Entscheidungsstichwort (Thema)

Von Versicherung erstattete, auf zuvor von der Versicherung gezahlte Verdienstausfallentschädigung entfallende Einkommensteuer als nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbare Entschädigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Verpflichtet sich nach einem Verkehrsunfall eines Gewerbetreibenden die gegnerische Haftpflichtversicherung zur Zahlung einer Verdienstausfallentschädigung in Höhe des Nettoverdienstausfalls sowie zur späteren Übernahme der darauf entfallenden Einkommensteuer, so handelt es sich nicht nur bei der eigentlichen Abfindung, sondern auch bei der später von der Versicherung nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids übernommenen Einkommensteuer um eine nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbare Entschädigung „für entgangene und entgehende Einnahmen”. Dass die Schadenersatzleistung nicht in einer einzigen Abfindungsleistung erbracht wurde, ändert nichts an der Steuerpflicht der Gesamtleistung der Versicherung.

2. Es sind keine Gründe ersichtlich, eine Brutto- und ein Nettoabfindungsvereinbarung einkommensteuerrechtlich unterschiedlich zu behandeln.

 

Normenkette

EStG § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1 Buchst. a, § 12 Nr. 3, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtstreits.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die dem Kläger von einer Versicherungsgesellschaft im Streitjahr erstattete Einkommensteuer in Höhe von 121.609,85 EUR als Entschädigung für entgangene Einnahmen steuerpflichtig ist.

Der Kläger ist … und betreibt eine …agentur. Am 19. Juni 2003 erlitt der Kläger mit seinem Motorrad einen Verkehrsunfall mit einem anderen Verkehrsteilnehmer und wurde dabei nicht unerheblich verletzt. Über die Höhe der Einstandspflicht des Unfallgegners bzw. seiner Versicherung bestand Uneinigkeit. Nachdem die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners – die … Versicherung (im Folgenden: Versicherungsgesellschaft) – zuvor bereits Zahlungen auf die Schadensposition Schmerzensgeld geleistet hatte, wurde zwischen dem Kläger und der Versicherungsgesellschaft am 8. Juni 2011 eine abschließende Einigung über den Verdienstausfallschaden des Klägers getroffen. Diese sah vor, dass die Versicherungsgesellschaft dem Kläger ohne Anerkennung einer rechtlichen Pflicht und allein im Interesse einer einvernehmlichen und abschließenden Erledigung der Ansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfall eine Abfindungszahlung in Höhe von 300.000,00 EUR leistet. Ausdrücklich nicht von der Abfindung umfasst war der auf den Verdienstschaden entfallende Steuerschaden. Insoweit verpflichtete sich der Kläger, unmittelbar nach Erhalt des betreffenden Einkommensteuerbescheids diesen vor Eintritt der Bestandskraft an die Versicherungsgesellschaft weiterzuleiten und auf Weisung und auf Kosten der Versicherung diesbezüglich ein steuerliches Rechtsbehelfsverfahren zu führen (vgl. Abfindungserklärung Bl. 37 der Einkommensteuerakte 2013).

Die im Jahre 2011 zugeflossene Abfindungszahlung in Höhe von 300.000,00 EUR unterwarfen die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung für 2011 als außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) der Besteuerung. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) veranlagte erklärungsgemäß und erließ gegen die Kläger einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid. Dieser sah eine Steuernachzahlung in Höhe von 124.649,90 EUR vor und erwuchs in Bestandskraft.

Im Streitjahr 2013 ersetzte die Versicherungsgesellschaft dem Kläger die auf die Abfindungszahlung in Höhe von 300.000,00 EUR entfallende Einkommensteuer in Höhe von 121.609,85 EUR. Diese Zahlung erklärten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung als laufenden Gewinn aus dem Gewerbebetrieb des Klägers gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Das FA veranlagte erklärungsgemäß.

Gegen den Einkommensteuerbescheid für 2013 legten die Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Diesen Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 10. November 2015 als unbegründet zurück. Nach der Auffassung des FA gehört auch die im Jahr 2013 geleistete Zahlung der Versicherungsgesellschaft in Höhe von 121.609,85 EUR zu den Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG.

Die Kläger haben am 11. Dezember 2015 beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, dass die Übernahme der Einkommensteuer durch die Versicherungsgesellschaft einen nicht steuerbaren Vorgang darstelle. Es werde ein Schaden der privaten Vermögensebene ersetzt. Die dem Kläger zu leistende Verdienstausfallentschädigung sei nach der sog. Nettomethode berechnet. Entgegen der Auffassung des FA sei die Berechnung einer unfallbedingten Verdienstausfallentschädigung nicht zwingend nach der sog. Bruttomethode vorzunehmen, sondern auch nach der sog. Nettomethode möglich.

Bei der dem Kläger ersetzten Einkommensteuer handele es sich um einen gesonderten Schadensposten, welcher nicht steuerbaren Schadensersatz darstelle. Die Erstattung der auf die Verdienstausfallentschädigu...

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