Leitsatz

Ein von einem gemeinnützigen Verein betriebenes Familienhotel ist keine steuerbegünstigte Einrichtung der Wohlfahrtspflege, wenn nicht nachgewiesen wird, dass die Leistungen zu mindestens zwei Dritteln den in § 53 AO genannten hilfsbedürftigen Personen zugutekommen.

 

Normenkette

§ 53, § 66, § 14, § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 64, § 65, § 66, § 68 Nr. 1 Buchst. a, Buchst. b, § 88, § 96, § 162 AO, § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, bezweckte nach seiner Satzung die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen, die Förderung der Jugend- und Altenhilfe, die Bildung von Jugendlichen und Erwachsenen, die Förderung der Familie und insbesondere die Förderung von Familienerholung. Der Satzungszweck wurde insbesondere durch die Trägerschaft und Unterhaltung einer Ferien- und Bildungsstätte als sog. Familienhotel verwirklicht. Das Hotel war mit Zimmern für Einzelpersonen, Paare (Doppelzimmer) und Familien ausgestattet; ferner bestanden spezielle Behindertenzimmer, Gemeinschaftsräume und Einrichtungen für Kinder. Zum Hotel gehörte ein Café, eine Braustube und ein Biergarten, die auch für auswärtige Besucher nutzbar waren. Der Kläger ging körperschaft- und umsatzsteuerrechtlich vom Vorliegen eines Zweckbetriebs aus. Demgegenüber verneinte das Finanzamt die Zweckbetriebseigenschaft. Einspruch und Klage (FG Köln vom 19.2.2015, 13 K 3354/10, Haufe-Index 7716663, EFG 2015, 1119) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Klageabweisung, da die Zweckbetriebseigenschaft nach §§ 65 ff. AO zu verneinen war. Der Kläger habe den nach §§ 66, 53 AO erforderlichen Nachweis nicht erbracht.

 

Hinweis

1. Nach § 66 Abs. 1 AO ist eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege ein Zweckbetrieb, wenn sie in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen dient. Wohlfahrtspflege ist die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Die Sorge kann sich auf das gesundheitliche, sittliche, erzieherische oder wirtschaftliche Wohl erstrecken und Vorbeugung oder Abhilfe bezwecken (§ 66 Abs. 2 AO). Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege dient in besonderem Maße den in § 53 AO genannten Personen, wenn diesen mindestens zwei Drittel der Leistungen zugutekommen.

Zu den wohlfahrtsbedürftigen Personen gehören nach § 53 Satz 1 Nr. 1 AO diejenigen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind oder die wegen ihres geringen Einkommens als wirtschaftlich bedürftig i.S.v. § 53 Satz 1 Nr. 2 AO gelten.

2. Das Erreichen der Zwei-Drittel-Grenze nach § 66 AO ist von der steuerbegünstigten Körperschaft nachzuweisen.

Hierzu sind Aufzeichnungen darüber erforderlich gewesen, wer unterstützt wird. Dies kann z.B. durch eine formularartige Abfrage über die nach § 53 AO maßgeblichen Verhältnisse erfolgen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.9.2016 – V R 50/15

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