Entscheidungsstichwort (Thema)

Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

Es stellt einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten dar, wenn unentgeltlich erworbene Aktienbezugsrechte am selben Tag verkauft und wieder gekauft werden, um für eine spätere Veräußerung Anschaffungskosten zu generieren.

 

Normenkette

AO § 42; EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.03.2017; Aktenzeichen IX R 5/16)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war im Streitjahr als Börsenmakler tätig. Zu Beginn des Jahres 1996 war er einer der beiden Geschäftsführer der Q&P GmbH. Diese wurde im Dezember 1997 in die … (Y AG) umgewandelt und gleichzeitig das Kapital auf 1,5 Mio DM aufgestockt. Das Kapital war danach in 300.000 Aktien zum Nennbetrag von 5 DM unterteilt, von denen der Kläger 30%, also 90.000 Aktien hielt.

Im Jahr 1998 verkaufte der Kläger zunächst seine Anteile an der Y AG in mehreren Tranchen bis auf 23.000 Aktien. Im Oktober 1998 erhöhte die Y AG ihr Kapital gegen Einlagen um 375.000 DM auf insgesamt 1.875.000 DM. In diesem Zusammenhang erhielt der Kläger für seine damals 23.000 Aktien 23.000 Bezugsrechte für junge Aktien (zum Bezugsrechtsverhältnis 4:1). Nach einem Hinzukauf weiterer 224 Bezugsrechte am 2. November 1998 verkaufte der Kläger am 5. November 1998 die damit auf 23.224 Stück aufgestockten Bezugsrechte und kaufte sie am selben Tag zurück. Beide Geschäfte erfolgten jeweils zum Stückkurs von 58 DM. Auf die Wertpapierabrechnungen des Bankhauses Z für den Kauf sowie für den Verkauf jeweils vom 5. November 1998 (Bl. 18, 19 Betriebsprüfungsakte) wird diesbezüglich verwiesen. Die Abrechnung des Verkaufs erfolgte unter der Auftragsnummer 67…/98 und unter der Abrechnungsnummer 44…/98, die Abrechnung des Kaufs unter der Auftragsnummer 66…/98 und unter der Abrechnungsnummer 77…/98.

Im November 1998 wurde im Wege einer weiteren Kapitalerhöhung gegen Einlagen das Kapital der Y AG um 375.000 DM auf 2.250.000 DM erhöht. Der Kläger erhielt in diesem Zusammenhang für seine ca. 28.109 Aktien ca. 28.109 Bezugsrechte zum Bezugsrechtsverhältnis 5:1. Nach Einlösung der Bezugsrechte aus den beiden Kapitalerhöhungen des Jahres 1998 verkaufte der Kläger im Laufe des Jahres 1999 in mehreren Schritten zahlreiche seiner Y AG Aktien.

Aus diesen Verkäufen und einigen anderen Transaktionen erklärte der Kläger in der am 29. September 2000 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 2.747.119 DM.

Mit Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 1. Februar 2001 veranlagte der Beklagte diesbezüglich antragsgemäß. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde am 15. März 2002 aufgehoben (Bl. 75 Einkommensteuerakte). Mit Einkommensteuerbescheid vom 23. Dezember 2004 (Bl. 85 ff Einkommensteuerakte) wurde der ursprüngliche Bescheid nach erfolgter Außenprüfung, die aufgrund einer Kontrollmitteilung des Finanzamts A vom 28. November 2002 (Bl. 36 ff Betriebsprüfungsakte) durchgeführt worden war, geändert. Erstmals wurden beim Kläger gewerbliche Einkünfte aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 5.093.016 DM und negative Einkünfte aus Leistungen von 1.219.456 DM angesetzt. Im Vorfeld der Änderung hatte der Kläger gegenüber dem Beklagten am 6. März 2003 u.a. wie folgt Stellung genommen (Bl. 9 Betriebsprüfungsakte):

„ (…) Ich habe mich damals an die Transaktionen meiner Kollegen gehalten, um so keinen Misskredit über die Beteiligungsverhältnisse an der Fa. Y aufkommen zu lassen. Nachdem klar war, dass ich aus der Y AG ausscheide, wollte ich natürlich meinen Beteiligungsbestand abbauen. Auch wurden Bezugsrechte wieder verkauft. (…)”

Mit weiterem Bescheid vom 25. Mai 2005 (Bl. 92 ff Einkommensteuerakte) änderte der Beklagte den Bescheid gemäß § 129 der Abgabenordnung (AO). In den Erläuterungen zum Bescheid heißt es u.a.: „Die Berichtigung erfolgte, da Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften vorliegen und keine Einkünfte aus Leistungen (Übertragungsfehler)”.

Gegen den Änderungsbescheid vom 23. Dezember 2004 legte der Kläger am 19. Januar 2005 Einspruch ein (Bl. 98 Einkommensteuerakte). Er bat um Ruhen des Verfahrens wegen eines beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen IX R 33/04 anhängigen Verfahrens. Das Einspruchsverfahren ruhte beim Beklagten zunächst wegen dieses Verfahrens. Nach Abschluss dieses Verfahrens ruhte das Einspruchsverfahren weiterhin wegen des beim BFH unter dem Aktenzeichen IX R 60/07 anhängigen Verfahrens.

Der Kläger führte am 13. Juni 2012 u.a. aus (Bl. 125 Einkommensteuerakte 1999), der Handel mit Bezugsrechten unterliege einer besonderen Konstellation. Aufträge könnten zeitgleich erteilt werden, würden aber nicht sofort, sondern erst nach Schließung des Skontros durch den Makler ausgeführt....

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