rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen, bei denen sich der Ort nach dem Empfängerort richtet. Nichterweislichkeit eines ausländischen Empfängerorts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Leistungen, bei denen sich der Ort nach dem Empfängerort richtet, ist aus der Nichterweislichkeit eines ausländischen Empfängerorts auf das Vorliegen eines inländischen Empfängerorts zu schließen.

2. Im Streitfall war der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens weder davon überzeugt, dass die Klägerin, die von ihr als Vermittlung von Sportwetten bezeichneten Leistungen tatsächlich erbracht hat noch davon, dass Empfänger wie von der Klägerin vorgetragen ein ausländischer Unternehmer war.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 2; AO § 90 Abs. 2; FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 76 Abs. 1 S. 4

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Umsatzbesteuerung von (Vermittlungs-)Leistungen im Zusammenhang mit Sportwetten in den Jahren 2014 und 2015 (Streitjahre).

1. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Betrieb von Gaststätten, Kioske, Wettannahmestellen und – büros u.a., sowie Internet-Terminals (Handelsregisterauszug des Amtsgerichts –AG– Y, HRB […]).

2. Die Klägerin trägt hierzu zuletzt vor, dass sie in Geschäftsbeziehungen mit einer belgischen C SPRL (Société privée à responsabilité limitée, vergleichbar einer GmbH, nachfolgend: C) und –ab deren Umfirmierung– ab Dezember 2014 mit einer D SPRL (nachfolgend: D) gestanden habe.

Laut den von der Klägerin vorgelegten als Vermittlungsverträge bezeichneten Schriftstücke vom 1. Februar 2014, 1. März 2014 und 1. August 2015 (wobei das letztgenannte Schriftstück von der Klägerin nicht unterschrieben wurde) verpflichtete sich die Klägerin –als sog. Vermittler–, Wettangebote für den Abschluss von Sportwetten, die seitens abschlusswilliger Kunden erstellt werden, an eine C –dem sog. Wetthalter– weiterzuleiten. Für den Fall der Annahme des jeweiligen Wettangebots komme die Wette mit dem Wetthalter am Sitz des Vermittlers zustande, wobei die jeweils gültigen Allgemeinen Wettbedingungen des Wetthalters zur Anwendung kämen (jeweils § 1 der angeblichen Vermittlungsverträge, Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 6. Mai 2019, Anlage 1). Der Vermittler erhalte vom Wetthalter entweder eine fixe Provision von 2.500 Euro für den Standort Z oder eine prozentuale Provision von entweder 60 % aus dem Gewinn (sog. Hold) für den Standort T oder 45 % für den Standort S (jeweils § 5 der angeblichen Vermittlungsverträge). Die angeblichen Vermittlungsverträge wurden seitens einer C von einem N U, den der Senat in der mündlichen Verhandlung als Zeugen (nachfolgend: N U) vernommen hat, unterschrieben.

3. Am 30. April 2015 richtete der Beklagte hinsichtlich der Geschäftstätigkeiten von D ein Auskunftsersuchen an die belgische Finanzverwaltung.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2015 wurde dem Beklagten daraufhin in einem Feststellungsprotokoll vom 25. Juni 2015 mitgeteilt, dass D (USt-ID […]) ursprünglich bei ihrer Gründung am 22. Juni 2009 den Namen C getragen habe. Sie sei von einem M E und einer N SARL (Société à responsabilité limitée, vergleichbar einer GmbH), Place […] x, xxxxx S /Frankreich, deren Geschäftsführer ebenfalls M E gewesen sei, gegründet worden. Alle Gesellschaftsanteile und die Geschäftsleitung seien am 26. Juni 2009 an einen A B –den Generalbevollmächtigten der Klägerin– übertragen worden, der zu diesem Zeitpunkt im … weg x, X gewohnt habe. Am 10. Juli 2009 seien zunächst 250 Geschäftsanteile sowie

„ein Teil der Geschäftsführung” an N U, wohnhaft in Rue … xx, L /Belgien, übertragen worden. N U sei erstmalig am 7. November 2011 in H /Belgien in das Nationalregister eingetragen, jedoch am 10. Februar 2015 von Amts wegen wieder ausgetragen worden. Am 21. Mai 2012 seien dann alle Geschäftsanteile an N U übertragen worden. Am 1. April 2014 habe N U alle Gesellschaftsanteile und die Geschäftsführung sodann an einen D W (nachfolgend: D W), wohnhaft in x Rue …, xxxxx R (Frankreich) übertragen. Dieser habe sich auch am 3. Juni 2015 bei einem Besuch als Geschäftsführer vorgestellt.

Am 2. Dezember 2014 seien die „vollständig” überarbeiteten Statuten der C, wie die Änderung des Gesellschaftszwecks, des Gesellschaftssitzes und des Gesellschaftsnamens, veröffentlicht worden. Sie trage jetzt den Firmennamen D.

Die Auskunft der belgischen Finanzbehörde führt des Weiteren aus, dass die D keine Glückspiellizenz in Belgien habe und keine Lotteriesteuer zahle. „Auf den ersten Blick” übe sie ihre Tätigkeit nur in Deutschland aus. Die Klägerin habe von der D in 2014 Provisionen i.H. von 39.683,55 Euro erhalten (Gerichtsakte, Band I, Bl. 28).

4. Am 29. Oktober 2014 wurde eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung (USt-Sp) für die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2014 angeordnet (Bp-Akte, Bl. 5). Mit Anordnung vom 3. Dezember 2015 wurde der Prüfungszeitraum auf die Voranmeldungszeiträume September 2014 bis September 2015 ausgedehnt (Bp-Akte, Bl. 6).

Nach den...

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