Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Behandlung eines im Vergleichswege erreichten teilweisen Darlehensverzichts der Bank im Zusammenhang mit unter Berufung auf die Rechtsprechung zu Schrottimmobilien geltend gemachten Ansprüchen auf Rückabwicklung des Kaufs von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Haben die Steuerpflichtigen nach dem Erwerb von Anteilen an einem geschlossenen Immobilienfonds Schadenersatzansprüche unter Berufung auf die BGH-Rechtsprechung zur Rückabwicklung von Grundstückskaufverträgen über sog. „Schrottimmobilien” geltend gemacht, wobei sie sich wegen des institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer der finanzierten Fondsanteile als geschädigte Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung zu ihren Lasten, erfolgt durch unrichtige Angaben des Verkäufers über das Anlageobjekt, berufen haben, und haben sie sich daraufhin mit der Bank auf einen Vergleich geeinigt – Anerkennung der Verpflichtung zur Zahlung der Restschuld aus dem Darlehensverhältnis, Zahlung eines Teilbetrags von 40 % der gegenüber der Bank noch bestehenden Restschuld, Übertragung der finanzierten Fondsanteile auf einen von der Bank benannten Dritten –, so ist dieser Vergleich als Rückabwicklung des Darlehensverhältnisses sowie des Fondsanteilserwerbs und nicht etwa als (nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist nicht mehr steuerbares) privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu werten.

2. Haben die Steuerpflichtigen durch den mit dem Vergleich bewirkten teilweisen Schulderlass (hier: in Höhe von 60 % der Darlehensforderung der Bank) Schadensersatz für alle ihnen durch den Erwerb der Fondsanteile entstandenen Schäden (überhöhter Kaufpreis für die Fondsanteile sowie zu viel bezahlte Schuldzinsen für den Teilbetrag, um den der Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Fondsanteile überstiegen hat) erhalten, so ist der erlassene Betrag teilweise als Rückzahlung von Schuldzinsen und teilweise als Minderung der ursprünglichen Anschaffungskosten für die Fondsanteile zu behandeln, wobei die Aufteilung des Erlassbetrags nach dem Verhältnis der Anschaffungskosten für die Fondsanteile einerseits zu den bis zum Erlasszeitpunkt entstandenen Schuldzinsen andererseits vorzunehmen ist (Anschluss an Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung v. 15.7.2008, S 2211.1.1-2/2 St32/St33, Einkommensteuerkartei Bayern § 21 EStG Karte 17.1).

3. Diese Rückerstattung von Schuldzinsen (siehe 2.) führt im Veranlagungszeitraum des Erlasses in der entsprechenden Höhe zu einem Zufluss von Einnahmen der Steuerpflichtigen aus Vermietung und Verpachtung; die Rückerstattung von Anschaffungskosten der Fondsanteile führt, soweit sie nicht anteilig dem Grund und Boden zuzuordnen ist, zu einer Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage für das Gebäude.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 S. 1, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 31.01.2017; Aktenzeichen IX R 26/16)

 

Tenor

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

3.) Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob zu Lasten der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung negative Werbungskosten in Form zurückerstatteter Schuldzinsen anzusetzen und der Werbungskostenabzug für Absetzungen für Abnutzung (AfA) aufgrund einer um erstattete Anschaffungskosten nachträglich geminderten Bemessungsgrundlage zu kürzen ist.

Die Kläger beteiligten sich ab dem 30. Dezember 1992 als Ehegatten gemeinsam mit drei Anteilen an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) „X GbR”. Die Anschaffungskosten der Beteiligung finanzierten sie durch Aufnahme eines Darlehens in Höhe von 54.050,71 EUR bei der A-Bank Y.

Zweck der GbR war der Erwerb, die wirtschaftliche Ausnützung und die Verwaltung von Grundbesitz in Form eines geschlossenen Immobilienfonds. Der Fonds war von der ZmbH (Z) aufgelegt worden. Nach Darstellung der Kläger waren sie von einem Vertriebsmitarbeiter der Z zur Beteiligung an diesem Fonds geworben worden. Der Vermittler hatte sie im Oktober 1992 in ihrer Privatwohnung aufgesucht, ihnen die Möglichkeit der Steuerersparnis bei Beteiligung an dem Fonds vor Augen geführt und dabei auch einen gewinnbringenden Verkauf der Fondsanteile zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt. Über die damit verbundenen Risiken hatte der Vertriebsmitarbeiter die Kläger nicht aufgeklärt. Der Vertriebsmitarbeiter hatte den Klägern zudem versprochen, sich um die erforderliche Finanzierung zu bemühen, und ihnen den Kreditvertrag mit der A-Bank Y vermittelt. Dabei hatte der Mitarbeiter die Kläger nicht darüber aufgeklärt, dass dafür neben der offen ausgewiesenen Außenprovision noch weitere nicht offengelegte Innenprovisionen gezahlt werden würden. Die Kläger hatten mit d...

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