Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für die Ablösung dinglicher Nutzungsrechte sind keine Anschaffungskosten. Prozessstandschaft einer nicht vollbeendeten Personengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Personengesellschaft ist steuerrechtlich so lange als materiell-rechtlich existent anzusehen, wie noch Steueransprüche gegen sie oder von ihr geltend gemacht werden und das Rechtsverhältnis zu den Finanzbehörden nicht endgültig abgewickelt ist.

2. Eine noch nicht vollbeendete Personengesellschaft ist befugt, als Prozessstandschafterin Klagen gegen Gewinnfeststellungsbescheide zu erheben.

3. Der Kostenbeitrag und die Entschädigungszahlung für die Löschung einer persönlichen Dienstbarkeit sind keine Anschaffungskosten i. S. d. § 255 Abs. 1 HGB, wenn diese in engem Zusammenhang mit der Grundstücksnutzung nach der Löschung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten und den hieraus erzielten Einkünften stehen.

 

Normenkette

EStG § 15a Abs. 4; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1; HGB § 255 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.06.2018; Aktenzeichen IV R 37/15)

BFH (Urteil vom 07.06.2018; Aktenzeichen IV R 37/15)

BFH (Beschluss vom 13.02.2018; Aktenzeichen IV R 37/15)

 

Tenor

1. Der Bescheid für 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 13.07.2010, der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2007 vom 02.07.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 17.05.2013 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die vormals Baustoffe, insbesondere Sand, Schotter und Kies, aus Eigenproduktion und Fremdbezug verkaufte und ein Kieswerk betrieb. An ihr waren die X Beteiligungsgesellschaft mbH als Komplementärin sowie –ab dem Jahr 2000– die Y GmbH & Co. Holding KG, später umfirmiert in Z GmbH & Co. Familienholding KG (im Weiteren: Holding KG), als Kommanditistin beteiligt. Mit Gesellschafterbeschluss vom 31.12.2007 wurde die Klägerin mit Wirkung zum Ablauf desselben Tages aufgelöst und als alleiniger Liquidator Herr X bestellt. Nach Beendigung der Liquidation wurde die Klägerin im Jahr 2011 im Handelsregister gelöscht.

Die Klägerin hatte von der Stadt A mit notariellem Vertrag vom 29.04.1985 das Grundstück B.1, Flurstück-Nr. 11…, in A sowie mit notariellem Vertrag vom 11.03.1986 das Grundstück B…1/2, Flurstück-Nr. 11…1, in A gekauft. Die Klägerin verpflichtete sich in den Kaufverträgen jeweils, keine Supermärkte, Discountgeschäfte oder ähnlich ausgerichtete Handelsbetriebe auf den Grundstücken zu betreiben. Zur Sicherung dieser Verpflichtungen wurde –wie in den Kaufverträgen vorgesehen– jeweils eine entsprechende beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. Die Grundstücke wurden ab dem Zeitpunkt des Erwerbs –wie zuvor von der Klägerin beabsichtigt– als Abstellplatz für die LKW der Klägerin sowie für die dazugehörige Verwaltung genutzt.

Mit notariellem Vertrag vom 13.12.2002 übertrug die Klägerin die Grundstücke unentgeltlich auf die Holding KG. Wie von der Holding KG bei Erwerb beabsichtigt, wurde die bisherige Nutzung beibehalten. Die Grundstücke wurden in den Sonderbilanzen zu den Steuerbilanzen der Klägerin –nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten zutreffend– als Sonderbetriebsvermögen der Holding KG geführt.

Mit notarieller Urkunde vom 28.04.2005 (Erbbaurechtsvertrag) bestellte die Holding KG der Q GmbH & Co. KG (im Weiteren: Q KG), die auf den Grundstücken einen Lebensmittelmarkt betreiben wollte, gegen Zahlung eines jährlichen Erbbauzinses von 96.000 EUR ein Erbbaurecht an den Grundstücken. Danach ist die Q KG berechtigt, auf und unter der Erdoberfläche der Grundstücke einen Lebensmittelmarkt samt Nebengebäuden und Parkplätzen zu errichten und zu haben. Im Erbbaurechtsvertrag ist ausgeführt, dass in der Zweiten Abteilung des Grundbuchs beschränkte persönliche Dienstbarkeiten für die Stadt A betreffend ein Verbot der Einrichtung von Supermärkten, Discountgeschäften oder ähnlich ausgerichteten Handelsbetrieben eingetragen sind.

Ziff. 10.1 des Erbbaurechtsvertrages lautet (auszugsweise):

„Aufschiebende Bedingung

Dieser Vertrag ist aufschiebend bedingt abgeschlossen. Der Vertrag erlangt volle Wirksamkeit, wenn alle unten genannten Bedingungen bis zum 30. April 2007 wie folgt eingetreten sind:

a)

Erteilung einer bestandskräftigen und vollziehbaren Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines eingeschossigen Lebensmittelmarktes ohne Sortimentsbeschränkung mit folgenden Mindestanforderungen:

…”

Zur Ermöglichung der Errichtung des von der Q KG geplanten Lebensmittelmarktes schloss die Holding KG am 31.01.2007 mit der Stadt A einen städtebaulichen Vertrag sowie einen Vertrag über die Verpflichtung zur Löschung einer Grunddienstbarkeit. Gegenstand des städtebaulichen Vertrags war die von der Stadt vorzunehmende Änderung des Bebauungsplanes für das die G...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge