Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerpflicht bei dem Verkauf von Pelzmänteln über ebay

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Leistender i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG bei einem ebay Verkauf ist derjenige, der über das ebay-Konto nach außen auftritt und auf dessen Namen und Bankverbindung das ebay-Konto angemeldet ist.

2. Steht eine Tätigkeit mit der bisherigen Tätigkeit eines Unternehmers in keinem sachlichen Zu- sammenhang, ist sie seiner unternehmerischen Sphäre erst dann zuzurechnen, wenn der Unternehmer auch im Rahmen seines neuen Tätigkeitsfelds nachhaltig Leistungen gegen Entgelt i. S. d § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG erbringt

3. Bei dem Verkauf von Pelzmänteln im Zuge einer Haushaltsauflösung über die Internetplattform ebay liegt eine private Vermögensverwaltung und keine umsatzsteuerpflichtige Lieferung vor, wenn der Verkäufer die Internetplattform nicht von vornherein für eine längere, unbestimmte Dauer, sondern nur für 13 Monate nutzt und insgesamt lediglich 142 Jacken veräußert.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.08.2015; Aktenzeichen XI R 43/13)

 

Tenor

1. Die Umsatzsteuerbescheide für 2004 vom 29. Januar 2010 und für 2005 vom 4. Juli 2007, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Februar 2010, werden dahingehend geändert, dass die Nettoumsätze zu 16% für 2004 um 28.223,– EUR und für 2005 um 49.196,– EUR reduziert werden.

2. Die Neuberechnung der Umsatzsteuer 2004 und 2005 wird dem Beklagten übertragen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500,– EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bei 1.500,– EUR oder darunter, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre gab die Klägerin als „Art des Unternehmens” „Finanzdienstleistung” an. Die für 2004 ermittelte Umsatzsteuer betrug 1.154,80 EUR und die für 2005 760,59 EUR. Nach § 4 Nr. 11 Umsatzsteuergesetz in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG) steuerfreie Umsätze hatte die Klägerin in Höhe von 6.831,– EUR (2004) und 3.719,– EUR (2005) angegeben. Die beim Beklagten am 31. Mai 2005 (2004) und 24. Februar 2006 (2005) eingegangenen Umsatzsteuererklärungen galten gemäß § 168 Satz 1 Abgabenordnung (AO) als Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung in 2005 (s. Bericht vom 27. Juni 2005; Betriebsprüfungsakten – Bp-Akten – Blatt 3) änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung für 2004 gemäß § 164 Abs. 2 AO, ohne den Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. August 2005 setzte er Umsatzsteuer 2004 in Höhe von 1.507,63 EUR fest. Unentgeltliche Wertabgaben (private Kfz-Nutzung) berücksichtigte er in Höhe von 114,– EUR. Abziehbare Vorsteuerbeträge kürzte er von 509,65 EUR auf 174,93 EUR (s. Tz. 20 des Berichts; Bp-Akten Blatt 5).

Auch die Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 wurde gemäß § 164 Abs. 2 AO geändert, ohne dass der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 11. Januar 2007 setzte der Beklagte Umsatzsteuer 2005 in Höhe von 919,68 EUR fest. Unentgeltliche Wertabgaben („umsatzsteuerpflichtiger Anteil am Pkw-Eigenverbrauch für den XXX”) berücksichtigte er in Höhe von 170,– EUR. Abziehbare Vorsteuerbeträge kürzte er von 385,97 EUR auf 254,08 EUR („Aufteilung im Verhältnis steuerfreie zu steuerpflichtigen Umsätzen”).

Am 8. Februar 2006 ging beim Beklagten eine anonyme Anzeige eines „erlichen Bürgers” ein (Ermittlungsakten Band I Blatt 2). Dieser führte u.a. aus, ihm sei aufgefallen, dass die Klägerin und ihr Ehemann in den letzten Jahren „in Internet (ebay) unter verschiedenen Internetnamen (N 1, N 2, N 3, N 4) mehrere Hundert Pelzware verkauft hat”. Der Beklagte bat aufgrund dessen die Steuerfahndung (Steufa) um Prüfung. Diese ermittelte Folgendes:

In den Jahren 2005 und 2006 wurden über das ebay-Konto N 2 Umsätze in Höhe von 54.166,06 EUR erzielt (2005: 21.862,06 EUR und 2006: 32.304,– EUR), in den Jahren 2003-2006 über das ebay-Konto N 5 Umsätze in Höhe von 8.148,40 EUR (2003: 188,50 EUR, 2004: 3.311,02 EUR, 2005: 4.433,38 EUR und 2006: 215,50 EUR), in den Jahren 2005 und 2006 über das ebay-Konto N 4 Umsätze in Höhe von 15.568,72 EUR (2005: 3.653,25 EUR und 2006: 11.915,47 EUR), in den Jahren 2004 und 2005 über das ebay-Konto N 6 Umsätze in Höhe von 87.383,57 EUR (2004: 33.032,41 EUR und 2005: 54.351,16...

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