Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Fünftel-Regelung nach § 34 Abs. 1 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In der Nichteinbeziehung von Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG in die durch das StEntlG 1999/2000/2002 erfolgte Wiedereinführung des ermäßigten Steuersatzes auf Veräußerungsgewinne nach §§ 14, 14 a, 16 und 18 EStG durch § 34 Abs. 3 EStG ist kein Verstoß gegen Art. 3 i.V.m. Art. 20 GG zu sehen.

2. Zwischen Veräußerungsgewinnen und Entschädigungen im Sinne von § 24 Abs. 1 Nr. 1 EStG bestehen erhebliche sachliche Unterschiede, die die unterschiedliche Behandlung beider Sachverhalte durch den Gesetzgeber in Anbetracht seines weiten Gestaltungsspielraums rechtfertigen.

3. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG i.V.m. Art. 20 GG lässt sich nicht allein damit begründen, dass das Gesetz bis 1998 die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes sowohl für Veräußerungsgewinne als auch für Entschädigungen im Sinne von § 24 Nr. 1 EStG vorsah.

 

Normenkette

EStG § 24 Nr. 1, § 34 Abs. 1, § 3 Nrn. 9, 62, §§ 14, 14a, 16, 18, 34 Abs. 3; GG Art. 3, 20

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 29.11.2006; Aktenzeichen XI B 129/06)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Anschrift: Finanzgericht Baden-Württemberg – Außensenate Freiburg –, Postfach 52 80, 79019 Freiburg

Dienstgebäude: Gresserstr. 21, 79102 Freiburg

Fernsprecher: 0761 20724 201, Fax: 20724 222, E-Mail: Poststelle@FGFreiburg.justiz.bwl.de

Verkehrsverbindung: Haltestelle Maria-Hilf-Kirche

 

Tatbestand

Streitig ist im Veranlagungszeitraum 2002 die Verfassungsmäßigkeit der Anwendung der sog. Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die Abfindungszahlung eines Arbeitnehmers.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

Der im Jahr 1941 geborene Kläger war bei der X AG nichtselbständig tätig. Zum 01. Januar 2002 schied er aus dem Berufsleben aus. Im Veranlagungszeitraum 2002 bezog er neben der gesetzlichen Altersrente in Höhe von 12.520,82 EUR eine Betriebsrente in Höhe von 11.852,40 EUR. Zudem erhielt er für die vorzeitige Auflösung seines Arbeitsverhältnisses von seiner früheren Arbeitgeberin eine Abfindung in Höhe von 178.952,16 EUR. Das Finanzamt (FA) setzte mit Einkommensteuerbescheid 2002 vom 18. September 2003 hierfür nach Abzug des Freibetrags nach § 3 Nr. 9 EStG in Höhe von 12.271 EUR unter Anwendung der sog. Fünftel-Regelung gemäß § 34 Abs. 1 EStG Einkommensteuer in Höhe von 55.090 EUR fest.

Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 17. Dezember 2003).

Hiergegen wendet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung die Kläger im Wesentlichen folgendes vortragen lassen: Dadurch dass den Klägern bei der Besteuerung der Abfindungszahlung die Anwendung des besonderen Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG verwehrt werde, würden sie gegenüber Unternehmern, die einen Veräußerungsgewinn erzielen, unangemessen benachteiligt. Hierfür sei kein sachlich rechtfertigender Grund ersichtlich. Ein Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz verliere und dafür eine Abfindung erhalte, werde – vergleichbar einem Unternehmer – ebenfalls dadurch besonders belastet, dass mangels weiterer Einzahlungen in die Rentenversicherung die künftige Altersrente niedriger ausfalle und der durch den Verlust des Arbeitsplatzes entstehende Einkommensverlust durch die Abfindungszahlung nicht vollständig ausgeglichen werde. Daher sei auch die bis zum 31. Dezember 1998 geltende Fassung des § 34 EStG davon ausgegangen, dass der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn eines Unternehmers ebenso zu besteuern sei, wie die Abfindung eines Arbeitnehmers für den Verlust seines Arbeitsplatzes.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 18. September 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Dezember 2003 dahingehend abzuändern, dass die Abfindungszahlung in Höhe von 166.682 EUR lediglich mit dem ermäßigten Steuersatz entsprechend § 34 Abs. 3 EStG der Besteuerung unterworfen wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist darauf, dass die Versteuerung der Abfindungszahlung zutreffend nach dem geltenden Einkommensteuergesetz erfolgte. Ein Wahlrecht für eine andere Versteuerung sei nicht vorgesehen und daher nicht möglich.

Am 17. Mai 2006 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Dem Senat haben bei seiner Entscheidung die Einkommensteuerakten vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Das FA hat zu Recht die Abfindungszahlung nach § 34 Abs. 1 EStG der Besteuerung unterworfen. Eine Ermäßigung der auf die Abfindungszahlung entfallenden Steuer auf die Hälfte des durchschnittlichen Steuersatzes in entsprechender Anwendung von § 34 Abs. 3 EStG kommt nicht in Betracht. Insbesondere ist die in § 34 Abs. 3 EStG normierte Beschränkung der Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf Veräußerungsgewinne nach §§ 14, 14 a, 16 und 18 EStG nicht ve...

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