rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertaufholungswahlrecht bei Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Zuschreibung des Werts eines Wirtschaftsguts auf einen höheren Teilwert: Die Ausübung des Wertaufholungswahlrechts nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG ist nicht nur dann zulässig, wenn zuvor eine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Teilwert stattgefunden hat, sondern auch, wenn der niedrigere Wert durch Inanspruchnahme steuerlicher Sonderabschreibungen oder erhöhter Absetzungen zustandegekommen ist.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei Wirtschaftsgütern, für die in vorangegangenen Wirtschaftsjahren Sonderabschreibungen in Anspruch genommen wurden, Zuschreibungen auf den höheren Teilwert gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG zulässig sind.

Die Kläger erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung. Sie wurden im streitigen Veranlagungszeitraum 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft wurde gem. § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelt. Auf verschiedene Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens wurden in vorangegangenen Wirtschaftsjahren Sonderabschreibungen gem. § 7 g EStG und § 76 Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) vorgenommen. Die Begünstigungszeiträume sind teilweise abgelaufen, teilweise noch fortbestehend. Die Kläger nahmen in der Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1996/97 für diese Wirtschaftsgüter gem § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG Zuschreibungen auf den höheren Teilwert in Höhe von insgesamt … DM vor.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ließ der Beklagte die Zuschreibungen nicht zu und verminderte den bilanzmäßig ausgewiesenen Gewinn in Höhe von … DM um … DM auf … DM. Der Beklagte lehnte die Zuschreibung ab, weil in den Vorjahren nicht auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben worden sei sondern der Wertansatz allein auf Sonderabschreibungen beruhe.

Die Kläger wandten sich mit am 23.03.1998 eingelegtem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 18.03.1998 im wesentlichen mit der Begründung, daß der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 keine Einschränkung dahin enthalte, daß eine Zuschreibung nur bei vorangegangener Teilwertabschreibung möglich sei. Diese Auffassung werde auch in der Literatur überwiegend geteilt.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 09.09.1998 zurück. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG seien die materiellen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung zu beachten. Gem. § 253 Abs 5 HGB dürfe die Bewertung mit dem niedrigen Teilwert auch beibehalten werden, wenn die Gründe für die Teilwertabschreibung nicht mehr bestünden und der Teilwert wieder angestiegen sei. Damit bestehe handelsrechtlich ein Wahlrecht, den niedrigeren Teilwert beizubehalten. Erstmals für nach dem 31.12.1989 endende Wirtschaftsjahre sei steuerlich der Ansatz des höheren Teilwerts durch Zuschreibung möglich. Damit bestehe auch steuerlich ein Wahlrecht, die vorgenommene Teilwertabschreibung wieder rückgängig zu machen. Das Wahlrecht sei jedoch nur gegeben, wenn zuvor eine Teilwertabschreibung stattgefunden habe. Die Sonderabschreibung sei keine Teilwertabschreibung (Hinweis auf BFH – Urteil vom 30.11.1988, Bundessteuerblatt II -BStBl II- 1989, 183). Ein Wahlrecht. Absetzungen für Abnutzungen, Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzungen und Sonderabschreibungen durch Zuschreibung zum Buchwert wieder rückgängig zu machen bestehe nicht. Dies verstoße gegen die Grundsätze des Bilanzzusammenhangs und der Bewertungsstetigkeit (Hinweis auf BFH – Urteil vom 24.04.1985, BStBl II 1986, 324) wonach die Methode der materiellen Bewertung beibehalten werden müsse, wenn ursprünglich ein gesetzliches Wahlrecht angewendet worden sei (Hinweis auf Märkle/Hiller, Die Besteuerung der Land- und Forstwirte, 7. Aufl., Tz. 97 a). Soweit in anderen Kommentaren eine andere Ansicht vertreten werde, sei dieser nach Rücksprache mit der Oberfinanzdirektion … nicht zu folgen.

Mit der am 01.10.1998 erhobenen Klage wenden sich die Kläger gegen die Versagung der Wertzuschreibung. Gem. § 253 Abs. 5 HGB bestehe handelsrechtlich ein Wahlrecht den niedrigeren Teilwert beizubehalten oder den höheren Teilwert anzusetzen. Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor der Fassung durch das Wohnungsbauförderungsgesetz vom 22.12.1989 (Bundessteuerblatt I -BStBl I- 1989, 505) dürfe bei Wirtschaftsgütern, die bereits am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Anlagevermögen des Steuerpflichtigen gehörten, der Bilanzansatz nicht über den letzten Bilanzansatz hinausgehen. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG seit der Fassung des Wohnungsbauförderungsgesetzes gestatte nunmehr jedoch auch der Ansatz des höheren Teilwerts. Bei Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn nach § 5 Abs. 1 EStG ermittelten, gelte zwar das Niederstwertprinzip des § 253 Abs. 3 auch für die Steuerbilanz, so daß sie einen vom Handelsrecht geforderten Wert ansetzen müßten, auch wenn § 6 Abs....

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