Leitsatz

1. Hat der Schenker im Verhältnis zum Beschenkten die Entrichtung der Schenkungsteuer vertraglich übernommen, ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Finanzbehörde nach einer zu niedrigen Festsetzung der Steuer gegen den Beschenkten für die Differenz zu der rechtmäßig festzusetzenden Steuer den Schenker in Anspruch nimmt.

2. Eine Berichtigung des Tenors des finanzgerichtlichen Urteils wegen einer offenbaren Unrichtigkeit ist im Revisionsverfahren möglich.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, § 44 Abs. 1 AO, § 107 FGO

 

Sachverhalt

Die (Revisions-)Klägerin hatte sich als Schenkerin gegenüber dem Erwerber V auch zur Zahlung der Schenkungsteuer verpflichtet. Gleichwohl setzte das FA gegenüber V die Schenkungsteuer i.H.v. ca. 83.000 EUR ohne die weitere Bereicherung in Gestalt der übernommenen Schenkungsteuer fest. Diese – zu geringe – Steuer wurde von der Klägerin bezahlt; der Bescheid wurde gegenüber V bestandskräftig.

Nach Hinweis setzte das FA nunmehr die Schenkungsteuer gegenüber der Klägerin in voller Höhe von ca. 108.000 EUR fest. Im Abrechnungsteil beschränkte das FA die Forderung auf ca. 25.000 EUR.

Auf die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage setzte die Vorinstanz (FG Münster, Urteil vom 26.2.2015, 3 K 823/13 Erb, Haufe-Index 8029448, EFG 2015, 1287) die Schenkungsteuer auf ca. 25.000 EUR herab, wobei im Tenor ein falsches Datum des zu ändernden Bescheids angegeben war.

 

Entscheidung

Der Tenor des FG war wegen einer offenbaren Unrichtigkeit nach § 107 FGO im Revisionsfahren zu korrigieren.

Die Revision der Klägerin mit dem Argument, es gebe angesichts der Abgeschlossenheit des Steuerfalles keine Rechtsgrundlage für den zweiten Bescheid mehr, hat der BFH als unbegründet zurückgewiesen.

Schenker und Erwerber sind Gesamtschuldner der Schenkungsteuer gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG, § 44 AO. Grundsätzlich hat das FA – wie im Streitfall auch geschehen – die Schenkungsteuer gegenüber dem bereicherten Erwerber festzusetzen. Hat der Schenker jedoch mit Kenntnis des FA die Schenkungsteuer übernommen, so erfolgt die Steuerfestsetzung diesem gegenüber.

Wird entgegen dieser Regel die Steuer gleichwohl gegenüber dem Erwerber erlassen, muss der Schenker mit dem Erlass eines Bescheids an ihn selbst rechnen, falls die Steuer dem Beschenkten gegenüber zu niedrig festgesetzt worden ist; § 44 Abs. 2 Satz 3 AO i.V.m. § 425 Abs. 2 BGB.

Die Bestandskraft der Steuerfestsetzung gegenüber dem Erwerber steht gegebenenfalls dem Erlass eines Bescheids gegenüber dem Schenker nicht entgegen. Denn ein bestandskräftiger Steuerbescheid entspricht einem rechtskräftigen Urteil, welches nur für oder gegen denjenigen Gesamtschuldner wirkt, der es erstritten hat (§ 425 Abs. 2 BGB). Entsprechend § 421 BGB kann das FA die Zahlung der Schenkungsteuer aber von jedem der Schuldner ganz oder teilweise fordern.

Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung. Zwar ist die Inanspruchnahme eines Arbeitgebers als Haftungsschuldner nach § 42d EStG nach Auffassung des BFH in der Regel ermessensfehlerhaft, wenn die Steuer beim Arbeitnehmer wegen Bestandskraft nicht nachgefordert werden kann. Diese Rechtslage ist aber auf den Streitfall nicht übertragbar. Denn der Arbeitgeber ist – im Gegensatz zum Schenker – tatsächlich nur Haftungsschuldner der Steuer.

Damit war es zutreffend, das Bestehen eines Restanspruchs i.H.v. ca. 25.000 EUR gegenüber der Klägerin zu bejahen.

Ob die Schenkungsteuer nur in entsprechender Höhe festzusetzen oder im Wege der Abrechnung auf den verbliebenen Forderungsbetrag zu reduzieren war, hat der BFH offen gelassen.

 

Hinweis

1. Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden, sind Gesamtschuldner, s. § 44 Abs. 1 Satz 1 AO. Dies trifft gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG für die Schenkungsteuer auch auf den Erwerber und den Schenker zu.

2. Die Rechtswirkungen der Gesamtschuld sind unterschiedlich (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 44 AO Rz. 17 ff.):

Festsetzungs- und Verjährungsfristen laufen gegenüber jedem Gesamtschuldner getrennt.

3. Die Regelung zur Gesamtschuld in § 44 AO ist an § 421 BGB angelehnt. Das FA kann daher die Steuer grundsätzlich von jedem der Gesamtschuldner auch teilweise fordern.

Im Unterschied zu § 421 BGB steht allerdings im Abgabenrecht als Teil des öffentlichen Rechts die Entscheidung, welcher von zwei grundsätzlich gleichrangigen Schuldnern in Anspruch genommen werden soll, nicht im freien Belieben des Gläubigers, sondern im pflichtgemäßen Auswahlermessen der Behörde, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 AO gelten.

Dem Wesen der Schenkungsteuer als Bereicherungssteuer entsprechend ist das FA danach grundsätzlich gehalten,...

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