rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einräumung der Verwertungsbefugnis oder des Rechts zur Verwertung zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen durch einen Grundstücksentwicklungsvertrag. Austausch der Rechtsgrundlage für einen Grunderwerbsteuerbescheid

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Räumt der Grundstückseigentümer einem Bauträger durch einen Grundstücksentwicklungsvertrag das Recht zur Erschließung, Beplanung und Bebauung eines Grundstücks ein, so erlangt der Bauträger nicht die Verwertungsbefugnis im Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG, wenn er zur Veräußerung der in vorgegebener Weise bebauten Parzellen an Dritte ermächtigt und ihm ein Vorkaufsrecht eingeräumt wird, er jedoch nach der Vertragsgestaltung keine Möglichkeit hat, einen Aufschlag auf den dem Grundstückseigentümer zustehenden Verkaufspreis zu erheben, den er hätte vereinnahmen können.

2. Die Verwertung zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG erfordert anders als § 1 Abs. 2 GrEStG keine Beteiligung an der Substanz des Grundstücks. Vielmehr ist dieses Merkmal schon dann erfüllt, wenn dem Bauträger ein Ankaufsrecht sowie das Recht eingeräumt wird, dieses Ankaufsrecht zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen auf von ihm zu benennende Dritte als Enderwerber zu übertragen.

3. Der Austausch der einem Grunderwerbsteuerbescheid zugrunde gelegten Rechtsgrundlage (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 anstelle von § 1 Abs. 2 GrEStG) ist nur zulässig, wenn es sich um einen einheitlichen Lebenssachverhalt handelt und der besteuerte Lebenssachverhalt nicht gegen einen anderen ausgetauscht wird. Die Annahme eines einheitlichen Lebenssachverhalts muss nicht bereits daran scheitern, dass an den jeweils angenommenen Vorgängen verschiedene Personen, nämlich Eigentümer und Bauträger einerseits, Bauträger und Enderwerber anderseits, beteiligt waren.

 

Normenkette

GrEStG 1997 § 1 Abs. 2, 1 Nr. 6

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 2/3, dem Beklagten zu 1/3 auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

 

Tatbestand

Am 21.08.2001 schlossen B und C – die Grundstückseigentümer – mit der Klägerin einen notariell beurkundeten „Grundstücksentwicklungsvertrag über eine Teilfläche nebst Auflassungsvormerkung” – URNr. …, Notar D. Nach § 1 des Vertrages sollte eine ca. 2150 m² große Teilfläche des ca. 3252 m² großen Grundstücks E, Grundbuch von …, in 6 selbständige Grundstücke laut anliegender Skizze aufgeteilt werden, die mit Einfamilienhäusern bebaut werden sollten. Sämtliche mit der Planung verbundenen organisatorischen Maßnahmen, Behördengänge, Anträge bei Behörden und Grundbuchämtern sowie Aufträge an Vermessungsingenieure, Architekten usw. waren von der Klägerin auf ihre Kosten zu erledigen. Von den entstehenden Parzellen sollte die Parzelle Nr. 1 den Eigentümern verbleiben, die übrigen fünf Enderwerbern zum Verkauf angeboten werden. Die Vermarktung und Beplanung wurde der Klägerin übertragen. Die Grundstückseigentümer verpflichteten sich, das Grundstück nach Abschluss des Vertrages – mit Ausnahme der noch zu bestellenden Wegerechte – nicht zu belasten. Die Klägerin war „zum Abschluss von Kaufverträgen an die Enderwerber bevollmächtigt”. Die Grundstückseigentümer beauftragten die Klägerin, die Teilung des Grundstücks zu besorgen und alle diesbezüglichen Anträge zu stellen. Zu diesem Zweck wurde Vollmacht zur Vorbereitung der Teilung des Grundstücks und Bebauung und Weiterveräußerung erteilt, wobei die Grundstückseigentümer weder finanziell noch in sonstiger Weise verpflichtet werden durften. Die Grundstückseigentümer verpflichteten sich gegenüber der Klägerin, fünf der zu bildenden Parzellen zum Verkehrswert (für erschlossenes Bauland in F: GRZ 0,2/GFZ 0,4) an diese oder noch zu benennende Dritte (Enderwerber) zu veräußern. Die Benennung sollte innerhalb einer Zweijahresfrist ab Eintragung der Teilung im Grundbuch erfolgen. Für den zwischen den Eigentümern und den Enderwerbern der Parzelle noch zu schließenden Kaufvertrag wurde hinsichtlich der Fälligkeit des Kaufpreises zur Zahlung auf das Notaranderkonto eine dort näher beschriebene Regelung getroffen. In § 4 des Vertrages wurde zu Gunsten der Klägerin eine Auflassungsvormerkung bewilligt und beantragt.

Mit Beschluss vom 24.08.2001 wies das Amtsgericht G den Antrag auf Eintragung der Eigentumsübertragungsvormerkung zurück, weil ein zu Grunde liegender schuldrechtlicher Anspruch fehle und die Klägerin nicht Käuferin sei. Daraufhin schlossen die Grundstückseigentümer mit der Klägerin am 10.09.2001 einen Ergänzungsvertrag – URNr. …, Notar D –, durch den der Klägerin das vererbliche und nicht übertragbare und bis zum 31.0...

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