rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerermäßigung für einen auch Werbung enthaltenden zahnärztlichen Praxisratgeber

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Herstellung eines Praxisratgebers im Auftrag von auf die Zahnimplantologie spezialisierten Zahnärzten unterliegt auch dann dem ermäßigten Steuersatz für Druckerzeugnisse nach Nr. 49 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wenn der im Wesentlichen der gesetzlich notwendigen zahnärztlichen Aufklärung und Information dienende Ratgeber auch einen für die Praxis des jeweiligen Zahnarztes werbenden Teil enthält, der jedoch nicht den überwiegenden Zweck des Ratgebers bildet.

 

Normenkette

UStG 2005 § 12 Abs. 2 Nr. 1; UStG 2005 Anlage 2 Nr. 49 zu § 12 Abs. 2, 1

 

Tenor

Die Umsatzsteuer 2007 wird unter Änderung des Bescheides vom 24.02.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.03.2012 dahingehend neu festgesetzt, das Umsätze in Höhe von 105.209,00 EUR mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern sind.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Planung, das Lektorat und der Vertrieb von Werken der Literatur, Kunst und Wissenschaft. In den Streitjahren stellte sie die Druckschrift „Praxisratgeber …” bzw. „Praxisratgeber …” her und verkaufte diese an auf Zahnimplantologie spezialisierte Zahnärzte. Zu diesem Zweck schloss sie mit dem Zahnarzt einen „Herausgebervertrag über ein populärwissenschaftliches Werk” über zahnärztliche Implantologie ab, in dem der Zahnarzt eine individualisierte Ausgabe in einer bestimmten Auflage bestellte und sich verpflichtete, die zur Individualisierung des Ratgebers erforderlichen Inhalte (Editorial, Vorstellung der Praxis und Darstellung mehrerer Praxisbeispiele) bereitzustellen. Die allgemeine Konzeption des Ratgebers übernahm die Klägerin. Auf die in der Rechtsbehelfsakte (Bd. 1) befindlichen Verträge sowie die beispielhaft eingereichten Broschüren wird Bezug genommen. Die Zahnärzte gaben den Ratgeber kostenlos an Patienten ab, denen eine zahnprothetische Operation bevorstand. Die Klägerin unterwarf die Umsätze aus dem Verkauf der Broschüren dem ermäßigten Steuersatz für Druckerzeugnisse.

Im Ergebnis einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung sowie nach Einholung einer unverbindlichen Zolltarifauskunft bei der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt, die den Ratgeber als Werbedruck einstufte, änderte der Beklagte den Umsatzsteuerbescheid 2007 dahingehend, dass die Verkaufsumsätze dem regulären Steuersatz von 19 % unterworfen wurden. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, der Ratgeber stelle ein steuerbegünstigtes Druckerzeugnis nach Nr. 49 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) dar. Der Beklagte gehe von falschen Annahmen aus, wenn er vortrage, der Ratgeber werde von dem Zahnarzt an „potentielle” Patienten ausgehändigt, um ihr Interesse an einer Implantation in dessen Praxis zu „wecken”. Richtig sei vielmehr, dass der Ratgeber als wesentlicher Bestandteil der notwendigen zahnärztlichen Aufklärung Verwendung finde. Der „Individualteil” ändere nichts an der Eigenschaft des Ratgebers als Informations- und Aufklärungsschrift, dessen in jeder Ausgabe inhaltsgleicher redaktioneller Hauptteil von einem überregional anerkannten Fachmann für Implantologie verfasst worden sei. Er ermögliche es dem Patienten, sich zu Hause mit den einzelnen Behandlungsschritten vertraut zu machen und auf dieser Grundlage den Eingriff grundsätzlich oder bezüglich einzelner Behandlungsschritte mit dem behandelnden Zahnarzt besprechen zu können. Der Ratgeber liege daher auch nicht in den Arztpraxen zur Mitnahme aus, sondern werde dem Patienten nach einem Beratungsgespräch vom Zahnarzt zur Verfügung gestellt, wie mehrere Zahnärzte eidesstattlich versichert hätten. Zwar trage eine solche Verfahrensweise im Ergebnis zu einer Patientenbindung bei, jedoch sei der Ratgeber weder nach seiner Aufmachung und seinem Inhalt noch nach seinem Herausgabezweck auf Werbung ausgerichtet. In Bezug auf seinen Inhalt sei der Ratgeber mit den im Buchhandel angebotenen Ratgebern vergleichbar. Die wenigen individualisierten Bestandteile rechtfertigten nicht die Annahme, dass der Ratgeber „überwiegend Werbezwecken diene”, wie es die Ausnahmeregel in Nr. 49 der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vorsehe.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 vom 24.02.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.03.2012 Umsätze in Höhe von 105.209,00 EUR mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Ratgeber diene nach Aufbau, Inhalt und Zweck überwiegend Werbezwecken. Die Gestaltung las...

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