Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf Anerkennung der Zuwendung an die Stiftung als (Groß-)Spende, wenn weder eine rechtsfähige noch eine nichtrechtsfähige Stiftung und auch keine „Vorstiftung” vorliegt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Spendenabzug nach § 10b Abs. 1a EStG setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Zuwendung der Spende die Stiftung zivilrechtlich bereits bestanden hat.

2. Die Spende an eine „Vorstiftung” ist steuerlich nicht anzuerkennen, da zwischen Einreichung des Stiftungsgeschäfts und Genehmigung keine Stiftung besteht.

3. Ist auf die Widerrufsoption des § 81 Abs. 2 S. 1 BGB nicht verzichtet worden, ist das Vermögen bis zur Genehmigung des Stiftungsgeschäfts den Stiftern und nicht der Stiftung zuzurechnen.

4. Hätte der Gesetzgeber eine Vorstiftung gewollt, hätte er diese im „Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Stiftungsrechts” eingeführt.

5. Der Spender kann sich nicht auf die Richtigkeit der Spendbestätigung berufen, wenn davon auszugegehn ist, dass sein Generalbevollmächtigter wusste, dass die Stiftung im Zeitpunkt der Ausstellung der Spendenbescheinigung rechtlich noch nicht existent war.

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1a, 4 S. 1; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; BGB §§ 80-81

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.02.2015; Aktenzeichen X R 36/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Zuwendung in einen Vermögensstock als Spende abzugsfähig ist. Die im Jahre 1925 geborene Klägerin (Kl) erzielte im Streitjahr 2007 negative gewerbliche Beteiligungseinkünfte sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietungseinkünfte. Sie machte Aufwendungen in den Vermögensstock der X-Stiftung bürgerlichen Rechts (Stiftung) geltend. Diese wurde wie folgt gegründet: Im Stiftungsgeschäft vom 20.11.2007 verpflichteten sich die Kl sowie ihre Schwester – Frau … (Z.O.) – noch im Jahre 2007 jeweils 300.000 EUR in das Stiftungskapital zu bezahlen. Am selben Tag wurde die Satzung erlassen, die laut § 15 mit Bekanntgabe der Genehmigung durch die Stiftungsbehörde in Kraft tritt. Auf das Stiftungsgeschäft und die Satzung wird bezüglich der Einzelheiten verwiesen. Am 28.11.2007 gingen die Satzung und das Stiftungsgeschäft beim Finanzamt (FA Y), mit der Bitte um eine beschleunigten Prüfung ein, weil die Zuwendungen noch im Jahre 2007 erfolgen sollten. Mit gleicher Post wurde bei der Stiftungsbehörde – dem Regierungspräsidium Y – (RP) – die Anerkennung der Stiftung beantragt. Aufgrund von Anregungen des FA Y reichte der damalige Bevollmächtigte der Kl – (RA Dr. K) – am 06.12.2007 eine geänderte Satzung ein. Das FA Y erließ am 07.12.2007 eine vorläufige Bescheinigung, wonach die Satzung den Gemeinnützigkeitsgrundsätzen entspreche. Am 09.12.2007 legte Dr. K die Bescheinigung, das geänderte Stiftungsgeschäft sowie die geänderte Satzung dem RP vor. Des weiteren versuchte Dr. K mit Telefonaten vom 21.12., 27.12. sowie vom 28.12.2007 sich beim RP nach dem Sachstand zu erkundigen und auf die Erledigung zu drängen. Es war jedoch niemand erreichbar. Dr. K war – nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung – das Widerrufsrecht des § 81 Abs. 2 BGB bekannt, er hielt es allerdings für irrelevant. Das RP anerkannte mit Bescheid vom 17.01.2008 die Rechtsfähigkeit der Stiftung ab dem 17.01.2008. Eine vorherige Anerkennung war – laut Schreiben des RP vom 26.01.2009 – wegen Arbeitsüberlastung nicht möglich. Bereits am 21.11.2007 – somit vor dem Eingang des Stiftungsgeschäfts sowie der Satzung beim FA Y, bzw. dem RP – überwiesen die Kl sowie Z.O. jeweils 300.000 EUR auf das auf den Namen der Stiftung lautende Girokonto Nr. 111… bei der E-Bank unter Angabe des Verwendungszwecks „Stiftungsgeschäft”. Dort erfolgte am 29.11. 2007 die entsprechende Gutschrift. Über dieses Konto waren weder die Kl noch Z.O. verfügungsbefugt, sondern ausschließlich der Stiftungsvorstand, dem beide nicht angehörten. Zur Vorstandvorsitzenden wurde die Generalbevollmächtigte der Kl, Frau … (C.R.) bestellt. Die Stiftung – vertreten durch C.R. – stellte am 04.12.2007 Spendenbescheinigung für die Kl aus. Hierauf wird verwiesen. In der im September 2008 abgegebenen Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 2007 beantragte die Kl, von der Zuwendung einen Betrag von 230.000 EUR im Streitjahr zu berücksichtigen. Das Finanzamt (FA) – der Beklagte (Bekl) – ließ im ESt-Bescheid 2007 vom 10.12.2008 (zuletzt geändert am 13.02.2009) den Spendenabzug nicht zu, weil die Stiftung erst im Jahre 2008 entstanden sei. Mit dem zulässigen Einspruch trug die Kl vor, die Anerkennung der Stiftung habe sich wegen starker Arbeitsbelastung des RP verzögert und verwies zur weiteren Begründung auf das Urteil des FG Köln vom 12.05.1999 1 K 1996/97, EFG 1999, 834. Durch die Einzahlung der 300.000 EUR auf das Stiftungskonto habe sie die Verfügungsmacht über ihr Geld verloren, weil sie über dieses Konto nicht verfügungsberechtigt sei. Das FA gab dem Einspruch im Umfang der in der Anlage zum Bescheid vom 13.02. 2009 aufg...

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