Leitsatz

Ist das FA bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für mehrere freigebige Zuwendungen erkennbar davon ausgegangen, es liege eine einheitliche Zuwendung vor, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Steuerbescheids.

 

Normenkette

§ 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 157 Abs. 1 S. 2 AO, § 12 Abs. 1a S. 1 ErbStG i.d.F. des StÄndG 1992 bzw. des StMBG, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 1 ErbStG, § 15 Abs. 3, § 54 Abs. 3 GmbHG

 

Sachverhalt

Der Kläger, sein Bruder (B) und sein Vater (V) beschlossen am 10.10.1993, das Stammkapital einer GmbH, an der sie zu je einem Drittel beteiligt waren, von 120 000 DM auf 5 Mio. DM zu erhöhen. Die neuen Stammeinlagen sollten der Kläger und B zu je 1 339 000 DM sowie V zu 2 202 000 DM übernehmen und in bar sowie durch Einbringung von Aktien leisten. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.11.1993 trat V an den Kläger und B jeweils die Hälfte seines bestehenden Geschäftsanteils von nominell 40 000 DM und seines aufgrund der Kapitalerhöhung neu entstehenden Geschäftsanteils von 2 202 000 DM "mit sofortiger Wirkung" schenkweise ab. Die Kapitalerhöhung wurde aufgrund der Anmeldung vom 11.05.1994 am 22.08.1995 in das Handelsregister eingetragen.

In der im Februar 1996 eingereichten Schenkungsteuererklärung gab der Kläger eine am 11.11.1993 ausgeführte Zuwendung eines Geschäftsanteils von 1 121 000 DM mit einem Wert von 131 % des Nominalwerts an. Diese Bewertung stützte er auf den durch Art. 16 Nr. 3 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 1992 (vom 25.02.1992, BGBl I 1992, 297) eingeführten § 12 Abs. 1a S. 1 ErbStG. Danach war das Vermögen, wenn der gemeine Wert von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu schätzen war, abweichend von § 11 Abs. 2 S. 3 BewG mit dem Einheitswert des Gewerbebetriebs anzusetzen, der für den Feststellungszeitpunkt maßgebend war, der der Entstehung der Steuer voranging oder mit ihm zusammenfiel. § 12 Abs. 1a ErbStG wurde allerdings durch Art. 18 Nr. 2 des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG vom 21.12.1993, BGBl I 1993, 2310) für Erwerbe nach dem 11.11.1993 geändert (§ 37 Abs. 11 ErbStG i.d.F. des Art. 18 Nr. 3 Buchst. b StMBG) und war nunmehr das Vermögen mit dem Wert im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer anzusetzen.

Das FA setzte die Schenkungsteuer zunächst erklärungsgemäß mit Bescheid vom 20.05.1997 unter Vorbehalt der Nachprüfung auf 229 839 DM fest. Nach einer Außenprüfung und Eingang der Verträge erhöhte es die Schenkungsteuer für den Erwerb "zum 11.11.1993 (Übergabevertrag)" mit Bescheid vom 19.12.2000 auf 2 807 285 DM. Als Wert des Erwerbs setzte es dabei die insgesamt auf den Kläger übertragenen Geschäftsanteile mit 1 069 % ihres Nominalwerts (1 121 000 DM), also mit 11 983 490 DM an. Es berücksichtigte bei der Steuerfestsetzung Vorerwerbe aus den Jahren 1984 und 1986. In den Erläuterungen zu dem Bescheid führte das FA aus, für die Übertragung der im Rahmen der Kapitalerhöhung in die GmbH einzubringenden Aktien seien die Zustimmung der AG und die Eintragung in das Handelsregister erforderlich gewesen. Da diese erst nach dem 11.11.1993 erfolgt seien, sei die Schenkung zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgeführt gewesen, weshalb der Besteuerung der gemeine Wert zum Besteuerungszeitpunkt zugrunde zu legen sei.

Mit seiner Einspruchsentscheidung setzte das FA die Steuer auf 2 767 889 DM herab und führte zur Begründung aus, die Zuwendung des Geschäftsanteils von 20 000 DM sei doch bereits am 11.11.1993 ausgeführt worden, weshalb dieser Geschäftsanteil mit 131 % seines Nominalwerts anzusetzen sei. Für seinen Erwerb sei allerdings keine Steuer festzusetzen, denn wegen Ablaufs der in § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG bestimmten Frist von zehn Jahren seit einer im Jahr 1981 erfolgten Vorschenkung habe dem Kläger der Freibetrag des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.H.d. Erwerbs von 26 200 DM erneut zugestanden. Da die Zuwendung des Geschäftsanteils von 1 101 000 DM erst nach dem 11.11.1993 ausgeführt worden sei, sei die Steuer für diesen Erwerb gesondert festzusetzen. Dieser Geschäftsanteil sei mit 1 069 % seines Nominalwerts zu bewerten, also mit 11 769 690 DM. Die Vorerwerbe aus den Jahren 1984, 1986 und 1993 seien bei der Steuerberechnung ebenso zu berücksichtigen wie der darauf entfallende Anrechnungsbetrag.

Das FG (FG Nürnberg, Urteil vom 20.09.2007, IV 277/2004, Haufe-Index 1849576, EFG 2008, 395) sah in der Zuwendung der Geschäftsanteile von 20 000 DM und 1 101 000 DM ebenfalls zwei Erwerbe, weil die Schenkungsteuer zu unterschiedlichen Zeitpunkten, nämlich für die Zuwendung des Geschäftsanteils von 20 000 DM am 11.11.1993 und für die Zuwendung des Geschäftsanteils von 1 101 000 DM mit der Anmeldung der Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Handelsregister am 11.05.1994, entstanden sei. Der Schenkungsteuerbescheid sei aber trotz der unaufgegliederten Steuerfestsetzung für die beiden Erwerbe nicht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig, da für die Zuwendung des Geschäftsanteils von 20 000 DM eine Steuer von 0 DM festzusetzen gewesen wäre und die Bemessungsgru...

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