Entscheidungsstichwort (Thema)

Spekulationsgeschäfte i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1a EStG: Zur Grundstücksidentität („Nämlichkeit”) bei Grundstückveräußerung durch den ehemals erbauberechtigten Grundstückseigentümer. Einkommensteuer 1980 und 1981

 

Leitsatz (amtlich)

Errichtet eine Steuerpflichtiger als Erbbauberechtigter auf dem Erbbaurrecht ein Gebäude (hier: Einfamlienhaus) und veräußert nach Erwerb des Grundstücks bei gleichzeitigem Wegfall der Erbbaurechts-Belastung das Gesamtanwesen, besteht wischen dem mit der Erbbaurechts-Belastung erworbenen Grundstück und dem ohne Erbbaurechts-Belastung weiterveräußerten Grundstück eine Identität i.S.d. § 23 Abs. 1 EStG (sog. „Nämlichkeit”), so dass bei Anschaffung und Veräußerung des Grundstücks innerhalb der 2-Jahres-Frist des § 23 Abs. Nr. 1a EStG der auf das Grundstück entfallende Gewinn der Besteuerung unterliegt.

 

Normenkette

EStG 1980 § 23 Abs. 1 Nr. 1a, § 22 Nr. 2, § 2 Nr. 7

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Spekulationsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. §§ 22 Nr. 2, 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG vorliegt, wenn ein Grundstück, das zuvor vom Veräußerer als bisherigem Erbbauberechtigten erworben wurde, nach Löschung der Erbbaulast und innerhalb der Spekulationsfrist veräußert wird.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariellem Erbbauvertrag vom 8. April 1959 erwarben sie vom … (…) zu je 1/2 das Erbbaurecht an dem 1510 m² großen Bauplatz des im Erbbaugrundbuch von … eingetragenen Grundstückes Lgb.Nr. …. Auf diesem Grundstück errichteten die Kläger im Jahre 1960 ein Einfamilienhaus bei gleichzeitiger Überbauung des angrenzenden Flurstücks Nr. …. Aus diesem Grunde wurde das Erbbaurecht auf das letztgenannte Grundstück mit notariellem Nachtragsvertrag vom 19. April 1961 erweitert und das Grundstück Lgb.Nr. … dem Grundstück Lgb.Nr. … als Bestandteil zugeschrieben. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 c des Erbbauvertrages vom 8. April 1959 waren die Kläger zur Erschließung des Geländes durch entsprechenden Straßen- und Kanalausbau nach Maßgabe des Ortsbauplanes verpflichtet. Demgemäß haben sie im Jahre 1960 angefallene Erschließungsbeiträge in Höhe von 2.259 DM übernommen. Das Recht auf Überlassung des Grundstückes ergibt sich aus § 2 des Vertrages. Die Berechnung des Erbbauzinses ist in § 4 des Vertrages vom 8. April 1959 sowie in § 2 des Nachtragsvertrages geregelt; er beläuft sich seit 1. Januar 1959 auf jährlich DM 572,–.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 22. Juli 1980 erwarben die Kläger das zu ihren Gunsten mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück Flurstück Nr. … mit einer Größe von 2085 m² zum Preis von … DM. Unter Ziffer II des Vertrages bewilligten und beantragten sie die Eintragung einer Rückkaufsauflassungsvormerkung zu Gunsten des … für den Fall, daß vom erworbenen Grundstück eine selbständig bebaubare, ganz oder in der Hauptsache unbebaute Teilfläche abgetrennt oder veräußert wird. Als Kaufpreis wurde für diesen Fall ein Betrag von … DM pro m² vereinbart. Zugleich bewilligten und beantragten die Kläger unter Ziffer III des notariellen Vertrages die Löschung des in Bd. …, Heft … Abt. … Nr. … eingetragenen Erbbaurechtes und die Schließung des Erbbaugrundbuches von … Bd. … Heft ….

Noch vor der grundbuchmäßigen Erledigung dieser Anträge wurde das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 23. Juli 1980 zum Preis von … DM weiterveräußert. Die Kläger verpflichteten sich dabei mit einer Ausnahme zur lastenfreien Übertragung des Grundstückes. Lediglich die Auflassungsvormerkung zur Sicherung des Wiederkaufsrechtes des … blieb bestehen und mußte vom Erwerber übernommen werden. Zahlbar war der Kaufpreis gemäß § 9 des Vertrages in Höhe eines Teilbetrages von … DM sofort, in Höhe eines weiteren Teilbetrages von … DM bis zum 1. November 1980 sowie in Höhe des Restkaufpreises von … DM bei Räumung des Anwesens durch die Kläger, spätestens jedoch am 1. Juni 1981. Die entsprechenden Zahlungen erfolgten zu den genannten Terminen, wobei die Restkaufsumme zum 1. Juni 1981 entrichtet wurde.

In den von den Klägern zum 7. Juli 1982 eingereichten ESt-Erklärungen 1980 und 1981 blieben die bezeichneten Vorgänge unberücksichtigt. Das beklagte Finanzamt (FA) sah darin ein Spekulationsgeschäft. Nachdem es zunächst mit Datum vom 30. November 1982 einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ergangenen Steuerbescheid für 1980 erlassen hatte, änderte es diesen gemäß § 164 Abs. 2 AO mit Bescheid vom 15. Oktober 1984 und berücksichtigte dabei einen Spekulationsgewinn in Höhe von … DM. Für den Veranlagungszeitraum 1981 berücksichtigte es in den, den Klägern getrennt zugesandten ESt-Bescheiden vom 26. April 1985 einen Spekulationsgewinn in Höhe von … DM. Dabei legte das FA bei der Wertermittlung des Gebäudes ein vom eigenen Bausachverständigen auf der Grundlage des Baukostenindex erstellt...

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