Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen bei teilweise schädlicher Verwendung des Darlehens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verpfändung, bzw. Sicherungsabtretung von Lebensversicherungen auf den Todesfall zur Sicherung eines Darlehens lässt die Steuerfreiheit der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG unberührt.

2. Wird die Verpfändung der Lebensversicherung auf den Erlebensfall gegenständlich auf einen Teil des Darlehens beschränkt, kann sich die Steuerschädlichkeit nur aus Umständen ergeben, die den entsprechenden Teilbetrag des Darlehens betreffen.

3. Das Gesamtdarlehen wird nicht infiziert, wenn nur ein Teil davon für steuerschädliche Zwecke verwendet wird.

 

Normenkette

EStG 2002 § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 1 Nr. 2b, Abs. 2 S. 2; AO § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2011; Aktenzeichen VIII R 30/09)

 

Tenor

1. Die Bescheide über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus den Kapitallebensversicherungen der Lebensversicherung Nr. 1… und der Versicherung Nr. 2…, jeweils vom 18. Oktober 2005, sowie die diese bestätigende Einspruchsentscheidung vom 07. Juni 2006 werden aufgehoben.

2. Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, darf sie nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann das Finanzamt die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festgesetzten Erstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem das beklagte Finanzamt (FA) die Steuerpflicht von Zinsen aus zwei Kapitallebensversicherungen gesondert festgestellt hat.

Der Kläger und seine Ehefrau haben durch einen vor dem Notariat X. abgeschlossenen Vertrag vom 03. Dezember 1992 zum Kaufpreis von 294.000 DM eine in Y., …str., belegene 4-Zimmer Eigentumswohnung (Nr. …) mit 106 qm Wohnfläche erworben. Die Anschaffungskosten der Wohnung haben sie weitgehend durch ein ihnen Ende 1992 zu diesem Zweck von der …bank (jetzt T-Bank) unter der Nr. 33… gewährtes Darlehen finanziert. Mit der Wohnung haben sie in der Folgezeit (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

Im Jahr 2002 entschlossen sich die Eheleute dazu, den Kredit mit Hilfe der …bausparkasse (nachfolgend: A.bausparkasse) umzuschulden. Hierzu wurden ihnen zur Ablösung des Darlehens der T-Bank von der A.bausparkasse aufgrund eines Darlehensvertrags vom 28. August 2002 (Auszüge vgl. Bl. 9 bis 13 der Ermittlungs- und Feststellungsakten des FA) zwei Darlehen gewährt, und zwar unter der Nr. 44… ein sog. Annuitätendarlehen II über 60.000 EUR sowie unter der Nr. 55… ein sog. Darlehen Z. über 84.000 EUR. Die beiden Darlehen wurden Ende 2002 durch eine Überweisung in Höhe von 124.000 EUR an die T-Bank sowie durch eine Gutschrift in Höhe von 20.000 EUR auf ein unter der Nummer des Darlehens Z. für die Eheleute neu eingerichtetes Bausparkonto (mit einer Bausparsumme von 84.000 EUR) bei der A.bausparkasse valutiert. Die Gutschrift auf dem Bausparkonto diente dort der Finanzierung des für die – spätere – Zuteilung des Vertrags erforderlichen Guthabens und wurde bis zur Zuteilung des Bausparvertrags mit den tariflichen Guthabenzinsen verzinst. Bereits im Darlehensvertrag (vgl. dazu die auf Seite 3 des Vertrags aufgezählten Bedingungen hinsichtlich der Darlehenssicherung sowie Tz. 4.2 der zu dessen Inhalt gewordenen Darlehensbedingungen; FG-ABl. 60 u. 69) haben der Kläger und seine Ehefrau sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem Bausparvertrag, insbesondere das Kündigungsrecht und den Anspruch auf das Bausparguthaben an die A.bausparkasse verpfändet. Zur Funktionsweise des Darlehens Z. wird auf das in den Ermittlungs- und Feststellungsakten als Blatt 21 und 22 abgeheftete Merkblatt der A.bausparkasse verwiesen.

Entsprechend dem mit der A.bausparkasse getroffenen Darlehensvertrag haben die Eheleute zur weiteren Sicherung des Darlehens Nr. 55… (im Vertrag als „Ersatzsicherheit” angesprochen) auch ihre Ansprüche aus den nachstehend genannten Lebensversicherungsverträgen – wie bereits zuvor an die T-Bank – wie folgt an die A.bausparkasse verpfändet (vgl. dazu auch Bl. 16 u. 17 der Ermittlungs- und Feststellungsakten):

Lebensversicherung Nr. 1…

über

5.113,00 EUR

Versicherung Nr. 2…

über

41.675,91 EUR

Die beiden auf den 13.09. 2002 datierten Verpfändungserklärungen enthalten zum Umfang der Verpfändung u.a. die folgenden Ausführungen:

„Die Verpfändung umfasst die gegenwärtigen und künftigen Rechte und Ansprüche, die im Erlebens- und Todesfall aus dem/den bezeichneten Lebensversicherungsvertrag/-verträgen mit allen Zusatz- und Folgeversicherungen (insbesondere Unfallversicherung und Dynamisierung), im Todesfall u...

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