Leitsatz

Allein der Umstand, dass die mit ElsterFormular abgegebene elektronische Einkommensteuererklärung keinen vollständigen Ausdruck der Steuererklärungsformulare liefert, lässt eine ansonsten gegebene grobe Fahrlässigkeit nicht entfallen.

 

Normenkette

§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 33a Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

K lebte mit seiner Lebensgefährtin L und dem gemeinsamen Kind zusammen. K verwendete für seine Steuererklärung 2006 das elektronische Steuererklärungsprogramm der Finanzverwaltung (ElsterFormular). Das FA veranlagte K erklärungsgemäß. Nach Bestandskraft beantragte K, den ESt-Bescheid für 2006 zu ändern, um die Unterhaltsleistungen an L noch als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (§ 33a Abs. 1 EStG). Er habe diese Aufwendungen aus Unerfahrenheit nicht erklärt bzw. schlichtweg vergessen. Der Fehler sei ihm nicht aufgefallen. Denn beim ELSTER-Verfahren enthalte der abschließende Erklärungsausdruck nur die Felder, in denen auch Eintragungen vorgenommen worden seien. Das FA lehnte es ab, den ESt-Bescheid zu ändern. K treffe ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der Unterhaltsleistungen. Die Klage war erfolglos (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 30.6.2010, 2 K 742/09, Haufe-Index 2661946, EFG 2011, 1043).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, wie in den Praxis-Hinweisen erläutert.

 

Hinweis

1. Wie zum vorangegangenen Besprechungsurteil (VI R 9/12) erläutert, gelten die hergebrachten Grundsätzen zur groben Fahrlässigkeit i.d.S. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO grundsätzlich gleichermaßen für das Papier- und für das ElsterFormular.

2. Hier gelangte das FG zu der vom BFH nicht beanstandeten Würdigung, dass K angesichts der Ausgestaltung des ElsterFormulars 2006 und der Anleitung dazu ein grobes Verschulden daran treffe, dass die Unterhaltsleistungen erst nachträglich bekannt wurden. Das ElsterFormular 2006 war hinsichtlich der Angaben zu Unterhaltsleistungen anders ausgestaltet als das im Veranlagungszeitraum 2008 (VI R 9/12). Entscheidend ist die individuelle Ausgestaltung des jeweiligen Formulars und die zum Lebenssachverhalt gegebenen Hinweise. So verwies der Lohnsteuersenat auch auf ein weiteres noch anhängiges Revisionsverfahren (X R 8/11). Dort ging es um die Beurteilung der groben Fahrlässigkeit, wenn das ELSTER-Programm den Anwender veranlasst, in eine andere Eingabemaske zu wechseln, ohne nach der dortigen Eingabe zur ursprünglichen Maske zurückzukehren.

3. Hier ging es um die Formulargestaltung hinsichtlich der Unterhaltspflichten gegenüber der Kindesmutter. Nach den Feststellungen des FG verwies das ElsterFormular 2006 auf eine Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter eines gemeinsamen Kindes und enthielt – im Gegensatz zum ElsterFormular 2008 – in aufscheinenden Hilfstexten keine unvollständigen oder irreführenden Hinweise. K hatte schließlich noch eingewandt, dass das ElsterFormular keinen vollständigen Ausdruck der Steuererklärung liefere und deshalb gleichsam eine Endkontrolle fehle. Dies sah der BFH zwar auch als Nachteil des ELSTER-Verfahrens; dieser berühre aber letztlich nicht die Grundlage der groben Fahrlässigkeit, nämlich die fehlende An- und Eingabe im ElsterFormular selbst. Hinweis: Steuerpflichtigen, die ihre Einkommensteuererklärung selbst fertigen, ist angesichts der aufscheinenden Unübersichtlichkeiten zu raten, auf das ElsterFormular zu verzichten und stattdessen das deutlich übersichtlichere Papierformular zu verwenden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.3.2013 – VI R 5/11

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