Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerliche Behandlung von Floating (Kunden schweben in konzentrierten Salzwasserlösungen, so dass die Last des eigenen Körpergewichts entfällt und die Muskeln sich vollkommen entspannen können). Regelsteuersatz, wenn Voraussetzungen eines Heilbades nicht vorliegen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das sogenannte Floaten unterliegt dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG und nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG, wenn der Unternehmer nicht nachweist, dass die Leistung als medizinische Heilbehandlung erbracht wird und damit ein Heilbad vorliegt, dass Heilzwecken dient.

2. Für die Gewährung des ermäßigkten Steuersatzes ist es nicht ausreichend, wenn die Leistung „ihrer Art nach” eine medizinische Heilbehandlung ist, soweit sie gleichzeitig im Wellnessbereich und zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens genutzt werden kann.

3. Vom Floating geht keine allgemein (in jedem Fall) heilsame Wirkung aus.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.05.2013; Aktenzeichen V R 23/12)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Floating dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UmsatzsteuergesetzUStG – unterliegt.

Die Klägerin ist eine beim Amtsgericht X unter HRA 123… eingetragene GmbH & Co. KG mit Sitz in Y. Sie bietet seit Dezember 2007 in Y Salzwasser – Schwebebäder in speziellen Kapseln (sog. Floating – Tanks) an.

In den Floating – Tanks schweben die Kunden in konzentrierten Salzwasserlösungen, so dass die Last des eigenen Körpergewichts entfällt und die Muskeln sich vollkommen entspannen können (Prof. A, B Kliniken, C, Informationsschreiben – Bl. 60 GA). Die Tanks sind schallisoliert. Der sensorische Input wird auf ein Minimum reduziert (Dr. D, Die Wirkungen von Flotation Restricted Environmental Stimulation Therapy – REST – vom 04. August 2007, Bl. 63 GA). Die durchschnittliche Dauer einer Anwendung beträgt 50 bis 60 Minuten.

Die Methode wird einerseits zur Entspannung in Wellnessbereichen andererseits zu therapeutischen Zwecken eingesetzt, z.B. zur Heilung stressbedingter Erkrankungen und Bluthochdruck, in der Orthopädie, Dermatologie und Sportmedizin. Es handelt sich um eine physikalische Therapieform. Derartige Therapien fassen medizinische Behandlungsformen zusammen, die auf physikalischen Prinzipien wie Wärme, Gleichstrom, Infrarot, UV-Licht, Wasseranwendungen und mechanischen Behandlungen wie Massage beruhen (vgl. Sachverständigengutachten vom 21. Juli 2011).

Auf Antrag vom 11. Dezember 2007 erteilte der Beklagte unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs am 23. Januar 2008 eine verbindliche Auskunft (Bl. 78 Gerichtsakte – GA –) dahingehend, dass die Floating – Leistung dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Umsatzsteuergesetz unterliege. Mit Schreiben vom 26. Januar 2009 (Bl. 25 GA) widerrief der Beklagte die verbindliche Auskunft. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Über den Einspruch hat der Beklagte bisher nicht entschieden.

Mit Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2009 meldete die Klägerin Umsätze in Höhe von 12.792 Euro an und beantragte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (12.792 Euro × 7 % = 898,44 Euro). Der Beklagte lehnte die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ab und setzte mit Bescheid vom 25. September 2009 die Umsatzsteuer auf die Floating – Leistung mit dem Regelsteuersatz (19 %) in Höhe von 2.430,48 Euro fest (Bl. 27 GA).

Die Klägerin hat am 01. Juli 2009 Sprungklage nach § 45 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO – erhoben. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 17. Juli 2009 der Sprungklage zugestimmt (Bl. 46 GA).

Zwischenzeitlich änderte der Beklagte den Umsatzsteuerbescheid über die Festsetzung der Vorauszahlungen für das erste Kalendervierteljahr 2009 mit Bescheid vom 06. Juli 2009 – der damit Gegenstand des Verfahrens geworden ist (§ 68 FGO) – mit der Begründung, dass die verbindliche Auskunft jedenfalls für Januar 2009 noch Wirkung entfalte. Er setzte zugunsten der Klägerin auf Umsätze in Höhe von 8.029 Euro Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz (19 %) in Höhe von 1.525,51 Euro und auf Umsätze in Höhe von 4.763 Euro Umsatzsteuer mit dem ermäßigten Steuersatz (7 %) in Höhe von 333,41 Euro fest.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass Floaten einem Heilbad nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG gleichzusetzen sei. In Abschnitt 12.11 Umsatzsteueranwendungserlass – UStAE – (ehemals Abschnitt 171 Abs. 3 Umsatzsteuerrichtlinien – UStR –) seien Heilbäder beispielhaft aufgeführt. Das Floaten sei den Meerwasserbädern gleichzusetzen, da das für die Herstellung der Salzsole verwendete Magnesiumsulfat dem Meerwasser entspreche. Darüber hinaus würden nach der Richtlinie auch Saunabäder als Heilbäder verstanden, da sie allgemeinen Heilzwecken dienen würden. Dies spreche für eine extensive Auslegung des Begriffs. Es sei nicht erforderlich, dass im Einzelfall ein bestimmter Heilzweck nachgewiesen se...

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