rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verpfändung von Gesellschaftsanteilen als Anwendungsfall des § 8a Abs. 2 KStG. Verfassungsmäßigkeit der Zinsschrankenregelung ernstlich zweifelhaft. Öffentliches Interesse an einer geordneten Haushaltsführung nicht vorrangig gegenüber Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Verpfändung von Gesellschaftsanteilen an der fremdfinanzierten Gesellschaft einen Anwendungsfall des § 8a Abs. 2 KStG darstellt.

2. An der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen der §§ 4h EStG, 8a KStG bestehen ernstliche Zweifel.

3. Der Einwand der Größenordnung der mit der Zinsschrankenregelung verbundenen Steuermehreinnahmen ist nicht geeignet, das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung als vorrangig gegenüber dem Interesse des Steuerpflichtigen an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beurteilen.

4. Ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen der Festsetzung von Nachzahlungszinsen und Solidaritätszuschlag ist unzulässig, wenn und soweit sich der Steuerpflichtige mit seinem Begehren allein gegen die Besteuerungsgrundlagen der zugrunde liegenden Steuerfestsetzung wendet.

 

Normenkette

EStG § 4h Abs. 1-2; KStG § 8a Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2-3; AO § 351 Abs. 2

 

Tenor

Die Vollziehung der Bescheide über Körperschaftsteuer 2008 sowie Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für 2009 und 2010 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer abschließenden Entscheidung in dem Verfahren 12 K 12163/11 ausgesetzt.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anwendbarkeit der § 4h des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 8a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sowie über die Frage, ob diese Regelungen mit dem Grundgesetz und europarechtlichen Vorgaben vereinbar sind.

Die Antragstellerin ist eine nach luxemburgischem Recht gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschafter sind die C Ltd. zu 25 %, die D S.àr.l zu 25 % und die E Ltd. zu 50%. Gesellschaftszweck der Antragstellerin ist es, ein im Jahre 2006 zum Preis von EUR … angeschafftes inländisches Grundstück in der … in … langfristig zu halten und zu verwalten. Über die Vermietung des Grundstücks hinaus entfaltet die Antragstellerin keine inländischen oder ausländischen Aktivitäten.

Der Kaufpreis für das Grundstück wurde in Höhe von EUR … durch Eigenkapital, ein Darlehen von der F Bank Limited (F) in Höhe von EUR … sowie ein Darlehen einer G Bank in Höhe von EUR … finanziert. Zur Absicherung des Darlehens gewährte die Antragstellerin dem Hauptdarlehensgeber F zahlreiche Sicherheiten, u.a. eine Grundschuld über das Grundstück in der …, die Sicherungsabtretung der eingehenden Mieten, die Verpfändung von Bankkonten sowie die Verpfändung von Versicherungsansprüchen. Zusätzlich wurden die Gesellschaftsanteile an die Bank verpfändet.

Die Antragstellerin erwirtschaftete im Jahr 2008 einen Verlust in Höhe von rund EUR 543 000. Hierin enthalten ist ein Zinsaufwand in Höhe von rund EUR 8,8 Mio. Das EBITDA der Gesellschaft betrug rund EUR 11,9 Mio. Da sich weder an der Vermietungssituation noch an den Aufwendungen (insbesondere Zinsen) der Folgejahre etwas geändert hat, wurden auch in den Jahren 2009 und 2010 ähnliche operative Ergebnisse erzielt. Aufgrund der Anwendung der Regelungen des § 4h EStG und § 8a KStG zur sog. Zinsschranke ergibt sich für 2008 demgegenüber ein Gesamtbetrag der Einkünfte der Antragstellerin in Höhe von rund EUR 4,7 Mio. Nach Berücksichtigung von Verlustvorträgen beträgt das zu versteuernde Einkommen rund EUR 2,7 Mio.

Die Antragstellerin reichte ihre Körperschaftsteuererklärung 2008 im Dezember 2009 bei dem Antragsgegner ein. Darin wendete sie die § 4h EStG, § 8a KStG an, wies aber gleichzeitig darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Zinsschranke nicht anwendbar sei. Am 10. Januar 2011 erließ der Antragsgegner die Bescheide über Körperschaftsteuer 2008 und Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer ab 2009. Dagegen legte die Antragstellerin Einspruch ein; gleichzeitig beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16. März 2011 ab. Am 31. Mai 2011 wies der Antragsgegner die Einsprüche der Antragstellerin zurück. Dagegen hat die Antragstellerin Klage erhoben, die bei dem Senat unter dem Aktenzeichen 12 K 12163/11 anhängig ist.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Verpfändung der Gesellschaftsanteile an F nicht als schädlicher Rückgriff im Sinne des § 8a Abs. 2 KStG auf ihre zu mehr als 25 % an ihr beteiligte Gesellschafterin E Ltd. anzusehen sei. Die vom Antragsgegner auf der Grundlage eines Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 04. Juli 2008 vertretene Gegenansicht stehe nicht mit Sinn und Zweck des § 8a Abs. 2 KStG im Einklang. Die Regel...

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