Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftliche Eingliederung einer Bau-GmbH in das Architekturbüro ihres Alleingesellschafters. Umsatzsteuer 1992

 

Leitsatz (amtlich)

Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft: Eine im Baugewerbe tätige GmbH ist nicht in das als Einzelunternehmen ihres Alleingesellschafters betriebene Architekturbüro wirtschaftlich eingegliedert, wenn es an einer Zweckabhängigkeit und einem Unterordnungsverhältnis fehlt, weil die GmbH ihre Leistungen nachhaltig überwiegend an fremde Kunden erbringt, die GmbH die Zustimmung zur Betreibung des Architekturbüros erteilt hat, die Leistungen des Architekturbüros nur etwa 10 v.H. der Wertschöpfung der GmbH ausmachen und allein die Wünsche der Kunden, also der Bauherren sowohl für die GmbH als auch für das Architekturbüro maßgeblich sind.

 

Normenkette

UStG 1980 § 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.04.2003; Aktenzeichen V R 63/01)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft.

Der Kläger ist als Architekt freiberuflich tätig. Im Jahr 1986 gründete er die Firma … mit Stammkapital von 50.000 DM (im folgenden: GmbH). Gegenstand dieses Unternehmens ist „die Tätigkeit als Bauträgerin und als Baubetreuerin im Sinne des § 34 c der Gewerbeordnung sowie ähnliche Geschäfte, soweit sie dem Sinne nach mit § 34 c Gewerbeordnung vereinbar sind; wirtschaftliche und finanzielle Beratung und alle anderen Geschäfte, welche im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit stehen” (Abschn. B § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 09. September 1986, abgeheftet in den Vertragsakten der GmbH). Der Kläger ist alleiniger Anteilseigner der GmbH und deren Geschäftsführer. Er ist für die GmbH auch als Architekt tätig. In dem Anstellungsvertrag vom 17. Dezember 1990 (bezüglich der Geschäftsführertätigkeit) erteilt die GmbH dem Kläger ihre Zustimmung zur Betreibung des Architekturbüros (§ 1 Abs. 2 des Vertrages).

Der Kläger reichte am 25. August 1993 beim Beklagten die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1992 ein, in der er steuerpflichtige sonstige Leistungen in Höhe von 430.077 DM auswies. Die GmbH erzielte nach ihrer Umsatzsteuererklärung 1992 Umsätze in Höhe von insgesamt 4.077.915 DM. Davon entfielen auf steuerpflichtige Umsätze 208.963 DM, auf nach § 4 Nr. 9 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfreie Umsätze 3.839.948 DM (Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen) und auf nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Umsätze 29.004 DM (Vermietung und Verpachtung von Grundstücken). Über die in den Vorjahren 1987 bis 1991 von der GmbH erzielten Umsätze sowie deren Aufteilung in steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze wird auf die in den Umsatzsteuerakten der GmbH abgehefteten Umsatzsteuererklärungen für diese Jahre bezug genommen.

Am 17. März 1994 reichte der Kläger beim Beklagten eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 1992 ein, nach der die steuerpflichtigen sonstigen Leistungen seines Einzelunternehmens (Architekturbüros) nur 128.963 DM betragen. Er vertrat hierzu die Auffassung, zwischen seinem Unternehmen und der GmbH liege umsatzsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) vor, so daß es sich bei den Architektenleistungen des Klägers gegenüber der GmbH um nicht steuerbare Innenumsätze handele. In der berichtigten Erklärung rechnete der Kläger die steuerpflichtigen Umsätze der GmbH in Höhe von (208.963 DM – 80.000 DM Kostenbelastung =) 128.963 DM sowie die steuerfreien Umsätze der GmbH in Höhe von insgesamt 3.868.952 DM seinem Einzelunternehmen zu.

Der Beklagte folgte nach einer Umsatzsteuer-Außenprüfung der Auffassung des Klägers nicht und lehnte mit Bescheid vom 07. Januar 1995 eine Änderung der Steuerfestsetzung gemäß der ursprünglichen Umsatzsteuererklärung (die gemäß § 168 Satz 1 Abgabenordnung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht) ab, da es an einer wirtschaftlichen Eingliederung der GmbH in das Unternehmen des Klägers fehle. Hiergegen richtet sich nach erfolglos gebliebenen Einspruchsverfahren die Klage.

Der Kläger trägt vor, er sei bis 1986 ausschließlich als Architekt tätig gewesen. Aufgrund der sehr schlechten Auftragssituation habe er sich entschlossen, selbst als Bauträger tätig zu werden. Aus haftungsrechtlichen Gründen sowie wegen der gewerbesteuerlichen Würdigung der Tätigkeit als Bauträger habe er 1986 eine Bauträgergesellschaft gegründet, die die von ihm entworfenen Objekte realisiere und vermarkte. Die Konzeption habe von Anfang an vorgesehen, daß der Kläger nur noch für die eigene Bauträgergesellschaft tätig werde und insoweit die Aktivitäten zwischen seinem Einzelunternehmen und der GmbH abgestimmt würden. Die Firma sei im wesentlichen ins Leben gerufen worden, um die arbeitsmäßige Auslastung seines Architekturbüros sicherzustellen. Insoweit sei davon auszugehen, daß sich der Kläger seinen „Auftraggeber” mangels ausreichender fremder Nachfrage selbst geschaffen habe bei gleichzeitiger Ausschaltung der besonderen Risiken...

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