Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung. Uneinbringlichkeit einer Entgeltforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die nachträgliche Berichtigung einer Rechnung wirkt auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurück.

2. Eine Entgeltforderung ist nicht schon dann uneinbringlich, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1, § 14c Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 10 Abs. 2, Art. 17 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.09.2019; Aktenzeichen V R 38/17)

 

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, die Umsatzsteuer 2007 unter Änderung des Bescheides vom 26.10.2010 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 02.02.2015 dahingehend neu festzusetzen, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 1.665,40 EUR berücksichtigt werden.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger war Eigentümer des Geschäftsgrundstücks B…-straße in C… und vermietete dieses zu 42,865 % steuerfrei. Mit geändertem Umsatzsteuerbescheid vom 26.10.2010 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer im Anschluss an eine Betriebsprüfung auf 52.408,56 EUR fest und ging dabei von einer zum Vorsteuerabzug führenden steuerbaren und steuerpflichtigen Vermietung von nur 57,135 % aus. Für die Vorjahre wurde in ebenfalls geänderten Umsatzsteuerbescheiden der Vorsteuerabzug für den Gewährleistungseinbehalt und eine noch strittige Restzahlung aus Bauleistungen der D… GmbH nicht zum Abzug zugelassen, weil der Prüfer insoweit die Auffassung vertreten hatte, dass mit Zahlungen nicht mehr zu rechnen sei. Auf Textziffer 21 und 26 a des Betriebsprüfungsberichts vom 25.01.2010 wird verwiesen.

Im November 2011 beantragte der Kläger die Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 und reichte die Schlussrechnung der D… GmbH vom 28.12.2007 ein, die in der Buchführung bislang nicht enthalten gewesen war. Die darin ausgewiesene Differenz zwischen ausgewiesener und geleisteter Umsatzsteuer machte er i. H. v. 57,135 % (10.405,28 EUR) als Vorsteuer geltend. Er wies zudem darauf hin, dass er am 07.01.2011 eine Zahlung i. H. v. 21.917,05 EUR an die D… GmbH geleistet habe, wie sich dies aus dem Kontoauszug der F… Bank vom 07.01.2011 ersehen lasse. Auf den Einwand des Beklagten hin, dass die Leistung bereits in den Jahren 2004 und 2005 erbracht worden sei und der Leistende nur eine Steuer i. H. v. 16 % habe ausweisen dürfen, machte der Kläger geltend, dass die Hauptleistung die Herstellung der Fassade sowie der Treppengeländer und einzelner Metallarbeiten umfasst habe. Diese Arbeiten seien erst im Jahr 2007 fertiggestellt worden. Damit sei die Hauptleistung im Jahr 2007 erbracht worden, wenngleich das Abnahmeprotokoll aufgrund von zahlreichen Mängeln auf den 12.11.2008 datiere.

Mit Schreiben vom 13.03.2012 (Bl. 84 der Gerichtsakte) überreichte der Kläger eine berichtigte Schlussrechnung der D… GmbH vom 29.02.2012, mit der er eine Minderung der Umsatzsteuer 2007 von 52.408,56 EUR auf 38.340,52 EUR begehrte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen.

Mit Bescheid vom 21.06.2012 lehnte der Beklagte die Änderung des Umsatzsteuerbescheides 2007 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung berief der Beklagte sich darauf, dass im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden sei, dass der Kläger auf die zum 31.12.2006 gegenüber der D… GmbH bestehenden Verbindlichkeiten lediglich am 02.04.2008 einen Betrag i. H. v. 5.000,00 EUR bezahlt haben. Aus diesem Grunde seien die Verbindlichkeiten als uneinbringlich angesehen worden. Dem habe der Kläger nicht widersprochen. Auch aus den eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass zwischen dem Kläger und der D… GmbH zunächst Uneinigkeit hinsichtlich der vollständigen bzw. mangelfreien Arbeit der GmbH bestanden habe. Trotz Vorlage der Schlussrechnung vom 28.12.2007 sei der Kläger mehr als drei Jahre lang nicht bereit gewesen, den in Rechnung gestellten Restbetrag zu zahlen. Erst im Jahr 2011 habe er weitere Zahlungen i. H. v. 21.197,05 EUR und 37.839,10 EUR geleistet.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, dass nach Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 10 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie das Recht auf Vorsteuerabzug entstehe, sobald die Lieferung des Gegenstandes oder die Dienstleistung bewirkt worden sei. Dies sei hier im Jahr 2007 mit der Fertigstellung der Fassade und Vorlage der Schlussrechnung der Fall gewesen. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs de...

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