Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung von Aufteilungsbescheiden. Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld ist unwiederholbar und unwiderruflich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Aufteilungsbescheid kann nur unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 AO korrigiert werden.

2. Der Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld wirkt sich ebenso wie die Ausübung schuldrechtlicher Gestaltungsrechte unmittelbar rechtsgestaltend auf das Steuerschuldverhältnis aus, was es rechtfertigt, bei der Aufteilung der Gesamtschuld von einer Unwiderruflichkeit und Unwiederholbarkeit der Gestaltungserklärung auszugehen.

3. Die Regelung des § 277 AO spricht ebenfalls gegen eine Widerruflichkeit des Antrags auf Aufteilung der Steuerschuld.

 

Normenkette

AO §§ 268, 280 Abs. 1, § 277

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.05.2018; Aktenzeichen VII R 46/17)

BFH (Beschluss vom 15.05.2018; Aktenzeichen VII R 46/17)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger seinen Antrag auf Aufteilung der Einkommensteuerschuld für das Jahr 2010 nach Erteilung, aber vor Bestandskraft des Aufteilungsbescheids zurücknehmen kann.

Der Kläger und die mit Beschluss vom 25. November 2016 zum Verfahren beigeladene X (Beigeladene) leben seit Juni 2011 getrennt und sind seit Februar 2013 geschieden. Beide Eheleute erzielten im Streitjahr 2010 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Den Lohnsteuerabzug nahmen die Arbeitgeber für den Kläger i.H.v. 2.237,76 EUR (einschließlich Nebensteuern) nach der Lohnsteuerklasse III und für die Beigeladene i.H.v. 1.036,78 EUR (einschließlich Nebensteuern) nach der Lohnsteuerklasse V vor.

Nachdem für 2010 aufgrund einer gemeinsamen Einkommensteuererklärung mit Bescheid vom 1. Juli 2013 ursprünglich eine Zusammenveranlagung durchgeführt worden war, beantragte die Beigeladene mit Einspruch vom 29. Juli 2013 die Durchführung einer getrennten Veranlagung. Eine solche erfolgte jeweils mit Bescheiden vom 20. September 2013 und führte beim Kläger zu einer Festsetzung von Einkommensteuer in Höhe von 5.515,77 EUR (einschließlich Nebensteuern) und bei der Beigeladenen in Höhe von 0 EUR (Bl. 58 ff. ESt-Akte). Unter Berücksichtigung des Lohnsteuerabzugs i.H.v. 2.237,76 EUR sowie bereits erbrachter Tilgungsleistungen von 239,86 EUR ergab sich für den Kläger eine Nachzahlung i.H.v. 3.038,15 EUR.

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch (Bl. 62 ESt-Akte) und beantragte wiederum, eine Zusammenveranlagung durchzuführen. Ferner stellte er einen Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach §§ 268 ff. der Abgabenordnung (AO). Die Zustimmung zur Zusammenveranlagung hatte die Beigeladene bereits im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens am 31. Juli 2012 erteilt.

Das Finanzamt (FA) hob deshalb die Einkommensteuerbescheide zur getrennten Veranlagung wieder auf und führte erneut eine Zusammenveranlagung durch. Mit Bescheid vom 27. November 2013 setzte es die Einkommensteuerschuld für 2010 samt Nebensteuern auf 3.740,96 EUR fest (Bl. 93 f. ESt-Akte). Die Gesamtschuld teilte es mit Aufteilungsbescheid vom 20. Dezember 2013 nach dem Verhältnis der Beträge auf, die sich bei getrennter Veranlagung zur Einkommensteuer ergeben hätten. Dies führte dazu, dass die Steuerschuld in voller Höhe auf den Kläger entfiel. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Steuerabzugsbeträge ergab sich für den Kläger eine Nachzahlung i.H.v. 1.502,50 EUR und für die Beigeladene eine Erstattung i.H.v. 1.036,78 EUR (vgl. Bl. 104 ff. ESt-Akte), die am 15. Januar 2014 ausgezahlt wurde. Nachdem der steuerliche Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 24. Januar 2014 mitgeteilt hatte, dass weder ihm noch seinem Mandanten ein Aufteilungsbescheid vom 20. Dezember 2013 zugegangen sei, gab das FA diesen bekannt, indem es mit Schreiben vom 31. Januar 2014 eine Kopie des Bescheides an den Berater des Klägers versandte.

Hiergegen ließ der Kläger am 11. Februar 2014 Einspruch einlegen und erklären, er nehme seinen Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld zurück. Dem Einspruchsschreiben fügte er einen Beleg über die Zahlung der nach seiner Auffassung (dann) noch offenen Steuerforderung i.H.v. 225,86 EUR bei. Außerdem legte er ein Schreiben seiner geschiedenen Frau vom 18. Juli 2014 vor, in dem diese der Rücknahme des Aufteilungsbescheides vom 20. Dezember 2013 zustimmte (Bl. 146 ESt-Akte).

Das FA wies den Einspruch, nachdem es die geschiedene Ehefrau des Klägers gem. § 360 AO zum Verfahren hinzugezogen hatte, mit Entscheidung vom 16. Januar 2015 als unbegründet zurück, da die Vorschriften über die Aufteilung einer Gesamtschuld nach §§ 268 ff. AO die Möglichkeit, dass der Schuldner den Aufteilungsantrag zurücknehme, nicht vorsähen.

Hiergegen richtet sich die am 13. Februar 2015 bei Gericht eingegangene Klage, mit der der Kläger geltend macht, er sei – solange der Aufteilungsbescheid nicht bestandskräftig sei – berechtigt, seinen Antrag auf Aufteilu...

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