berichtigen sei.

Im Rahmen ihres Börsengangs im Jahr 2004 erhöhte die Klägerin ihr Grundkapital durch die Ausgabe von 1.000.000 Stückaktien. Der Ausgabepreis belief sich auf 1,– EUR je Stück, das Aufgeld auf 8,25 EUR je Stück.

In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 2004 gab die Klägerin dieses mit 0,– EUR an. Die Vordrucke KSt 1 F – 27/28 – (Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 Satz 1 KStG) und des durch Umwandlung von Rücklagen entstandenen Nennkapitals (§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG) waren der Erklärung nicht beigefügt. In der dem Finanzamt S eingereichten Bilanz auf den 31. Dezember 2004 wies die Klägerin diese hingegen mit 8.250.000,– EUR aus. Im dem Finanzamt S eingereichten Jahresabschluss wird erläutert, ein Agio von 8.250.000,– EUR sei in die Kapitalrücklage eingestellt worden. Das Aufgeld stammte aus dem Verkauf von 1.000.000,– Stückaktien.

Mit Bescheid vom 07. Juni 2005 stellte das Finanzamt S das steuerliche Einlagenkonto zum 31. Dezember 2004 gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG mit 0,– EUR fest.

Im von der Klägerin dem Finanzamt S eingereichten Geschäftsbericht für 2004 ist auf der Bilanz zum 31. Dezember 2004 die mit 8.250.000,– EUR ausgewiesene Kapitalrücklage wie andere Positionen abgestrichen. Dort findet sich ein handschriftlicher mit einer Paraphe und dem Zusatz „Bp819” versehener Vermerk vom 12. September 2005 der lautet: „vgl. i.B. Abschluss IFRS Seite 28”. Auf Seite 28 des Geschäftsberichts findet sich eine Überleitungsrechnung. Dort ist die Position Kapitalrücklage in der mit IFRS überschriebenen Spalte mit 7.266.954,23 EUR ausgewiesen, handschriftlich eingekreist und mit dem Vermerk „Zuschüsse nach IFRS anders behandelt” in einer Fußnote in derselben Handschrift versehen.

Die u.a. die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 KStG zum 31. Dezember 2004 betreffende Prüfungsanordnung des Finanzamts N datiert vom 16. August 2005.

Der Prüfer prüfte die Börseneinführung im Hinblick auf Aufwand und Vorsteuer. Er erstellte 2 Kontenblätter zur Kapitalentwicklung, auf denen er das Agio als Steigerung der Kapitalrücklage i.H.v. 8.250.000,– EUR berücksichtigte.

In der Prüferbilanz ist zum 31. Dezember 2004 eine Kapitalrücklage i.H.v. 8.250.000,– EUR ausgewiesen. In Anlage 6 zum Prüfungsbericht ging der Betriebsprüfer per 31. Dezember 2001 von einem steuerlichen Einlagekonto i.H.v. 2,– EUR aus, wobei er zum folgenden Feststellungszeitpunkt wie auch zum 31. Dezember 2003 einen Bestand desselben Kontos von 1,– EUR annahm. In der dem Beklagten vom Finanzamt N übersandten Kennzahlenübersicht ist hinsichtlich der Körperschaftsteuer für 2004 unter der Position „Einlagekonto vorangegangenes WJ” (Sachbereich 48; Kennzahl 117) kein Wert vor Prüfung, aber ein Wert nach Prüfung mit 1 angegeben. In der ebenfalls dem Beklagten übersandten Anlage 6 zum Prüfungsbericht ist unter der Überschrift „Gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. §§ 27, 28, 37 und 38 KStG” für 2004 das steuerliche Einlagenkonto lt. Prüfung mit 1,– EUR und unter der Überschrift „Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos und des Sonderausweises” der Bestand des Einlagekontos gemäß § 39 Abs. 1 / § 27 Abs. 2 KStG mit 1,– EUR und der Endbestand zum Schluss des Wirtschaftsjahres mit demselben Betrag angegeben.

Mit Bescheid vom 01. März 2006 stellte das Finanzamt S in Auswertung des Prüfungsberichts das steuerliche Einlagenkonto zum 31. Dezember ...

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