Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzung der Berufsausbildung des Kindes durch Beginn eines Masterstudiengangs nach Erwerb des Bachelorgrades

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Tatbestandsmerkmal der Berufsausbildung enthält kein einschränkendes Erfordernis eines zeitlichen Mindestumfangs von Ausbildungsmaßnahmen. Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um Ausbildungsmaßnahmen handelt, die als Grundlage für den angestrebten Beruf geeignet sind.

2. An einer ernsthaften und nachhaltigen Vorbereitung auf den angestrebten Beruf fehlt es nicht bereits deshalb, weil das Kind neben der Ausbildungsmaßnahme einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht.

3. Eine mehraktige Berufsausbildung liegt vor, wenn das Kind schon bei Aufnahme eines Bachelorstudiums das Berufsziel gehabt hat, später eine gehobene Position in der Wirtschaft zu bekleiden, und es im Anschluss an den Abschluss des Bachelorstudiums ein Masterstudium aufnimmt, dessen erfolgreicher Abschluss Voraussetzung für die Erreichung dieses Berufsziels ist.

4. Ein für eine mehraktige Ausbildung erforderlicher enger sachlicher Zusammenhang kann auch zwischen einem Masterstudium der Wirtschaftspsychologie und einem zuvor absolvierten Bachelorstudium BWL-Dienstleistungsmanagement bestehen, unbeschadet dessen, dass das Bachelorstudium mit dem Bachelor of Arts, das Masterstudium hingegen mit dem Master of Science abgeschlossen wird.

 

Normenkette

EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.12.2018; Aktenzeichen III R 26/18)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 22. Januar 2016 und der Einspruchsentscheidung vom 22. November 2016 verpflichtet, Kindergeld für das Kind X für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016 zu gewähren.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Kindergeldanspruch für die Tochter der Klägerin für den Zeitraum Oktober 2015 bis November 2016.

Die Tochter der Klägerin X, geboren am xx. xx 1993, nahm nach Erwerb der allgemeinen Hochschulreife im Juni 2012 zum 1. Oktober 2012 ein Bachelorstudium im Studiengang Betriebswirtschaftslehre mit der Studienrichtung Dienstleistungsmanagement (BWL-Dienstleistungsmanagement) an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg auf. Die Studienphasen wurden dabei an der Studienakademie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in A durchgeführt. Die praktische Ausbildung erfolgte bei der Firma Y, in B, mit der die Tochter einen entsprechenden Studien- und Ausbildungsvertrag mit einer Vertragsdauer vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. September 2015 schloss. Das Bachelorstudium beendete die Tochter am 30. September 2015 mit dem Erwerb des Bachelor of Arts (B.A.).

Am 31. August 2015 schloss die Tochter mit der Firma Y in Z einen Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie dort seit dem 1. Oktober 2015 vollzeitbeschäftigt ist.

Mit Immatrikulation vom 1. September 2015 nach vorheriger Anmeldung am 25. August 2015 nahm die Tochter ein Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie (Teilzeit) bei der FOM Hochschule (früher Fachhochschule für Oekonomie und Management), Hochschulbereich Wirtschaft und Psychologie, in Z auf. Das Masterstudium wird mit dem Master of Science (M.Sc.) abgeschlossen. Vorgesehen ist ein Studium von vier Semestern und anschließender Erstellung der Master-Thesis einschließlich eines Kolloquiums zur Master-Thesis im fünften Semester. Die Vorlesungen finden an einzelnen Wochentagen abends, gegebenenfalls auch am Samstag statt (Abendstudium bzw. Abend- und Samstags-Studium). Die FOM beschreibt den Masterstudiengang auf ihrer Homepage inhaltlich wie folgt:

„Der Master-Studiengang Wirtschaftspsychologie verleiht Ihnen umfassendes psychologisches Fachwissen mit Fokus auf wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen. So lernen Sie z.B. das empirische Werkzeug der quantitativen und qualitativen Forschungsmethodik kennen, auf dessen Grundlage Sie das Verhalten von Kunden, Mitarbeitern und weiteren Akteuren beobachten, analysieren und verstehen können. Außerdem erlangen Sie im 2. Semester umfassendes Fachwissen in den Bereichen der Arbeits- und Organisationspsychologie sowie in der Markt- und Werbepsychologie. Im 3. Semester haben Sie dann die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Praxisprojekts für eine der beiden Themenfelder zu spezialisieren.

Nach Abschluss des Studiums sind Sie qualifiziert für die Übernahme verantwortungsvoller Fach- und Führungsaufgaben in interdisziplinären Teams in den Feldern Personal, Unternehmensentwicklung oder Marketing.”

Zulassungsvoraussetzung für das Masterstudium ist (1) ein Hochschulabschluss mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Anteil von mindestens 60 Credit Points oder ein Hochschulabschluss gleich welcher Fa...

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