Entscheidungsstichwort (Thema)

Schulgeldzahlungen an Schweizer Privatschule sind in den VZ 2002 und 2003 nicht als Sonderausgaben zu berücksichtigen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Schulgeldzahlungen an eine in der Schweiz belegene Privatschule können in den VZ 2002 und 2003 weder nach der Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in den vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 geltenden Fassungen noch nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 24a EStG i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13.12.2006 (BGBl I 2878) als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

2. Bei einer in der Schweiz belegenen Privatschule handelt es sich auch dann nicht um eine gemäß Art. 7 Abs. 4 GG genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule, wenn das Internat von der Kultusministerkonferenz ermächtigt ist, die Reifeprüfung nach der Ordnung für deutsche Privatschulen im deutschsprachigen Raum abzuhalten, denn es ist auf die formale Anerkennung der Schule als Deutsche Auslandsschule durch die Kultusministerkonferenz abzustellen

3. Da die Schweiz nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, bedarf es keiner europarechtskonformen Auslegung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG in der Fassung der Jahre 2002 und 2003. Auch aus dem Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz ergibt sich kein Anspruch auf Berücksichtigung des Schulgeldes.

4. Bei der Berücksichtigung von Schulgeldzahlungen für den Besuch einer Schule im EU-Ausland als Sonderausgaben ist auch bei eurparechtskonformer Auslegung fiktiv zu prüfen, ob einer Anerkennung der Schule nach deutschem Recht das Verbot der Sonderung der Schüler nach dem Besitzverhältnis der Eltern nach Art. 7 Abs. 4 S. 3 GG entgegensteht. Einige Freiplätze oder Schulgeldstipendien in Ausnahmefällen für besonders begabete oder besonders arme Schüler gewährleistet nicht die allgemeine Zugänglichkeit einer Schule.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9, § 52 Abs. 24a S. 1; GG Art. 7 Abs. 4; FZA Schweiz Art. 1-2, 5, 7, 9, 15-16, 21; EG Art. 43 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der im Jahre 1983 geborene Sohn A der Kläger (Kl) besuchte in den Streitjahren die privat finanzierte Schule mit Internat „X” in F (Schweiz) – im Folgenden: Schule –, das aufgrund von Beschlüssen der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz) ermächtigt war, die Reifeprüfung nach der Ordnung für deutsche Reifeprüfungen im deutschsprachigen Ausland abzuhalten (vgl. die Bescheinigung der Schule vom 14. Mai 2002 Bl. 144 d. Einkommensteuer –ESt-Akte 2002 und die Aufstellung des Sekretariats der Kultusministerkonferenz über die Prüfungen zur Erlangung einer deutschen Hochschulzugangsberechtigung an Schulen im Ausland Bl. 73f. d. Finanzgerichts – FG-Akte). Die Kl machten die entsprechenden Aufwendungen von insgesamt 50.150 EUR (75.226 CHF) für 2002 und 41.725 EUR (62.588,25 CHF) für 2003 als Sonderausgaben geltend. Hierin waren nicht nur die den allgemeinen Gebührenregelungen des Internats entsprechenden Schulgelder („Ecolage”) von 9.300 CHF und später 9.920 CHF pro Trimester, sondern auch die regulären Unterbringungskosten („Logement”) von mindestens 2.850 CHF pro Trimester sowie Essenskosten und Nebenkosten für Skiausflüge, Schulbücher und Ähnliches enthalten. Wegen der Einzelheiten der geltend gemachten Aufwendungen wird auf die Rechnungen v. 19. Dezember 2001, 20. März 2002, 3. Juli 2002, 18. Dezember 2002, 2. April 2003 und 3. Juli 2003 (Bl. 82 f. d. FG-Akte und Bl. 109ff. d. ESt-Akte 2003) Bezug genommen.

Der Beklagte (Bekl) berücksichtigte die Schulgeldzahlungen in seinen später aus Gründen, die nicht in Zusammenhang mit den hier streitigen Zahlungen stehen, mehrfach geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 27. Juli 2004 für 2002 und 23. Mai 2005 für 2003 nicht. Für den o.g. Sohn gewährte das Finanzamt in beiden Streitjahren den Freibetrag nach § 32 Abs. 6 des EinkommensteuergesetzesEStG – in der in den Streitjahren geltenden Fassung (a.F.).

Die Kl legten am 13. August 2004 gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 und am 23. Juni 2005 gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 Einsprüche ein. Sie begründeten diese damit, dass nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 2004 (XI R 32/03) die Aufwendungen für den Auslandsschulbesuch größtenteils als Sonderausgaben abziehbar seien und verwiesen darauf, dass die Schule unter der Rubrik „Prüfungen zur Erlangung der deutschen Hochschulzugangsberechtigung an Schulen im Ausland” der Kultusministerkonferenz seit 1950 vermerkt sei.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 13. November 2007 wies der Bekl die Einsprüche als unbegründet zurück. Er begründete dies hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Schulgelds damit, dass nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG (a.F.) die Schule entweder eine gemäß Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) staatlich genehmigte oder nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule oder eine allgemein bildende Ergänz...

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