Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung eines Veräußerungsgewinns in sog. Mischfällen, bei denen zwar bei der Gesellschaft, nicht jedoch bei dem Gesellschafter die Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 EStG abgelaufen ist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Veräußert eine GbR ein Grundstück außerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, ist der Gewinn anteilig von den Gesellschaftern der GbR zu versteuern, die zum Zeitpunkt der Veräußerung ihren Gesellschaftsanteil nicht bereits zehn Jahre halten (= bruchteilsmäßiger Durchgriff durch die vermögensverwaltende Personengesellschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO).

2. Über den Veräußerungsgewinn des Gesellschafters ist im Gewinnfeststellungsverfahren zu befinden, da er durch eine gemeinsame Tatbestandsverwirklichung der Gesellschafter erzielt wurde.

 

Normenkette

EStG 2006 § 23 Abs. 1 Sätze 1, 4; AO § 39 Abs. 2 Nr. 2, § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.01.2014; Aktenzeichen IX R 9/13)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Am 20. Dezember 1991 wurde die „… GbR” (nachfolgend: H-GbR) gegründet, deren Zweck der Ankauf und die Modernisierung der Immobilie A-Straße 10 sowie deren Vermietung und Verwaltung ist.

Der Kläger (Kl) und der Beigeladene zu 2.) sind die einzigen Gesellschafter der H-GbR, die nicht Gründungsgesellschafter sind. Der Kl erwarb seinen Gesellschaftsanteil (400/1.545) von dem Gründungsgesellschafter X. Da dieser Ende des Jahres 1994 in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, gewährte der Kl ihm mit Vertrag vom 03. März 1996 zur Ablösung eines gekündigten Bankkredits ein Darlehen im Höchstbetrag von DM 120.000,– mit einem Zinssatz von 7 % für die Laufzeit von einem Jahr. In dem Vertrag trat Herr X zur Sicherheit für das Darlehen und die Honoraransprüche des Kl seinen Geschäftsanteil an der H-GbR an den Kl ab. Insoweit war weiter geregelt, dass der Kl jederzeit berechtigt sein sollte, die Abtretung offen zu legen und den Mitgesellschaftern anzuzeigen. Vereinbarungen darüber, wie der Kl ggf. die Verwertung des ihm übertragenen Sicherungsgutes vornehmen sollte, wurden nicht getroffen. Irgendwelche über die Verwertung hinausgehenden zusätzlichen Rechte an dem Gesellschaftsanteil wurden dem Kl weder schriftlich noch mündlich eingeräumt. Im Folgenden zahlte Herr X das Darlehen nicht wie vereinbart mit monatlichen Zahlungen von DM 10.000,– (einschließlich Zinsen) zurück, sondern bediente es zu keinem Zeitpunkt. Da zeitnah nach dem Rückstand der dritten Darlehensrate deutlich geworden war, dass Herr X das Darlehen nicht werde zurückzahlen können, erklärte sich dieser damit einverstanden, dass der Kl den Gesellschaftsanteil freihändig verkaufen solle, um von dem Veräußerungserlös sein Darlehen zurückzuführen und den Überschuss an Herrn X auszukehren. Nachdem der Kl zu den Wertvorstellungen der Beteiligten keinen Interessenten für den Erwerb des Gesellschaftsanteils gefunden hatte, kam es am 27. Juni 1997 zur Abtretung des H-GbR-Anteils an die Y GmbH, die diesen treuhänderisch für den Kl erwarb. Nach Auflösung dieses Treuhandverhältnisses wurde der Kl im Jahr 2004 unmittelbar als Inhaber des H-GbR-Anteils im Grundbuch eingetragen.

Der Beigeladene zu 2.) erwarb seinen Geschäftsanteil an der H-GbR (20/1.545) mit Wirkung zum 01. August 2003 von Herrn Z.

Nach § 3 Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrags der H-GbR (nachfolgend: GV) ist der jeweilige Geschäftsführer zur Geschäftsführung der Gesellschaft bestimmt. Von allen Gesellschaftern akzeptiert nimmt seit Jahren die B GmbH, vertreten durch den Beigeladenen zu 2.), die Geschäftsführung wahr. Gemäß § 3 Ziff. 4 GV benötigt der Geschäftsführer im Innenverhältnis u.a. zur Veräußerung einer Immobilie einen zustimmenden Mehrheitsbeschluss nach § 8 GV. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Inhalt des GV wird auf denselben Bezug genommen (Bl. 90 ff. GA).

Nachdem in der Gesellschafterversammlung am 16. Juni 2004 in Abwesenheit des Kl der Beschluss gefasst worden war, den Mietern die Wohnungen zu einem definierten Preis anzubieten, veräußerte die H-GbR am 25. August 2006 und 30. Oktober 2006 ohne Kenntnis des Kl zwei Wohneinheiten an Nichtmieter.

In der Feststellungserklärung der H-GbR für das Jahr 2006 erklärte die Beigeladene zu 1.) – neben einem laufenden Verlust aus Vermietung und Verpachtung –VuV– und Kapitaleinkünften – in der Anlage SO für „Anteil D / F” unter Angabe der Anschaffung am 01.01.2006 und der Veräußerung am 31.12.2006 einen als „selbst ermittelter Gewinn/Verlust” bezeichneten und in Ziff. 39 eingetragenen Veräußerungsgewinn i.H. von insgesamt EUR 45.885,– (Bl. 7 Feststellungsakte 2006). Hierzu hatte sie den Veräußerungsgewinn des Kl i.H. von EUR 44.567,43 und des Beigeladenen zu 2.) i.H. von EUR 1.318,28 in separaten Anlagen zur Feststellungserklärung berechnet (vgl. Bl. 25, 27, 29 Feststellungsakte 2006) und in Ziff. 39 der Anlage SO sowie in der Anlage FE 2 zusammengefasst wiedergegeben.

Mit Bescheid fü...

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